Im Netz Der Schwarzen Witwe
ursprünglich ist das eine Übung aus einem Lamaze-Geburtsvorbereitungskurs. Die werdenden Mütter lernen darin, ihren restlichen Körper zu entspannen, während sie sich ganz darauf konzentrieren, einen einzigen Muskel fest anzuspannen. Natürlich können die nicht mit dem Muskel üben, auf den es später ankommt, deshalb üben sie dieses Anspannen mit anderen Muskeln, zum Beispiel, indem sie die Faust ballen.“
Mariahs Stimme war so sanft und beruhigend wie ihre Hände. Tatsächlich spürte John, wie seine Verkrampfung nachließ. Er fing sogar an, sich allmählich zu entspannen.
„Na schön, und nun spannen Sie die übrigen Beinmuskeln nacheinander an und lockern Sie sie wieder. Tun Sie es? Sind sie locker?“ Sie berührte seine Beine und schüttelte sie leicht. „Ja, so ist es gut, Jonathan. Das machen Sie großartig. Entspannen Sie jetzt die Hüften und die Bauchmuskeln … und die Pomuskeln. Vergessen Sie dabei nicht zu atmen. Lassen Sie sich Zeit. Aber halten Sie die Faust geballt.“
John fühlte sich, als würde er dahintreiben.
„Gut, und nun entspannen Sie Schultern und Arme. Machen Sie die linke Hand locker – alles, bis auf die rechte Faust. Die halten Sie schön geballt.“
Er fühlte ihre Berührungen, ihre Hände sacht an seinem Rücken, an seinen Schultern und Armen.
„Entspannen Sie Ihre Gesichtsmuskeln“, forderte sie ihn mit heiserer, melodischer Stimme auf, die aus weiter Ferne zu kommen schien. „Lockern Sie den Kiefer. Okay, und nun entspannen Sie die rechte Hand. Öffnen Sie sie, als würden Sie alles loslassen – Ihre Anspannung und den Stress. Lassen Sie einfach los.“
Lassen Sie los.
Lassen Sie los.
John gehorchte und sank prompt in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
4. KAPITEL
M ariah wachte mit pochendem Herzen auf und glaubte zu träumen.
Aber dann hörte sie es erneut. Einen erstickten, gequälten Schrei aus dem Wohnzimmer. Um ein Haar hätte sie die Lampe auf ihrem Nachtschrank umgestoßen, als sie mit beiden Händen nach dem Lichtschalter tastete.
Vier Uhr achtundfünfzig. Es war zwei Minuten vor fünf Uhr morgens.
Und die Geräusche aus dem Wohnzimmer kamen von Jonathan Mills.
Er war auf ihrer Couch eingeschlafen. Vollkommen regungslos hatte er dagelegen, wie bewusstlos nach einem Schlag auf den Kopf. Mariah war wach geblieben und hatte gelesen, solange sie konnte. Doch irgendwann gab sie ihrer eigenen Müdigkeit nach. Sie brachte es einfach nicht übers Herz, ihn aufzuwecken und nach Hause zu schicken.
Also hatte sie Princess eine alte Decke unter den Verandatisch gelegt und Jonathan mit einem dünnen Laken zugedeckt, ehe sie zu Bett gegangen war.
Er schrie erneut, und sie lief hinaus auf den Flur, wo sie das Licht einschaltete.
Nach wie vor schlief er tief und fest auf der Couch. Das Laken hatte er hinuntergeworfen und sich auf den Rücken gedreht. Sein Gesicht und seine Brust glänzten von Schweiß, und er warf sich unruhig hin und her.
Er hatte einen Albtraum.
„Jonathan.“ Mariah kniete sich neben ihn. „Jonathan, wachen Sie auf.“
Sie berührte ihn sanft an der Schulter, doch er schien es gar nicht zu merken. Er schlug die Augen auf, aber offenbar nahm er sie nicht wahr. Was er sah, vermochte sie sich allerdings auch nicht vorzustellen. Der Ausdruck blanken Entsetzens auf seinem Gesicht war jedenfalls schrecklich. Kurz darauf schrie er, ein nicht menschlich klingendes „Nein!“ entrang sich seiner Kehle. Dann verwandelte das Entsetzen sich in rasende Wut. „Nein!“, schrie er erneut. „Nein!“
Plötzlich packte er ihre Oberarme, und Mariah bekam Angst, als seine Finger sich fest in ihr Fleisch gruben. Einen beängstigenden Moment lang glaubte sie, er werde sie quer durchs Zimmer schleudern. Wer auch immer das war, den er an ihrer Stelle sah – er wollte auf diese Person losgehen, und zwar voller Zorn. Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien, doch er packte nur fester zu, sodass sie vor Schmerz aufschrie.
„Au! Jonathan! Um Himmels willen, wachen Sie auf! Ich bin es, Mariah!“
Endlich verriet sein Blick Erkennen. „O Gott!“
Er ließ sie los, sodass sie auf dem Teppich auf ihrem Po und den Ellbogen landete. Sie wich zurück, bis sie gegen einen Sessel stieß.
Sie atmete schwer, genau wie er, als er sich aufsetzte und auf der Couch zusammenkrümmte.
Er sah geschockt aus. „Mariah, es tut mir leid“, erklärte er mit rauer Stimme. „Was, um alles in der Welt, ist passiert? Ich habe … ich habe geträumt von …“ Er
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