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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Oxford-Englisch sprach und immerzu sagte, »Ich nehme an«. Der Porträtierte hingegen sah aus, als hätte er nie etwas angenommen und vermutlich hatte seine Sprache einen starken schottischen Klang gehabt.
    Fast beschämt stahlen sie sich davon. Es dauerte eine Minute, bevor ihr Gastgeber sich wieder in der Lage sah, den Fremdenführer zu spielen, worin er wahrscheinlich große Routine besaß.
    Im gelben Salon befand sich eine kleine Skizze von einer Person, die dem Pickwick-Club entsprungen zu sein schien und die ihr Gastgeber im Vorbeigehen als den 11. Herzog von Hamilton bezeichnete.
    »Der Mann, der die Kohle Il Magnificos unter die Leute brachte?« fragte Tessie mit einem ungenierten Enthusiasmus, der Carl leicht verlegen machte.
    »Nun ja, im Grunde war er nicht derjenige, nehme ich an«, erwiderte der Gastgeber. »Dieser Lebemann starb in einem Hotel in Paris. Ja, so wird es jedenfalls meist umschrieben. In Wahrheit war es ein Haus von zweifelhaftem Ruf. Ich habe mich schon immer gefragt, ob er beim Kommen oder beim Gehen von der Stange gefallen ist.«
    »Aber Häuser von zweifelhaftem Ruf sind doch meist nicht so teuer?« fragte Tessie ungerührt weiter.
    »Natürlich nicht. Na ja, ich habe keine näheren persönlichen Erfahrungen, aber ich vermute, daß solche Vergnügungen nicht allzu kostspielig sein müssen«, erwiderte der Herzog, der wieder einmal zeigte, daß er sich jederzeit in der Gewalt hatte. Carl hatte den Eindruck, daß Tessie sich teuflische Mühe gab, dieser Frage genau auf den Grund zu gehen.
    »Nein, die richtige Kohle, wie meine liebe Frau sagen würde, kurz gesagt das Vermögen Il Magnificos, ist bei diesem Burschen hier verschwunden«, fuhr der Herzog fort und zeigte ihnen ein kleines Porträt in Öl, das einen dicken, hochmütigen Mann um die Vierzig zeigte.
    »Er hatte eine Passion für Pferde, Hunderennen, Wetten und derlei«, fuhr der Herzog unbeschwert fort. »Bei seiner berühmtesten Wette ging es darum, welche Fliege als erste von einem bestimmten Fenster abheben würde. Dabei verlor er zweihunderttausend Pfund.«
    »Wann war das?« fragte Carl, der automatisch begonnen hatte, den Betrag in eine korrekt vorstellbare Summe umzurechnen.
    »Um die Jahrhundertwende etwa. Ein nettes, ansehnliches Sümmchen mit anderen Worten. Nach heutigem Wert ungefähr fünf Millionen Pfund.«
    Die Fortsetzung der Geschichte war beinahe romantisch. Der Trunkenbold und Wettbruder war früh gestorben. Dem Porträt zufolge mußte der Mann wie ein wandelnder Herzinfarkt ausgesehen haben. Er hatte keinen natürlichen Erben hinterlassen. Anschließend wurden genealogische Berechnungen angestellt, und man fand heraus, daß ein Korvettenkapitän der britischen Flotte jetzt Titel, Pflichten und das verschwendete Hamiltonsche Erbe übernehmen sollte.
    Der Korvettenkapitän befand sich zu der fraglichen Zeit auf See. Während eines Manövers erhielt er vom Geschwaderkommando via Morsezeichen eine Mitteilung, die wie ein Blitz bei ihm eingeschlagen haben mußte: Kehren Sie sofort zur Basis zurück. Sie sind Herzog von Hamilton geworden. Der Geschwaderkommandeur.
    Der frischgebackene Herzog soll nicht entzückt gewesen sein. Eine vielversprechende, mit Salzwasser gewürzte Karriere in der königlichen Marine verwandelte sich jetzt in einen Sitz im Oberhaus, in Kilt und Dudelsack, in zugige und morsche Schlösser in Schottland und eine gründlich zerrüttete Ökonomie.
    Seitdem hatten drei Herzöge hintereinander, im Augenblick Angus, ihr Leben dem Versuch gewidmet, das wiederherzustellen, was der leidenschaftliche Wetter zerstört hatte.
    Nach dem Rundgang ließ sie ihr Gastgeber allein, damit sie, wie er sagte, vor dem Essen noch etwas Zeit für sich hätten. Um sieben Uhr sei es soweit. Doch als sie wieder in den Garten geschlendert waren, in dem sich nur noch wenige Gäste befanden und die Hausangestellten Porzellan und übriggebliebene Bücher über Maria Stuart ins Haus schleppten, holte Angus die beiden ein und sagte etwas verlegen, bei all dem Durcheinander habe er vergessen, sie seiner Mutter vorzustellen. Dann führte er sie zu zwei älteren Damen, die mitten auf dem Rasen standen und sich in einer Art Vakuum miteinander unterhielten. Im Umkreis von zehn Metern waren sie allein.
    »Der Drachen«, flüsterte Tessie auf schwedisch. »Operation blaublütiger Drachen läuft.«
    Es wurde eine sehr kurze Begegnung. Der Herzog stellte zunächst Tessie vor, die eine Andeutung von Knicks machte. Dann wandte sich

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