Im Netz der Meister 2
demjenigen welchen, dem, der, wenn ich ihn treffe, dieses Geschenk zu würdigen weiß und annehmen kann und es verdient ... ich werde seine Devota sein, schenke meine Devotion meinem Herrn, der sich über meine Lust definieren mag ... ihm will ich gehören, seinen Geruch nur atmen, sein Aroma soll mich führen ins schwarze Gefühl ...«
»Puh. Redet die einen Scheiß! Ein bisschen gaga ist die aber schon«, fand Simone.
»Aber hübsch ist sie auch«, sagte Gerald und begann, Anna ausführlich zu antworten. Simone sagte: »Wem will sie sich schenken? Sie hat doch Tolstoi? Ich denke, er ist ihr Herr? Warum ist sie auf der Suche, wenn sie einen Dom hat?«
»Vielleicht ist sie mit Leo Tolstoi nicht glücklich?«
»Möglich. Muss sie sich deswegen an verheiratete Männer ranmachen?« Simone hörte, dass ihre Stimme ein kiebig klang. Nach einer Weile wurde es ihr zu langweilig, sich mit Anna zu befassen, und sie kümmerte sich um eigene Kontakte.
Sie lernte einige Männer kennen, mit denen sie sich regelmäßig austauschte, sogar ein Schriftsteller war dabei. Jedenfalls bezeichnete er sich so und erzählte großspurig von seinen literarischen Erfahrungen. Simone brauchte nicht lange, um herauszufinden, dass der Schriftsteller, der sich frech »Egon Erwin Putzlitzer« nannte, fünfundachtzig Seiten seines Tagebuchs als »Roman« im Eigenverlag produziert hatte.
Es machte ihr Spaß, Putzlitzer nicht zu erzählen, dass sie Buchhändlerin war und genau wusste, wie solche Büchlein zustande kommen und wie gering die Chancen sind, dass sie je außerhalb des Freundeskreises des Verfassers gelesen werden. Putzlitzer aber sonnte sich in Simones »Interesse« und schrieb ihr fleißig. Natürlich sei er auch ein erfahrener Dom, behauptete er, auch wenn er das virtuell nicht raushängen lasse, er sei ein klassischer Macho und könne nicht anders, als eine Frau nach seinen Wünschen zu formen. Und die Frauen seien eben so gebaut, dass sie alles täten, was er sagte. »Jede Frau ist devot. Sie braucht bloß den richtigen Stecher, der ihr ordentlich die Flötentöne beibringt«, schrieb er Simone. Man könne das alles übrigens auch in seinem Werk nachlesen, die Geschichte sei nämlich nicht bloß ausgedacht, sondern wirklich wahr und genau so passiert. Simone grinste vor sich hin, als sie Putzlitzer bat, ihn kennen lernen zu dürfen. Er zierte sich ein bisschen, er habe wenig Zeit und sei eigentlich nicht auf der Suche. Er wolle gefunden werden, das ja, von der einen, der Richtigen, wozu also ein Date?
»Weil ich einen echten Schriftsteller treffen und mich mit ihm über Literatur austauschen möchte«, schrieb Simone, und weil sie sein Buch so gerne handsigniert persönlich überreicht bekommen würde. Putzlitzer wollte es sich überlegen. Simone hatte eine Idee: In vier Wochen sollte in Köln ein Chattertreffen stattfinden. User des HLF hatten es organisiert, und dreihundert Chatter aus ganz Deutschland waren bereits angemeldet.
»Das ist die Gelegenheit, um sich auf ein Kölsch zu treffen, Putzlitzer! Dann kannst du mir dein Werk überreichen und eine schöne Widmung hineinschreiben«, schmeichelte Simone. Egon Erwin sagte zu.
Ein weiterer Mail-Kontakt war Kalle aus Koblenz mit dem Nick »Schöngeist«. Er und seine Frau Ute, sie war im Internet als »Tausendschön« unterwegs, fielen im Forum durch geschliffen formulierte Beiträge auf. Die beiden waren Anfang fünfzig, beide Switcher und suchten Gedankenaustausch. Simone kam mit Kalle ins Gespräch, als sie in einem Thread über Switcher diskutierten und später die Unterhaltung in persönlichen Nachrichten weiterführten. »Wie kann man innerhalb einer Beziehung switchen? Wie kannst du heute die Peitsche schwingen und morgen selbst um Schläge betteln? Wie ist das möglich?«, fragte Simone. Sie hatte auch schon als Domina agiert, mit großem Vergnügen sogar, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass Gerald sie in einer Nacht beherrschte und sie ihn in der nächsten auf die Knie zwang. »Wie geht das bei euch, Kalle? Verliert Ute nicht den Respekt vor dir, wenn du dich ihr unterworfen hast? Findet ihr in die anderen Rollen zurück?«
»Es ist nicht leicht«, schrieb Kalle. »Aber warum sollte es den Respekt beschädigen, wenn ich mich auch mal unterwerfe? Sobald ich wieder am Zuge bin, habe ich wieder das Sagen und führe Regie. Wenn ich switche, tauche ich in meine submissive Seite ab, mit allem, was dazu gehört. Sub sein ist ganz anders, zeigt andere Aspekte meiner
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