Im Netz Der Schwarzen Witwe
fragst du?“
„Nur so.“
„Sehe ich aus, als ginge es mir nicht so gut?“
Serena stützte ihr Kinn in die Handfläche und betrachtete Mariah mit prüfendem Blick. „Ehrlich gesagt, siehst du nicht annähernd so gut aus, wie ich gedacht hätte.“
Mariah schwieg und wartete.
„Du wirst mir nichts erzählen, was?“, meinte Serena. „Ich muss es erfragen, stimmt’s? Du lässt dir jedes süße Detail aus der Nase ziehen, nicht wahr?“
Mariah widmete sich wieder ihrer Arbeit. „Ich weiß nicht, wovon du überhaupt sprichst.“
„Ich spreche von dem Mann.“
„Welchem Mann?“
„Von dem Mann, den ich heute Morgen um halb sechs aus deinem Haus kommen sah. Groß, dunkelhaarig und wahrscheinlich gut aussehend – aber da bin ich mir noch nicht sicher. Ich war zu weit weg, um Einzelheiten zu erkennen.“
Mariah war perplex. „Warum, um alles in der Welt, bist du um halb sechs schon wach?“
„Ich stehe jeden Morgen so früh auf und gehe in den Fitnessraum im Hotel“, erklärte Serena.
„Im Ernst? Um halb sechs? Jeden Morgen?“
„Fast jeden Morgen. Heute Morgen war Ebbe, deshalb bin ich am Strand Fahrrad gefahren. Und als ich bei dir vorbeikam, sah ich eindeutig einen Mann aus deiner Verandatür kommen. Ich nehme mal an, er hat nicht deinen Kühlschrank repariert.“
„Nein, hat er nicht.“ Mariah schaute erneut von ihren Fotos auf.
„Und?“
„Was und?“
„Das ist die Stelle in der Unterhaltung, an der du mir erzählst, wer er ist, wo du ihn kennengelernt hast und all die anderen faszinierenden Fakten. Zum Beispiel, ob er gut im Bett ist und so weiter.“
Mariah merkte, dass sie errötete. „Wir sind nur befreundet.“
„Ein Freund, der zufällig bis zum Morgengrauen bleibt? Was für eine moderne Einstellung, Mariah.“
„Er kam zum Abendessen und ist auf meiner Couch eingeschlafen. Er war bis vor Kurzem noch krank.“ Mariah zögerte. Sie wollte Serena von Jonathan Mills erzählen, aber nicht zu viel. „Sein Name ist Jonathan, und er ist sehr nett. Er wohnt im Hotel.“
„Dann ist er also reich“, vermutete Serena. „Nur reich oder steinreich?“
„Keine Ahnung. Wen interessiert das?“
„Mich interessiert es. Also, was meinst du?“
Mariah seufzte genervt. „Wenn schon, dann steinreich, glaube ich. Er hat eine Firma geerbt, die Alarmanlagen für Autos herstellt.“
„Du erwähntest, er sei krank gewesen. Nichts Ernstes, hoffe ich.“
Mariah seufzte erneut. „Doch, es ist etwas Ernstes. Er hat Krebs und gerade eine Chemotherapie hinter sich. Die Prognose ist wohl gut, aber bei so etwas gibt es nie eine Garantie.“
„Wie war sein Name noch mal?“
„Jonathan Mills.“
„Es ist wahrscheinlich gut, dass du auf Distanz zu ihm bleibst. Wenn du nicht aufpasst, endest du noch als Witwe. In dem Fall bedeutet das natürlich, dass du sein Alarmanlagenvermögen erbst. Es gibt also Schlimmeres …“
„Serena!“ Mariah starrte ihre Freundin entsetzt an. „So etwas denkt man nicht einmal. Er wird nicht sterben.“
Die blonde Frau blieb unbeeindruckt. „Du hast doch selbst gesagt, er könnte sterben.“ Sie stand auf. „Ich muss los. Danke für den Eistee. Wir sehen uns heute Abend.“
Mariah stutzte. „Heute Abend?“
„Auf meiner Party. Die hast du vergessen, oder? Ohne deinen Terminkalender bist du wirklich aufgeschmissen.“
„Nein, ohne meinen Terminkalender bin ich viel entspannter. Oh, da fällt mir ein – kann ich mir heute Nachmittag dein Auto leihen? Nur für eine Stunde?“
Serena schaute auf ihre Uhr. „Ich habe um halb zwei einen Friseurtermin. Wenn du mich hinfährst, kannst du den Wagen danach eine Stunde lang haben.“
„Perfekt. Allerdings weiß ich nicht, ob ich es zu deiner Party schaffe. Ich bin locker wieder mit Jonathan zum Abendessen verabredet.“ Das stimmte nicht ganz. Sie hatte ihn gefragt, und er war weggelaufen.
„Bring ihn mit. Ruf ihn an und lade ihn zu meiner Party ein. Ich möchte deinen Freund gern kennenlernen. Keine Widerrede“, ermahnte Serena sie streng und lief die Verandastufen hinunter.
Mariah sah ihr nach. Ruf ihn an. Lade ihn zu meiner Party ein. Wer weiß? dachte sie. Vielleicht würde er ja tatsächlich mitkommen.
Er war der Richtige. Der Mann aus dem Hotel mit dem grauen Gesicht.
Sie wusste es sofort.
Die Tatsache, dass er die Nacht mit dieser albernen Kuh verbracht hatte, machte ihn nur noch besser geeignet.
Heute Abend würde sie anfangen, ihn in ihren Bann zu ziehen.
Heute Abend würde sie
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