Im Netz der Meister (German Edition)
angenehmer Gesellschafter: gebildet, belesen, unaufdringlich und humorvoll. Sie redeten über vieles, aber nicht über SM.
Gegen zwanzig Uhr fuhren sie mit dem Fahrstuhl hinauf in die Zimmer. Simone schlüpfte wieder in ihr Outfit, darüber zog sie ihren langen Mantel an.
Cornelius bestellte ein Taxi, und sie fuhren nach Köln Ehrenfeld. Das Gebäude, in dem die »Schwarze Nacht« stattfand, war von außen unscheinbar und unauffällig. Nur ein dezentes Plakat mit einem Pfeil und den Worten »Zur Party« wies auf die Veranstaltung hin.
Sie gingen durch eine weiß geflieste Halle, die von grellem Neonlicht erhellt wurde. Das Entree erinnerte an den Eingangsbereich eines Hallenbades. Ein weiterer Wegweiser führte sie eine weiß gekachelte Treppe hinab. Eine hübsche rothaarige Frau begrüßte sie mit strahlendem Lächeln: »Hallo, herzlich willkommen. Ich bin Sanne und wer seid ihr?«
Sie nannten ihre Vornamen und Sanne fragte, ob sie eine Mailadresse hinterlassen wollten, um über Events und Aktionen der Veranstalter auf dem Laufenden gehalten zu werden. Simone willigte ein und Cornelius gab seinen Mail-Account an. Cornelius bezahlte hundert Euro Eintritt. »Getränke und Büffet sind im Preis inbegriffen«, erklärte Sanne. »Ihr beide seid ja zum ersten Mal hier, deshalb zeigt Michael euch gleich alles.«
Ein freundlicher Mann Mitte vierzig grinste die beiden an und schüttelte ihnen die Hand. Er trug schwarze Leder-Chaps und eine Lederweste. Weil er seinen nackten Hintern präsentierte, vermutete Simone, dass er ein Sklave war.
Dann führte Michael sie durch die Räume.
Cornelius ging einige Schritte hinter ihnen her, hielt den Kopf leicht gesenkt und trug den Köcher. Simone freute sich über seine selbstverständliche Haltung, es war toll, dass dieser hübsche, junge Bursche öffentlich seine Ergebenheit demonstrierte.
Ein Käfig, schwarze, eiserne Gitterstäbe, der Boden mit Stroh ausgelegt. Simone bemühte sich, so zu gucken, als sähe sie solche Menschenaufbewahrungsorte jeden Tag.
Ein Badezimmer, weiß gekachelt, Toilette, Dusche, Waschbecken. »Hier könnt ihr dirty spielen. Wenn ihr Zuschauer möchtet, lasst einfach die Tür offen, ansonsten hängt ihr das Schild draußen auf, dann wird euch niemand stören.«
Simone nickte und überlegte dabei, was er mit »dirty spielen« gemeint haben könnte. Als sie neben dem Klo einen Hundenapf und in einer Ecke einen Wischeimer nebst Schrubber und Wischlappen sah, dämmerten ihr einige Möglichkeiten und sie grinste Cornelius süffisant an. Der war ihrem Blick zuvor gefolgt, verstand, was ihre Augen ihm sagten und errötete.
Eine Garderobe, die von einem knackigen Kerl namens Günther bewacht wurde.
Ein Untersuchungszimmer, das wie das Behandlungszimmer eines Frauenarztes eingerichtet war: gynäkologischer Stuhl, Spekulum, Stethoskop, weiße Kittel an einem Haken, eine Bettpfanne aus Edelstahl, steril verpackte Nadeln in einer Nierenschale, Gummihandschuhe in einer Hunderter-Box.
»Wer White-Room mag, findet hier, was man braucht. Ihr könnt hier alles machen, vom Einlauf bis zur gynäkologischen Untersuchung«, erklärte Michael.
Es überstieg Simones Fantasie, sich vorzustellen, was man hier tun konnte, aber das ließ sie sich nicht anmerken.
Sie gingen wieder zurück und kamen in einen langen Flur, dessen Wände teils verspiegelt, teils mit schwarzen Tüchern verhängt waren. Sanne wartete hier und bot den Gästen Drinks an, wahlweise mit und ohne Alkohol.
Am Ende des Ganges war ein Raum, eingerichtet wie ein Partykeller: eine Theke, Regale mit Spirituosen dahinter, Barhocker, Stehtische, eine schwarze Ledergarnitur.
Etwa zwanzig Leute hielten sich in diesem Raum auf.
Sie standen zu zweit oder in Grüppchen zusammen, manche redeten leise miteinander, manche musterten die neu ankommenden Gäste.
Auf dem Sofa saß eine bullige Frau in schwarzem Lederkleid, vor ihr kniete ein schmächtiger, weißhäutiger nackter Mann.
Dass es ein Mann war, sah man an seinem hochgereckten Hinterteil, das den Blick zwischen seine Beine und auf sein Gehänge freigab. Seine Stirn hatte er auf den Boden vor ihren Füßen gepresst, er rührte sich nicht, während sie gelangweilt guckte und Kaffee trank.
Simone und Cornelius steuerten auf eine freie Bank zu, von der aus sie in den angrenzenden Spielraum gucken konnten.
Erst als sie direkt vor dem dunklen Möbel standen, sah Simone, dass es keine Bank, sondern ein Sarg war. Auch bemerkte sie erst jetzt, dass ein
Weitere Kostenlose Bücher