Im Netz der Meister (German Edition)
sehr wichtig für mich. Ich erkläre dir später alles.«
Nachdem Britta zugesagt hatte, schrieb sie an Mark und bat ihn inständig und unterwürfig um ein Date. So hatte er es gewollt: Sie sollte ihn bitten, sie zu benutzen.
Er antwortete, dass er es sich überlegen wolle. Er schrieb: »Dein Ton gefällt mir nicht ... du bist zuweilen zu dominant in deiner Ausdrucksweise, zu frech und längst nicht so demütig, wie ich mir das vorstelle ...«
Simone verriet sich weiter. Sie veränderte ihre schriftliche Ausdrucksweise, passte sich an, überlegte sich jeden Satz mehrfach, bevor sie ihn an Mark schrieb und bat erneut um eine Audienz. Sie versprach, über nichts zu diskutieren und sich ganz ihm zu überlassen. Schließlich sagte Mark zu. Er beorderte sie am kommenden Samstag nach Bielefeld.
Simone war glücklich. Und sie hatte Angst. Diffus waren die Ängste, aber sie waren da. Mark war äußerst charismatisch, sehr dominant, brutal, bedingungslos. Das hatte sie erlebt auf dem Parkplatz bei Köln. Aber: Hatte er nicht genau das getan, was er angekündigt hatte in seinem Mails? Hatte er nicht geschrieben: »Ich will, wenn ich dich will, benutzen und erniedrigen. Ich will dich demütig und ich will deine Unterwerfung.«
Sie hatte durch ihr unsicheres Verhalten bei der Begegnung mit ihm Fehler gemacht – nicht er.
Es war ihre innere Einstellung, die sie leiden ließ, nicht Marks Konsequenz. Das glaubte Simone nun erkannt zu haben und sie glaubte auch erkannt zu haben, dass sie keine Angst vor Mark, sondern vor sich selbst hatte. Sie konnte sich nicht einschätzen, sie wusste nicht, was sie zulassen wollte und konnte. Sie bat Mark um ein Code-Wort.
Er akzeptierte die Ampel: »Grün«, bedeutete, dass alles in Ordnung ist. »Gelb« hieß, es sei okay bis hierher, aber nicht mehr. »Rot« brach die Session sofort und ohne Verzögerung ab. Das war die höchste Alarmstufe. Und mit dem Gedanken an ihren schmerzenden Kiefer nach den Ohrfeigen im Auto bat sie Mark um das Versprechen, ihr keine bleibenden Schäden zuzufügen.
Mark antwortete: »... ich werde am Bahnhof sein und dich abholen. Dein Vertrauen ehrt mich, ich denke, der erste Kontakt, den wir hatten, hat dich dahin geführt. Gut, ich akzeptiere, es existiert immer die Ampel im Hintergrund, und ich bin mir meiner Verantwortung bewusst. Was die bleibenden Schäden angeht: Sofern dein Kiefer wieder erholt ist (und keine bleibenden Schäden davon getragen hat), ist dieses natürlich selbstverständlich auch in Ordnung. Nach unserem Treffen neulich denke ich, ich werde dich zu nehmen wissen. Sehr direkt, sehr deutlich und sehr, sehr streng!
Ich verlange lediglich, dass du dich konsequent aus deiner beruflichen Dominanz oder jeglicher sonstigen aufgesetzten Dominanz vollständig löst und dich total hingibst, mit der Zielsetzung, zu genießen. Alles andere überlässt du mir. Du weißt, dass ich dich sehr mächtig im Griff haben werde, du musst es wollen, dich aufgeben wollen! Du wirst folgen, ohne zu diskutieren! Das sind meine Bedingungen. Stimme zu und wir werden es genießen ...«
Simone stimmte zu und gab Britta wegen des Alibis Bescheid. Gerald kommentierte die Nachricht über ihre spontane Kurzreise mit einem achselzuckenden: »Wenn du meinst ...«.
Wenn ich könnte, würde ich jetzt eine Beruhigungstablette nehmen. Oder einen Schnaps trinken, einen doppelten. Meine Knie zittern, meine Handflächen sind feucht, und mein Herz klopft so laut, dass die Mitreisenden es bestimmt hören können. Noch zwanzig Minuten bis zu meiner Ankunft, ich gehe noch einmal zur Toilette. Haare kämmen, Lippen nachziehen, ein Tropfen Chanel Nr. 5 ins Dekolleté.
Noch fünfzehn Minuten, genug Zeit für eine weitere Zigarette. Ich weiß, dass du mich mächtig im Griff haben wirst. Du hast es mir geschrieben und es am Telefon gesagt. Ich weiß, dass du Recht hast, und ich habe Angst. Es ist keine lähmende Angst, sonst säße ich nicht in diesem Zug. Es ist »bedingungsloses versuchen wollen«.
Und es sind die Emotionen, die du in zahllosen Briefen geschürt und gesteuert hast. Jedes Manöver, jede Taktik habe ich durchschaut und sie dennoch zugelassen. Stück für Stück, Zeile für Zeile und Wort für Wort habe ich mich deiner Konservation angepasst. Du wolltest Demut und Respekt, in den Briefen hast du beides bekommen.
In wenigen Minuten werde ich vor dir stehen.
Wie wird es sein? Was soll ich sagen?
Ich streiche meinen Rock glatt, kontrolliere in der Scheibe des Abteils
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