Im Netz der Angst
schon geschehen ist. Ich habe die Vermutung, dass ihr Sohn Sean ein Pädophiler ist.«
Sean wurde kreidebleich. Carls Gesicht hingegen verfärbte sich rot vor Zorn. »Für was halten Sie meinen Sohn?«, donnerte er wutentbrannt und rückte drohend näher.
»Ich vermute, er könnte pädophil sein. Ich habe Anlass zu der Annahme, dass er Taylor Dawkin vergewaltigt hat, als sie acht Jahre alt war.« Aimee ließ sich nicht einschüchtern. Damit war ein für alle Mal Schluss! Nein, diese Genugtuung würde sie ihm heute nicht gönnen, auch wenn es das war, was er offensichtlich erreichen wollte. Niemals!
Sean drängte sich nach vorn. »Hat Taylor Ihnen das gesagt? Redet sie wieder?«
»Sean! Sei still!« Carl hielt den Blick fest auf Aimee gerichtet.
Aimee hielt seinem Blick stand. »Nein. Noch nicht. Aber das wird sie bald, da ich jetzt weiß, wovor ich sie beschützen muss.«
Sean sank in den Sessel hinter seinem Vater und vergrub den Kopf in beiden Händen. »Es ist fast schon befreiend.«
»Ich hab dir doch gesagt, du sollst den Mund halten!«, stieß Carl zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Diese Frau weiß überhaupt nichts! Sie gibt hier nur jede Menge Psychogeschwafel von sich, um uns zu provozieren.«
»Nein, Dad«, sagte Sean, richtete sich im Sessel auf und sah seinen Vater an. »Das ist kein Geschwafel. Ich sollte das wissen. Schließlich bin ich selbst seit sieben Jahren in therapeutischer Behandlung.«
»Du bist was? « Carl schaute entgeistert über die Schulter nach hinten zu Sean.
Aimee bewegte sich vorsichtig auf die Tür zu. Sarah wusste jetzt genug, um ihren Sohn zu schützen, und solche Konfrontationen liefen nicht selten gewalttätig ab. Sie sollte von hier verschwinden, und zwar sofort.
»Ich gehe zu einem Therapeuten, Dad. Ich musste doch etwas unternehmen. Wenn ich so weitergemacht hätte, hätte ich meinen einundzwanzigsten Geburtstag wohl kaum noch erlebt.« Sean blickte zu seinem Vater auf.
»Weshalb, zum Teufel, solltest du einen Therapeuten aufsuchen?«, wollte Carl wissen und baute sich vor seinem Sohn auf.
Aimee war schon fast bei der Tür.
»Dad, meinst du nicht, es ist ein wenig zu spät dafür, so zu tun, als ob alles in bester Ordnung wäre? Ich bin zweiundzwanzig Jahre alt. Ich bin Alkoholiker und ein Ex-Junkie! Und Dr. Gannon hat recht – ich habe Taylor vergewaltigt, als ich dreizehn war und sie acht. Ich habe es in unserer Garage getan. Genau vor deiner Nase.«
»Das ist einfach lächerlich, uns herzubestellen, uns eine Standpauke zu halten und sich dann noch zu weigern, uns einen gottverdammten Durchsuchungsbefehl auszustellen!« Josh war aufgesprungen und hatte sich auf dem Schreibtisch des Captains weit vorgelehnt, um ihm direkt ins Gesicht zu sehen.
Captain Gonzales ignorierte ihn. Er war zu lange dabei, um sich von irgendjemandes Gebrüll einschüchtern zu lassen. »Setzen Sie sich, Josh! Ich werde ein paar Anrufe machen.«
Doch Josh stand weiterhin nervös vor ihm und blickte auf die Uhr. Es war bereits nach zwölf. »Die Sache spitzt sich immer weiter zu, und ich werde Antworten in diesem Haus finden! Falls ich dort hinkomme, ehe Sean Walter alle womöglich noch existierenden Spuren vernichtet hat!«
»Ich werde anrufen, in Ordnung? Gedulden Sie sich noch einen Moment, ginge das?« Gonzales wählte.
Josh setzte sich wieder.
»Wirst du wohl endlich den Mund halten, Sean!« Carl verpasste Sean einen Schlag mit der Rückhand mitten ins Gesicht.
Sarah schrie auf.
Aimee rannte zur Tür. Sie war jedoch noch keine zwei Schritte weit gekommen, da hatte Carl sie bereits an den Haaren gepackt. Sie versuchte, sich ihm zu entwinden, aber er drehte ihr den Arm auf den Rücken, sodass ein stechender Schmerz durch ihre Schulter zuckte.
Mit dem Kopf im Nacken fiel Aimees Blick auf die pulsierende Ader an Carls Stirn. Sein scharfer Atem drang an ihr Ohr. »Glauben Sie wirklich, ich lasse Sie jetzt hier raus?«
»Was ist denn hier los?«, fragte eine verschüchterte Stimme aus dem Flur. Dort stand Thomas direkt vor dem Eingang zum Wohnzimmer.
Sarah wollte zu ihm laufen, doch Carl fuhr herum und starrte sie wütend an. »Bleib, wo du bist«, zischte er leise, aber bedrohlich.
Sie duckte sich folgsam in die Küche und senkte den Blick.
»Dad, tu das nicht! Du musst das nicht tun!«, rief Sean.
»Willst du endlich still sein!«, schrie Carl. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du den Mund halten sollst?«
Sean stand mit blutiger Nase vor seinem Vater.
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