Im Netz der Meister (German Edition)
aus als je zuvor, trotz der vierzig Jahre. Das Alter spielte keine Rolle. Jetzt war ihre beste Zeit.
Boris wollte ein reales Treffen.
Simone überlegte fieberhaft, wie sie es organisieren konnte. Wohin mit den Kindern? Was sollte sie Gerald sagen? Konnte Karin die Buchhandlung ein paar Tage alleine schmeißen?
Wollte sie überhaupt ein Treffen?
Ja. Sie wollte es.
Wo sollten sie sich treffen?
In München? Hier? In einem Hotel? Woher sollte sie das Geld für eine Reise nehmen, ohne dass Gerald Verdacht schöpfte?
Boris schlug vor, sich in irgendeiner Stadt zu treffen.
Simone sollte sich eine Stadt aussuchen, eine, die einen Flughafen hat. Er würde dann mit dem Flieger kommen, nach Hamburg, Berlin, Köln, wohin sie wollte. Und um die Unterkunft würde er sich auch kümmern.
Es gab kein Zurück mehr.
Simone hatte eine Idee. Sie rief Britta an, eine alte Schulfreundin, die seit Jahren in Berlin lebte.
Simone und Britta kannten sich ein Leben lang, waren zusammen eingeschult worden, hatten in der Realschule nebeneinander gesessen, hatten in zahllosen Gesprächen die ersten Erlebnisse mit Jungs wieder und wieder besprochen, analysiert und darüber geweint und gekichert. Simone hatte ihre Lehre als Buchhändlerin gemacht, Britta war bis zum Abitur weiter zur Schule gegangen. Als Britta in Berlin ihr Studium aufgenommen hatte, hatte Simone sich elend und verlassen gefühlt.
Sie schrieben sich päckchendicke Briefe, telefonierten einmal in der Woche und sahen sich zu in den Semesterferien und zu Weihnachten, wenn Britta ihre Eltern in Bonn besuchte.
Simone fasste ihren Mut zusammen, spielte auf volles Risiko und weihte Britta ein. Dass sie eine Begegnung mit einem Dom plante, sagte sie ihr natürlich nicht. Sie erzählte nur von einem Lover, einem Seitensprung, den sie dort treffen wolle, und dass sie so etwas wie ein Alibi brauche. Britta hatte absolutes Verständnis.
»Klar, das kriegen wir hin! Ich schreibe dir einen Brief und lade dich ein, und diesen Brief zeigst du Gerald. Du bist sowie dran, mich zu besuchen. Immer haben wir uns nur in Bonn getroffen, du warst noch nie bei mir!«
Das Datum für den Besuch hatte Simone zuvor mit Boris abgesprochen. Freudestrahlend und mit heftig klopfendem Herzen zeigte sie Gerald die Einladung.
»Ach Liebes, das wird dir gut tun! Fahr nach Berlin, besuch deine Britta und macht es euch schön. Ihr habt sicher viel zu bequatschen. Um die Kinder kümmere ich mich. Ich nehme mir Urlaub und bleibe zu Hause. Die Lkws fahren auch mal drei Tage, wenn Hackmann die Touren verteilt und nicht ich. Und um die Buchhandlung wird Frau Köhr sich schon gut kümmern. Du hast dir wirklich mal eine Auszeit verdient.«
Simone schämte sich. Er war so lieb. Es war so unfair, so niederträchtig, dass sie ihn betrügen würde. Aber sie konnte nicht anders. Sie wollte Boris sehen.
Sie wollte die Gefahr, und sie wollte einmal, nur ein einziges Mal, dieses erotische Spiel spielen, dessen Möglichkeiten ihr Denken inzwischen beherrschten.
Boris hatte ebenfalls einen Freund in Berlin, einen Piloten. Er hatte Boris schon mehrmals sein Penthouse überlassen, wenn er auf Reisen war. Er würde es auch diesmal zur Verfügung stellen. Boris kümmerte sich um alles. Simone genoss das sehr. Noch vier Wochen bis zu diesem Treffen.
»Hast du ein Outfit, Simone?«, fragte Boris, als sie die Details besprachen.
»Outfit?«
»Ja, ein Outfit, Kleidung, die bei einer Session angemessen ist und mir gefallen wird.«
»Nein, Boris, nur meine Dessous. Strings und Push-ups, alles andere könnte ich hier nicht verstecken. Mein Mann, verstehst du?«
Boris verstand. Er war wunderbar. Sie dachte Tag und Nacht an ihn. Simone ging zum Friseur und ließ sich die Haare lackschwarz färben. Sie trug sie nun zum Pagenkopf geschnitten. Klassisch, markant, weiblich.
Sie ging fast täglich ins Solarium.
Sie begann ein Gymnastik-Programm, um ihren Körper attraktiv und jugendlich präsentieren zu können.
Sie ließ sich die Wimpern färben, damit sie abgeschminkt nicht so ungeschminkt aussehen würde.
Sie ging zur Maniküre und zur Pediküre und kaufte sich zwei neue schwarze String-Tangas und neue halterlose Strümpfe. Die Ausgaben rissen ein erhebliches Loch in die Haushaltskasse. Eigentlich lebte Simone über ihre finanziellen Verhältnisse, schließlich galt das »Sparprogramm« noch fast zehn Jahre. Erst dann würden das Haus und die Investitionen der Buchhandlung bezahlt sein. Es war ihr egal. Sie sparte die
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