Im Namen Ihrer Majestät
Oscar-Verleihung in Hollywood erinnerte. Er zählte all die Leute auf, denen er sich verpflichtet fühlte. Anschließend wurden einige unbeholfene Fragen gestellt, die nur zum Schein etwas mit dem Buch zu tun haben konnten. Die Journalistenschar schien nicht gerade auf Politik und Geschichte spezialisiert zu sein. Es waren wohl eher Klatschreporter. Sobald die Journalisten die Grenze überschritten hatten, über die sie die ganze Zeit hinweg wollten – jemand fragte, weshalb die Kinder Ellie, Annie, Alex und Johnny heute nicht dabei seien, obwohl ihnen das Buch gewidmet sei –, wurde die Pressekonferenz abgebrochen. Die Gäste wurden aufgefordert, sich bei Speisen und Getränken nach Belieben zu bedienen und im übrigen viel Spaß zu haben. Das letzte wurde sehr freundlich in korrektem Oxford-Englisch geäußert, konnte aber unschwer als »Schert euch zum Teufel« gedeutet werden.
Carl und Tessie hatten sich im Hintergrund gehalten, weil es ihnen immer lästiger wurde, ständig fotografiert zu werden. Als jetzt die Buchpräsentation zu Ende war, rannte die eine Hälfte der Journalisten zum Herzog, um ein signiertes Exemplar des Buches zu erhalten, während die andere Hälfte Carl und Tessie umringte.
Carl flüsterte auf schwedisch, ob es keine Möglichkeit gebe, einfach zu verschwinden, und Tessie flüsterte zurück, keine Chance, hier müßten sie einfach bei der Werbung helfen.
Carl wurden zunächst Fragen über das Buch gestellt, die er so höflich wie möglich beantwortete. Doch, er habe es mit großem Interesse gelesen und sei sehr beeindruckt. Natürlich faszinierten ihn auch die Launen der Geschichte, wie etwa einige Hamiltons in dieser Epoche in Schweden gelandet seien, während andere auf dem Richtblock endeten. Doch kurz darauf kam die erste Frage nach seiner Ansicht über Arafat.
»Netter Bursche, vermute ich«, erwiderte Carl lässig, »aber ich vermute auch, daß Sie, meine geehrten Damen und Herren von der Presse, kaum nach Lennoxlove gekommen sind, um Ihr Wissen in Sachen Arafat zu vertiefen.«
So mußte er eine Zeitlang die Attacken parieren, bis der Herzog entdeckte, daß Carl in der Klemme steckte, und ihm zu Hilfe kam.
»Wenn Sie entschuldigen, meine Damen und Herren«, sagte er und nahm Tessie beim Arm, »ich habe meinen Gästen versprochen, sie privat ein wenig herumzuführen.«
Dann führte er die beiden einfach durch den Haupteingang des Schlosses am Ende des Rasens und schlug die Tür zu.
»Ich verstehe mich nicht sehr gut auf den Umgang mit Journalisten«, sagte er entschuldigend, als sie in der kühlen Halle allein waren.
»Obwohl du mit einer Journalistin verheiratet bist«, sagte Tessie frech.
»Ja, das könnte sich wie ein Widerspruch anhören, aber ich fürchte, daß ich auch mit meiner Frau nicht umgehen kann. Sie versteht sich allerdings hervorragend darauf, mit mir fertig zu werden. Nun, was wollt ihr sehen?«
In den Salons des Obergeschosses waren die Wände mit prachtvollen Gemälden bedeckt. Sie betrachteten lange Van Dycks Porträt des ersten Herzogs von Hamilton, der die Hamiltons nach Schweden gebracht hatte. Ein junger, arroganter Mann in voller Rüstung, der die rechte Hand fest um den Generalstab geballt hielt; zu diesem Zeitpunkt hatte er noch zehn Jahre bis zum Henkerbeil vor sich. Der Rundgang wurde zu einer Art Resümee berühmter Künstler. Der Herzog erklärte, er habe nach dem Kauf von Lennoxlove die Absicht gehabt, ein Haus anzuschaffen, eine Hütte, wie seine liebe Frau sich immer auszudrücken beliebe, das klein genug sei, damit eine Familie sich dort wohlfühlen könne, und andererseits groß genug, um die Kunstsammlung zu beherbergen. Natürlich seien beide Absichten fehlgeschlagen.
Vor dem Porträt, das den Vater des Herzogs zeigte, der Tessie zufolge beim Sohn einen ausgewachsenen Vaterkomplex ausgelöst haben sollte, blieben sie ein wenig zu lange fasziniert stehen, so daß die Situation beinahe peinlich wurde.
Es war ganz gewiß ein konventionelles Heldenporträt. Ein Mann in Uniform, offenbar Major oder etwas Entsprechendes in der Royal Air Force, mit Tapferkeitsmedaillen auf der Brust und eisernem Kinn, wie es sich gehört, den Blick entschlossen auf den Betrachter gerichtet.
Alle drei mußten es gesehen haben. Der Mann, der auf dem Bild vor ihnen stand, sah Carl verblüffend ähnlich. Der Mann, der neben Carl und Tessie stand, war hingegen ein ganz anderer Typ von Mann, ein weicherer, möglicherweise sympathischerer Mensch, der
Weitere Kostenlose Bücher