Im Netz Der Schwarzen Witwe
zu denken war absolut nicht gut. Trotzdem eilte sie zur Rezeption, wobei sie Princess fest am Halsband hielt. Durch das Fenster sah sie draußen den Krankenwagen wieder wegfahren. „Können Sie mir bitte Jonathan Mills’ Zimmernummer sagen?“
„Es tut mir leid, aber wir dürfen keine Zimmernummern weitergeben. Aber ich kann den Gast auf seinem Zimmer anrufen, falls Sie das wünschen“, erklärte die Empfangsdame überaus freundlich.
„Ja, bitte. Sein Name ist Jonathan Mills.“
Die Rezeptionistin wählte und reichte ihr das Telefon. Es klingelte. Und klingelte. Niemand meldete sich.
Die Angst kehrte zurück und schnürte ihr die Kehle zu. Bis Princess sich losriss.
„He!“ Mariah drückte der Angestellten das Telefon wieder in die Hand, bedankte sich rasch und rannte dem Hund hinterher. Nur weil Jonathan nicht in seinem Zimmer war, hieß das noch lange nicht, dass er im Krankenwagen lag.
Princess schlüpfte durch die Tür, die zu einer Terrasse führte, die direkt an den Pool grenzte. Mariah lief dem Hund einfach hinterher, die Treppe hinunter, und wäre beinah mit Jonathan Mills zusammengestoßen.
Er umfasste ihre Ellbogen, damit sie das Gleichgewicht nicht verlor. „Mariah?“
„Jonathan!“ Sie schlang ihm die Arme um den Nacken. „Gott sei Dank!“ Er fühlte sich warm und fest an, und er duftete wundervoll nach Sonnencreme und Kaffee. Eigentlich duftete er immer nach Kaffee. Vielleicht wird er schlafen können, wenn er nicht mehr so viel Kaffee trinkt, dachte sie albern.
Für einen kurzen Moment drückte er sie fest an sich. Dieser Augenblick war so kurz, dass sie sich fragte, ob sie es sich nur eingebildet hatte. Nein, sie wusste, dass es wirklich geschehen war. Er hatte sie schon vorher auf diese Weise an sich gedrückt, beinah verzweifelt, und zwar an jenem Morgen auf ihrer Couch. Doch statt sie wie an dem Morgen zu küssen, löste er sich rasch wieder von ihr.
Erst da entdeckte sie ihre Freundin.
Serena wirkte kühl und unfassbar jung. In ihrem weißen Strandkleid sah sie rein und unschuldig aus. Dazu trug sie einen Hut mit breiter, schützender Krempe gegen die Sonne. Sie legte Jonathan besitzergreifend die Hand auf die Schulter. „Mariah“, sagte sie. „Welch eine Überraschung.“
Daniel, Jonathans Assistent – der schlanke junge, asiatisch aussehende Mann, den Mariah an dem Tag kennengelernt hatte, als Jonathan am Strand ohnmächtig geworden war – stand ganz in der Nähe. Auf ein Kopfnicken von Jonathan führte er Princess am Halsband fort.
„Wir … wir wollten gerade am Pool zu Mittag essen“, erklärte Jonathan. „Möchtest du uns, na ja, Gesellschaft leisten?“
„Mariah macht eine makrobiotische Diät“, mischte sich Serena ein. „Auf der Speisekarte in diesem Restaurant steht nichts, was sie essen würde.“
Jonathan und Serena. Die zwei sahen schon aus wie ein Paar, wie sie da so vor ihr standen. Allerdings war Serena zu klein für ihn. Das Bild passte nicht ganz. Trotzdem standen sie hier beieinander und hatten die Absicht, gemeinsam zu Mittag zu essen.
Mariah konnte sich gut vorstellen, wie sie den Vormittag zusammen verbracht hatten. Vielleicht nicht nur den Vormittag, sondern auch die Nacht davor. Wann hatte sie Jonathan denn eigentlich zuletzt gesehen?
Mariah räusperte sich und sah ihm in die Augen. Ihr war durchaus klar, dass er ihre Verletztheit bemerken würde. Dabei hatte sie gar kein Recht, gekränkt zu sein. Nur konnte sie ihr Gefühl leider nicht verbergen. „Ich habe Princess am Strand gefunden. Sie war allein unterwegs. Da ich dich seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen habe, machte ich mir Sorgen. Ich dachte, du bist vielleicht krank oder verletzt. Aber ich sehe, dir fehlt absolut nichts. Tja, dann gehe ich mal wieder.“
Sie wich zurück.
„Hast du schon die gute Neuigkeit gehört?“, fragte Serena, als entginge ihr die Anspannung zwischen John und Mariah völlig. „Jonathan hat heute Morgen die ersten Ergebnisse seines jüngsten Bluttests erfahren. Sein Arzt ist sich ziemlich sicher, dass der Krebs verschwunden ist.“ Strahlend wandte sie sich an John. „Du wirst noch steinalt, nicht wahr, Liebling?“
Heute Morgen. Er hatte die Neuigkeit heute Morgen erfahren und nicht einmal angerufen. „Das ist ja toll“, brachte Mariah mühsam hervor. Ihr gelang sogar ein Lächeln, obwohl ihr schon Tränen in den Augen brannten. „Jonathan, ich freue mich riesig für dich.“
Allerdings hätte sie damit gerechnet, dass er zuerst ihr diese
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