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Im Netz der Angst

Im Netz der Angst

Titel: Im Netz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Carr
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einer Waffe. Sie könnte denjenigen ins Haus gelassen haben, der die Drecksarbeit für sie erledigt hat. Wer auch immer es war, hatte jedenfalls keinerlei schlechtes Gewissen.« Der Mörder hatte die Leichen wie ausrangierte Puppen auf den Teppich fallen lassen. Von Reue geplagte Gewalttäter versuchten meist, die Leichen zu verstecken oder so zu drapieren, dass ihnen eine Blöße erspart blieb. Dieser Mörder hingegen hatte sie wie Abfall weggeworfen, als er mit ihnen fertig gewesen war.
    »Kein Versuch einer Wiedergutmachung; du hast recht.« Elise nickte. »Meinst du nicht, eine Tochter würde sich zumindest schuldbewusst zeigen?«
    »Möglich. Muss aber nicht sein.« Josh zuckte mit den Schultern. »Lässt sich nicht sagen, was in der hier vorgeht.«
    Das war noch untertrieben. Das Mädchen hatte einfach nur vor- und zurückschaukelnd dagehockt und leise vor sich hin gewimmert. Bis auf seine Versuche, die Sanitäter abzuwehren, die es auf die Trage schnallen wollten, hatte es auf keinen Menschen reagiert.
    Josh blickte auf die Uhr. »Die Therapeutin müsste in einer halben Stunde im Mercy eintreffen. Wir sollten hier in fünfzehn Minuten losfahren, um vor ihr da zu sein.«
    »Vielleicht wird es uns weiterhelfen, zu erfahren, weshalb die Kleine bei ihr in Behandlung war.« Elise trommelte mit dem Stift auf ihrem Notizbuch herum.
    Eindeutig – das könnte ein Ausgangspunkt für ihre Ermittlungen sein! Genau wie die Tatsache, dass sie blutverschmiert am Tatort aufgefunden worden war. Josh wiegte den Kopf hin und her. Rechtfertigte eine verkorkste Kindheit einen Doppelmord?
    Nicht, wenn es nach ihm ging. Auf keinen Fall!
    »Ich habe die Klebebandrolle gefunden«, sagte einer der Kriminaltechniker, ein junger Latino mit gepiercter Augenbraue. »Dort drüben!«
    Die Detectives folgten ihm den Flur entlang bis zu einem Hobbyraum. In der Ecke stand eine Nähmaschine, unter deren Fuß noch ein Stückchen Stoff klemmte. Neben einem gemütlichen Sessel war ein Korb voller Wollknäuel, in denen Stricknadeln steckten, abgestellt. Verflucht! Hatte Stacey Dawkin etwa gerade gestrickt, als jemand eingedrungen war und sie umgebracht hatte? Joshs Mutter strickte.
    Der kleine, an die Wand montierte Fernseher lief noch. Und zwar ziemlich laut. »Notieren Sie sich den Kanal und die Lautstärke und stellen Sie den Scheiß ab!«
    Eine Rolle Klebeband lag auf der Anrichte neben dem Sessel. »Einpacken und beschriften!«, wies Josh den jungen Mann von der Spurensicherung an. Elise warf ihm einen scharfen Blick zu. »Bitte«, fügte er noch hinzu.
    Die Kleberolle hatte keinerlei Spuren auf der Anrichte hinterlassen. »Stand noch nicht lange da«, bemerkte Elise.
    »Sehen Sie sich das an«, sagte der Kriminaltechniker. »Die Spuren auf dem Teppich.«
    Kurz vor dem Sessel waren längliche Einkerbungen auf dem Teppich zu erkennen. »Schleifspuren?«, fragte Josh.
    »Dafür sind sie nicht lang genug«, erwiderte der Kollege.
    »Wir müssen los«, unterbrach Elise sie mit einem Blick auf die Uhr.
    Josh nickte und gemeinsam gingen sie nach draußen. Als sie an den Leichen der Dawkins vorbeikamen, ließ Josh noch einmal die Brutalität dessen auf sich wirken, was ihnen angetan worden war, und die Empörung in seinem Innern wuchs noch weiter an.
    Vor dem Gebäude wurden sie vom grellen Licht der auf sie gerichteten Fernsehkameras verschluckt. Dahinter erkannte Josh eine kleine Gruppe von Nachbarn in Bademänteln und Sweatshirts, höchstwahrscheinlich neugierig und verängstigt zugleich. Ihm blieb jedoch keine Zeit, sie zu beruhigen. Er war sich nicht einmal sicher, ob er dazu in der Lage wäre. Tief sog er die kühle Nachtluft ein, versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen und sich für die lange Nacht zu wappnen, die noch vor ihm lag.
    Das Mercy General mit seinen vielen hellen Fenstern ragte wie ein Leuchtturm zwischen den ganzen flachen Wohnhäusern und auf alt getrimmten Villen auf. Aimee parkte so nahe wie möglich am Gebäude und eilte auf den Haupteingang zu, als könne sie die automatischen Türen so dazu bringen, sich schneller zu öffnen.
    Im Empfangsbereich warteten auf den billigen Polsterstühlen verstreut ein paar Leute. Eine junge Latina mit dunklen Ringen unter den Augen und verschmiertem Make-up wiegte einen Säugling im Arm. Ein dürres, hellhäutiges Mädchen mit blond gefärbten, abstehenden Haaren und Tätowierungen, die es bereuen würde, ehe es vierzig war, hielt sich den Bauch. Etwas abseits saß eine verängstigt

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