Im Netz der Meister (German Edition)
»nein« sagen konnten und der Mann immer nur die Möglichkeit zur Reaktion statt zur Aktion hatte? Tickten devote Männer eigentlich anders als devote Frauen?
Simone nahm es an, weil die Männer, die sie als Domina anschrieben, sie ausnahmslos siezten.
Arno erklärte ihr den Grund: »Das Machtgefälle muss von Anfang an deutlich sein. Körperlich ist der Mann der Frau überlegen, klarer Fall. Meist ist ein Mann größer als die Frau. Deswegen tragen Dommsen oft extrem hohe Schuhe, damit sie größer sind. Indem sie sich mit Herrin oder Madame oder sonst was anreden und siezen lassen, ist die Position des Mannes unverkennbarer. Das Rollenspiel beginnt schon bei der Bewerbung.«
Ja, das stimmte. Alle Männer, die ihr schrieben, benutzten Anreden wie »Verehrte Herrin« oder »Sehr geehrte Lady« oder »Mistress«.
Simone antwortete nur wenigen, mit Cornelius blieb sie in regelmäßigem Kontakt. Seine bedingungslose Devotion beeindruckte sie sehr. Sie forderte ein Foto von ihm, er sandte es sofort.
Cornelius war ein attraktiver Bursche. Seine großen Augen hatten einen verträumten Ausdruck, seine vollen Lippen wirkten sensibel. Er hatte lange Haare, die er im Nacken zu einem Zopf gebunden hatte.
Simone schickte ihm ein Porträt-Foto von sich, für das er sich überschwänglich bedankte. Sie sei eine wunderschöne Herrin, schrieb er, und Simone lächelte über sich selbst, als sie bemerkte, wie sehr ihr diese Art der Verehrung gefiel.
Als Simone ihm schrieb, sie habe in den kommenden Tagen keine Zeit, er solle nicht auf Post warten, schien er gekränkt zu sein. Er bat sie in aller Demut, sich vor einem Sklavenanwärter wie ihm nicht zu rechtfertigen und bedankte sich dafür, dass sie ihm damit Aufmerksamkeit geschenkt hatte, die ihm nicht zustand.
Bald chattete sie mit Cornelius im Messenger. Auch im Wortwechsel per Echtzeit behielt er stets seine ruhige Höflichkeit bei.
»Warum hältst du deine Bewerbung, mir als Sklave zur Verfügung zu stehen, aufrecht, Cornelius?«
»Weil Sie eine Herrin sind, die sich von anderen sehr unterscheidet, Lady Like.«
»Das erklär mir bitte!«
»Sie wirken so natürlich dominant und souverän, es ist nichts Aufgesetztes in Ihrer Art. Sie sind direkt, bestimmend und dabei sehr höflich. Eben eine richtige Lady. Sie erwecken damit großes Vertrauen bei mir und mein Wunsch, Ihnen zu dienen, wird immer stärker, je länger wir uns schreiben.«
Simone konnte diese Ergebenheit kaum fassen, denn ihrer Meinung nach hatte sie nichts weiter getan, als sich völlig normal mit Cornelius zu unterhalten. Dass seine devote Art eine gewisse Reaktion bei ihr provozierte, war ihr bewusst, aber sie empfand sich nicht als dominant.
Langsam, sehr langsam, erregte der Gedanke an eine Session mit Cornelius sie. Und wieder gab es neue Fantasien, die Simone verwirrten und sie ihrem Alltag weiter entfremdeten. Das jedoch merkte sie nicht.
Heiligabend war an einem Dienstag. Simone arbeitete bis vierzehn Uhr und hetzte dann nach Hause. Für den Abend hatte sie als Festessen eine Räucherfischplatte geplant, die wollte sie vorbereiten, während Gerald und die Mädchen in der Kirche waren.
Es war seit jeher Tradition der Familie, das Weihnachtsfest mit dem Nachmittagsgottesdienst in der evangelischen Kirche zu beginnen, die Mädchen hielten auch jetzt, trotz ihres Teenager-Alters, gern daran fest.
Bevor die drei zu einem langen Spaziergag und dem anschließenden Gottesdienst aufbrachen, hatte Gerald den Weihnachtsbaum im Esszimmer aufgestellt – Simone würde ihn, wie immer, schmücken. Dabei würde sie die Weihnachts-CD von Robbie Williams hören, die sie sich letztes Jahr gekauft hatte. Sie würde eine Flasche Prosecco aufmachen und zwei Gläschen trinken, und sie würde das Fest genießen. Wie immer.
Simone deckte den Tisch im Esszimmer, und obwohl ihr nicht feierlich zumute war, bemühte sie sich, eine angemessene Atmosphäre zu schaffen.
Sie schnitt Koniferenzweigen im Garten ab, mit denen sie die Festtafel dekorieren wollte. Dabei fiel ihr auf, wie ungepflegt die Beete waren. Sie hatte sich im Herbst nicht darum gekümmert, die Rabatten winterfest herzurichten. Wann war sie überhaupt zuletzt im Garten gewesen? Sie wusste es nicht mehr. Simone nahm die Zweige und verteilte sie auf dem weißen Damast-Tischtuch und streute silberne Flittersterne darüber, die sie in einer der Dekorationskisten im Keller gefunden hatte. Mist, in diesem Jahr hatte sie wirklich an nichts denken können.
Sie
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