Im Netz Der Schwarzen Witwe
dachte sie, er werde seine Meinung vielleicht ändern.
Aber das tat er nicht. Er löste sich von ihr und ging zur Tür.
„Es wäre schön, wenn du heute Abend zum Essen wiederkommen würdest“, sagte sie, wohl wissend, dass sie mit dieser Einladung alles riskierte.
Der Ausdruck in seinen Augen veränderte sich. „Ich weiß nicht, ob ich kann.“
Mariah empfing alle möglichen widersprüchlichen Signale von ihm. Zuerst diese länger als nötig dauernden Abschiedsküsse, und jetzt dieses Ausweichen. Das ergab keinen Sinn. Oder es ergab absolut einen Sinn. Mariah war sich nicht sicher, was zutraf. Sie war noch nie mit jemandem so intim gewesen, der mit einer katastrophalen Krankheit zu kämpfen hatte.
„Ruf mich an“, bat sie und fügte leise hinzu: „Wenn du möchtest.“
Noch einmal drehte er sich zu ihr um, ehe er zur Tür hinausging. „Das möchte ich. Ich weiß nur nicht, ob ich es sollte.“
Serena ging durch die Verandatür, am Esstisch vorbei in die Küche und hob die Stimme, damit Mariah sie auf der Veranda hören konnte. „Gott sei Dank bist du zu Hause. Ich bin so durstig, dass ich schon dachte, ich würde verdursten, wenn ich es noch bis zu mir nach Hause schaffen müsste.“
„So weit weg ist deine Hütte nun auch wieder nicht.“ Mariah schaute von dem Stapel Schwarz-Weiß-Fotos auf, die sie sortierte. Serena setzte sich ihr gegenüber an den Tisch, ein großes Glas Eistee in der Hand.
„Drei Meilen“, erklärte sie, nachdem sie einen großen Schluck getrunken hatte. „Ich hätte es keine hundert Meter mehr geschafft. Wie gut, dass du den Eistee in der Kühlbox aufbewahrt hast. Ich war schon völlig ausgetrocknet.“ Sie beugte sich nach vorn, zog ein Foto aus dem Stapel und zeigte mit einem langen, perfekt manikürten Fingernagel darauf. „Bin ich das?“
Mariah betrachtete das Bild genauer. Seit ihrer ersten Begegnung mit Serena hatte sie darauf geachtet, ihre Freundin nicht zu kränken, indem sie sie fotografierte. Besser gesagt, sie hatte versucht, ihr nicht zu nahezutreten, indem sie ihr einfach verschwieg, wenn sie Serena fotografiert hatte. Auf diese Weise war es Mariah gelungen, mehrere hervorragende Bilder der schönen Engländerin zu schießen – und zwar mit einer billigen kleinen Wegwerfkamera.
Serena war sehr fotogen, und auf Farbfotos, wenn auch mit einem billigen Film geschossen, kam ihre Ausstrahlung noch besser zur Geltung. Bis jetzt hatte Mariah sorgfältig darauf geachtet, diese Fotos zu verstecken.
Aber ja, das war Serena, die da am Rand einer besonders schönen Aufnahme vom Hotelstrand zu sehen war, wenige Augenblicke vor einem Unwetter. „Es sieht aus, als seist du mir ins Bild gelaufen“, stellte Mariah fest.
Serena nahm das Foto und betrachtete es genauer. „Ich bin wegen der Bewegung verschwommen, bis auf mein Gesicht.“ Sie sah Mariah an. „Hast du noch weitere Abzüge davon?“
Mariah suchte in dem Stapel, in dem sich das Foto befunden hatte. „Nein, ich glaube nicht.“
„Was ist mit dem Negativ? Das hast du doch noch, oder?“
Mariah seufzte. „Keine Ahnung. Möglicherweise befindet es sich noch in der Dunkelkammer. Es könnte aber auch bei denen gewesen sein, die ich gerade zur Aufbewahrung zum B&W-Fotolabor gebracht habe.“
„Aufbewahrung?“, wiederholte Serena ungläubig, wobei ihre Stimme sich um eine Oktave hob. „Verzeih mir, falls ich unsensibel bin, aber Schätzchen, niemand wird deine Negative stehlen wollen. Du weißt, wie sehr ich dich mag, doch du bist nicht der berühmte Fotograf Ansel Adams.“
Mariah lachte. „Ich habe sie doch nur zur Aufbewahrung zu B&W gebracht, weil ich hier keine Klimaanlage habe. Die Luftfeuchtigkeit und die salzige Luft setzen dem Film arg zu.“
Serena steckte das Foto in ihre Handtasche. „Dir ist hoffentlich klar, dass ich dich jetzt töten muss, weil du mir die Seele geraubt hast“, sagte sie lächelnd.
„He, du bist mir ins Bild gelaufen“, protestierte Mariah. „Außerdem werde ich das Negativ holen, wenn ich das nächste Mal bei B&W bin. Du kannst es haben, dann ist deine Seele wieder so gut wie neu.“
„Versprichst du es mir?“
„Ich verspreche es. Obwohl ich finde, du solltest langsam eine etwas amerikanischere Einstellung dazu entwickeln, fotografiert zu werden. Du lebst schließlich nicht mehr in Afrika.“
„Zum Glück.“ Serena trank einen weiteren Schluck von ihrem Eistee. „Und? Wie geht es dir?“
„Bestens“, antwortete Mariah ein wenig misstrauisch. „Warum
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