Im Netz Der Schwarzen Witwe
einige Selbstbeherrschung, sie nicht schon wieder zu küssen. „Es lag gar nicht an mir“, sagte sie fragend.
„Nein“, bestätigte er. „Ich konnte nicht widerstehen.“
„Ich fasse es nicht“, erwiderte sie. „Wenn du nicht widerstehen kannst, mich zu küssen, und ich auch nicht widerstehen kann, dich zu küssen – warum, verdammt noch mal, küssen wir uns nicht einfach viel öfter?“
Der Arzt kam herein und bewahrte John davor, ihre Frage beantworten zu müssen. Dankbar für die Fluchtmöglichkeit, stand er auf. „Ich warte draußen.“
„Jonathan.“
Er blieb stehen und sah sie an.
„Vergiss, was ich gesagt habe, okay? Wir sind Freunde. Das reicht, und ich komme auch damit klar.“
John nickte und ging zur Tür. Er wünschte nur, er könnte die Augen zumachen und an einem Ort aufwachen, an dem es auch für ihn okay wäre, nur mit Mariah befreundet zu sein.
Er traf sich also auch mit ihr.
Er traf sich nach wie vor mit ihr. Sie waren den ganzen Tag unterwegs, und ihr wurde klar, dass er zu dieser albernen Hausbauaktion mitgefahren sein musste.
Sie fand es amüsant und sah darin keinen Grund zur Besorgnis.
Wenn die Zeit für eine Entscheidung gekommen war, würde er schon die richtige Wahl treffen. Daran hatte sie nicht den leisesten Zweifel.
7. KAPITEL
Z wei Stiche. Zwei winzig kleine Stiche, und trotzdem durfte sie für wer weiß wie viele Tage nicht mehr ins Wasser und auch nicht auf die Baustelle von Foundation for Families.
Es wäre nur halb so wild, wenn sie wenigstens genau wüsste, wann sie wieder zu ihrem gewohnten Tagesablauf zurückkehren konnte. Wie lange würde es dauern? Zwei Tage? Zwei Wochen? Zwei Monate gar? Niemand gab ihr eine klare Antwort, und bis dahin war ihr Leben praktisch stillgelegt.
Alles nur wegen zwei kleiner Stiche.
Sie gab sich wirklich Mühe, ihre Ungeduld zu beherrschen. Aber Triple F zählte auf sie. Sie hatte schon zu viele Schichten ausfallen lassen. Sie musste zurück auf die Baustelle und …
Mariah unterbrach diesen Gedankengang für eine ihrer Atemübungen. Sie hörte sich ja schon an wie Marie. Das war nicht Mariah, die alles gelassen sah und sich keinen Stress machte. Mariah würde diese Zwangspause als Geschenk ansehen, als Chance, sich an den Strand zu legen und endlich mal zu lesen. Eine Gelegenheit, auszuschlafen und sich die Zeit zu nehmen, sich köstliches, gesundes Essen zu kochen, in Ruhe die Sonnenuntergänge zu betrachten und die Sterne am Nachthimmel aufleuchten zu sehen.
Die ersten paar Tage machten tatsächlich Spaß. Jonathan Mills schaute einmal am Tag vorbei und brachte ihr Essen und Bücher mit, Filme und kitschige kleine Spielsachen aus dem Souvenirladen, um sie aufzuheitern. Zum Beispiel eine albern aussehende Ente aus zusammengeklebten Muscheln. Ein Garden-Isle-Malbuch und eine Großpackung Wachsmalstifte. Oder ein witziges Rätselbuch.
Lustige Sachen. Alberne Sachen. Sachen, die Freunde sich schenken würden.
Jonathans Besuche waren rein freundschaftlich. Er schien sogar sorgfältig darauf zu achten, dass sie einander nie berührten – dass sie sich nie nah genug kamen, sich auch nur zufällig zu streifen.
Auch ihre Unterhaltungen blieben absolut unverfänglich. Sie sprachen über Bücher, Filme und Zeitungsschlagzeilen. Sie sprachen über Triple F und darüber, wo auf der Insel man das beste Omelett bekam.
Mariah wusste nicht, wann Jonathan seine aktuellen medizinischen Testergebnisse bekam, aber sie hoffte inständig, dass man ihn für gesund erklären würde. Seinen Bemerkungen und knappen Informationen entnahm sie, dass er schon bald etwas hören würde. Vielleicht gestattete er sich dann ja, der Anziehung zwischen ihnen nachzugeben. Denn dass er sich nach wie vor zu ihr hingezogen fühlte, sah sie im Funkeln seiner Augen, wenn er sich von ihr unbeobachtet fühlte.
Natürlich war es durchaus möglich, dass dieses Glühen in seinen Augen ebenso auftauchte, wenn er Serena ansah. Ihre Freundin kam sie nicht besuchen, kein einziges Mal, und Mariah konnte sich nicht überwinden, sie anzurufen. Da Jonathan nie am Abend kam, vermutete sie, dass die beiden dann zusammen waren. Andererseits hoffte sie, dass diese Vermutung falsch sei, ihrer durch Eifersucht noch zusätzlich angestachelten lebhaften Fantasie geschuldet.
Sie versuchte, solche Vorstellungen zu verdrängen, aber der Verdacht meldete sich immer wieder. Also stellte sie sich ganz offen den Dingen. Was machte es denn schon, wenn Jonathan sich mit Serena traf?
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