Im Netz der Meister (German Edition)
denkt und sie zu Höhenflügen bringen konnte. Sie erinnerte sich wieder Karel. Mit ihm war es faszinierend gewesen. So wollte sie es wieder erleben. Sie wollte wieder fliegen. Die, die ihr gesagt hatten, sie sei dominant, eine Domina, sie irrten sich.
Als habe er ihre Gedanken mitgehört, sagte Arno: »Lady, ich sage es dir noch einmal: Ich sehe es in deinen Augen, dass du auf dem falschen Weg bist. Devotion ist nicht deine Sache. Denk darüber nach!«
Simone schüttelte energisch den Kopf und war wütend über Arnos besserwisserisches Lächeln.
»Ich werde dir helfen, deinen Weg zu finden, Lady. Du kannst dich auf mich verlassen.«
»Arno, lass mich damit in Ruhe! Es kann ja sein, dass du in mir eine Domina siehst, weil du dir vorstellen kannst, deine devote Seite von mir befriedigen zu lassen. Vergiss es. Ich will es nicht, ich kann es nicht, es nicht meine Neigung. Ich brauche keine Hilfe.«
»Allein die Art, wie du mir das jetzt gesagt hast, Simone, zeigt, dass du sehr wohl eine Domina bist.«
Es war zum Haare raufen. Arno hatte sich in seiner Version festgebissen und ließ sich nicht davon abbringen. Simone beschloss, dieses Thema zu ignorieren. Es sollte ihr nicht lange gelingen, denn Arno hatte bereits einen Plan.
Das Weihnachtsgeschäft begann, und Simone hatte in der Buchhandlung viel zu tun. Manchmal konnte sie gar nicht so viele Bücher nachbestellen, wie verlangt wurden. In diesem Jahr waren es fast nur Harry-Potter-Bücher. Der Film war in die Kinos gekommen, und Erwachsene und Kinder waren im Hogwards-Fieber. Es war völlig verrückt. Adele Fuchsberg kam fast jeden Tag, nur zu zweit konnten sie die vielen Kunden bedienen. Manchmal gab es sogar richtige Warteschlangen an der Kasse. Nur abends, nach Feierabend, wenn alles abgerechnet und wieder aufgeräumt war, konnte Simone online sein.
Arno schrieb ihr, dass er ein Geschenk für sie habe: In ein paar Tagen könne sie es sehen. Sie hatten im Moment selten Kontakt, aber Simone bedauerte das nicht. Das Geschäft ging vor, zwölf Stunden täglich war sie im Buchladen, sie konnte sich zu Hause kaum um die Adventsdekoration oder die Weihnachtsvorbereitungen kümmern.
In den letzten Jahren war es eines ihrer Hobbys gewesen, das Haus zu Weihnachten zu schmücken. In der Woche nach Totensonntag hatte sie mit den Kindern zusammen die Kisten und Kartons aus dem Keller geholt, dann wurden Lichterketten entwirrt, Kugeln poliert, Kerzenarrangements komponiert und Gestecke gestaltet. Jedes Zimmer wurde geschmückt, sogar im Bad standen Teelichter zwischen Tannenzweigen. In diesem Jahr hatte Simone keinen Kopf für derlei Schnickschnack, ihre Computerfreundschaften und ihre Buchhandlung beanspruchten sie völlig.
Als sie nach dem ersten langen Samstag vor Weihnachten heimkam und Jenny und Julia Kekse gebacken und das Haus geschmückt hatten, bemerkte Simone den stillen Vorwurf in ihren Gesichtern nicht.
Über die Geschenke für die Mädchen hatte sie sich bisher keine Gedanken gemacht, was sollte sie denn noch alles tun? Das Essen für Heiligabend blieb mit Sicherheit an ihr hängen – obwohl sie bis vierzehn Uhr würde arbeiten müssen. Die lästigen Verwandtenbesuche am ersten Weihnachtstag mussten auch organisiert sein – und am zweiten Feiertag wollten sie früh losfahren, um nicht im Dunkeln auf Norderney anzukommen. Bis dahin musste noch Wäsche gewaschen und gebügelt werden und die Koffer packten sich auch nicht von alleine.
Simone war genervt und angespannt, von besinnlicher Vorweihnachtsstimmung war nichts zu spüren. Sie fand keine Geborgenheit mehr in der Melancholie der Traditionen, sie wollte es auch nicht. Sie war froh, wenn sie ab und zu ein paar Minuten abzweigen und sich in ihre virtuelle Welt davonstehlen konnte.
Es war zehn Tage vor Weihnachten, als Gerald sie im Geschäft anrief und sagte: »Ich habe eine Idee, was wir den Mädchen schenken können.«
»Prima, Schatz, was denn? Beeil dich, der Laden ist voll, ich habe nicht viel Zeit.«
»Was hältst du davon, einen Computer zu kaufen? Wir könnten das Gästezimmer ein wenig herrichten und den Rechner dort reinstellen. Die Mädchen können ihn dann beide benutzen, zu festen Zeiten, verstehst du? Ich meine, sie sollen nicht den ganzen Tag ...«
Simone unterbrach ihn: »Ja, super Idee, Schatz, besorgst du alles, was dazugehört? Ich habe keine Zeit. Ich muss jetzt auch auflegen, bis später!«
Sie wandte sich wieder ihrem Bildschirm zu. Arno hatte ihr eine Mail geschrieben, und
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