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Im Netz der Meister (German Edition)

Im Netz der Meister (German Edition)

Titel: Im Netz der Meister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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Ausgaben im Haushalt ein. Statt auf dem Wochenmarkt kaufte sie bei Aldi, kochte häufiger preiswerte Hausmannskost und versuchte, weniger zu rauchen. Sie gab kein Geld mehr für Blumen und Pflanzen aus. Ihre Garderobe, ihre Pflege, ihr Aussehen waren ihr wichtiger. Sie wollte perfekt sein. Perfekt für ihre Session mit Boris. Sie war bereit.

    In einer Stunde werde ich ihn sehen. Welche Worte werden unsere ersten sein? Ob wir uns verstehen? So gut, wie in unseren Mails und während unserer Telefonate? Sieht er so toll aus wie auf den Fotos? Was ist, wenn der berühmte Funke nicht überspringt? Wenn ich ihn nicht mag? Wenn er mich nicht mag? Wenn wir uns nicht riechen können?
    Vielleicht ist er gefährlich, ich kenne ihn schließlich gar nicht. Nicht wirklich. Vielleicht ist er ein brutaler Triebtäter, ein durchgeknallter Spinner, ein gefährlicher Sadist?
    Niemand weiß, wohin er mit mir gehen wird. Wenn er mir was antut, wird mich keiner finden. Ich hätte mich an die Ratschläge im Forum halten und mich covern lassen sollen. Irgendjemandem hinterlassen, wo und mit wem ich unterwegs bin. Britta hätte ich es doch sagen können. Sie hält dicht, sie sagt Gerald nichts. Wir hätten einen Anruf mit bestimmtem Inhalt vereinbaren müssen. So ein Mist.
    Warum sitze ich überhaupt in diesem Zug? Will ich das, was mich in Berlin erwartet, wirklich haben? Zwei Nächte mit einem Fremden, der es geil findet, Weiber zu schlagen? Bin ich eigentlich bescheuert?
    Und wenn er Aids hat? Die Kondome, wo sind die Kondome? Ich habe extra welche besorgt, falls er es vergisst. Ohne Gummi mach ich es unter keinen Umständen. Und wenn er drauf besteht? Wenn er es mir befiehlt, ohne Gummi? Vielleicht will er ja auch gar nicht. Ich hab oft gelesen, dass es auf den Geschlechtsverkehr bei solchen Spielen gar nicht ankommt. Worauf kommt es an? Auf die Schmerzfähigkeit? Auf das Aussehen? Die Leidenschaft? Die Unterwürfigkeit? Ich weiß gar nichts mehr.
    Noch eine knappe Stunde bis Berlin.
    Er sieht bestimmt ganz anders aus, als ich es mir vorstelle. Vielleicht hat er Mundgeruch und schlechte Zähne. Dann kann ich es nicht mit ihm.
    Was ist eigentlich, wenn ich gar keine Schläge aushalte? Wenn ich mir nur einbilde, so etwas geil zu finden?
    Und wenn ich es doch gut finde und wenn Spuren, Striemen zurückbleiben, wie erkläre ich das Gerald? Ich kann mich doch zu Hause nicht im Dunklen ausziehen.
    Mein Gott, worauf habe ich mich eingelassen?
    Ob ich ihm hörig sein werde, wenn es mir gefällt?
    Quatsch, nein. Es ist ja nur mal so. Fürs Selbstbewusstsein, für das Kribbeln im Bauch. Spüren, dass ich noch lebe nach achtzehn Jahren Ehe.
    Boris ist keine Alternative zu Gerald. Niemals. Gerald liebe ich wirklich. Ich würde ihn nie verlassen. Auch der Kinder wegen.
    In Boris bin ich vielleicht verknallt, aber nicht mehr. Verknallt ist was anderes als verliebt sein oder lieben.
    Vorhin am Handy war Boris ganz toll. Gar nicht dominant irgendwie. Vielleicht hat er das ja auch alles noch nie getan, was er mit mir tun will? Was will er eigentlich mit mir tun?
    »Ich freue mich auf dich«, hat er gesagt. Um neunzehn Uhr landet er in Berlin, eine halbe Stunde später ist er am Bahnhof Zoo. Ich soll im Café im Europa-Center warten. Er meldet sich.
    Wo sind die Pfefferminzbonbons?
    Noch eine halbe Stunde. Ich gehe noch mal zur Toilette. Make-up und Haare sind okay. Das Top sitzt gut. Ein Denkmal dem Erfinder des Push-ups ...
    Das schwarze Leinenkostüm ist genau richtig. Die Pumps sind mir zu eng nach der langen Fahrt. Chanel, ich brauche noch mal ein paar Tropfen Chanel. Mein Parfum ist das einzige an mir, das wie immer ist. Es ist warm, vertraut, das bin ich.
    Die Frau, die hier im Zug sitzt, bin nicht ich.
    Noch zwanzig Minuten. Ob sich mein Leben nach diesem Date verändert?
    Nein, wie sollte es? Boris und ich werden unsere Session haben und uns dann nicht wieder sehen.
    Ich rauche viel zu viel. Das ist schon mein zweites Päckchen heute.
    Ich hab gar nichts gegessen. Hätte sowieso keinen Bissen runtergekriegt. Außerdem gehen wir heute Abend essen, hat Boris gesagt. Schön, darauf freue ich mich.
    Und auf diese Aufwärmphase, in der wir uns beide entscheiden können, ob wir wollen oder nicht. Das ist so abgemacht.
    Diese Option auf ein »Nein« musste sein.
    Vielleicht will er mich ja auch gar nicht.
    Eigentlich will ich nicht. Ich kenne ihn gar nicht. Ich hab doch nur ausgereizt, wie weit ich gehen kann. Eigentlich reicht es mir schon, dass ein

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