Im Netz Der Schwarzen Witwe
Punkt hinter den Baumwipfeln. „Da hinten kann man das Dach von Mariahs kleinem Strandhaus sehen.“
John nickte. Das wusste er. Genau dorthin hatte er geblickt.
Er hatte nicht vorgehabt, so nah bei Mariah zu wohnen. Doch Serena hatte dieses monströse Beispiel moderner Architektur am Morgen vor ihrer Hochzeit gemietet und darauf bestanden, hier mit ihm die „Flitterwochen“ zu verbringen.
Sein Plan war es gewesen, in Nevada zu bleiben. Von dort wollte er Mariah anrufen, um ihr zu sagen, dass er bedauerlicherweise geschäftlich unterwegs sei und erst in einigen Wochen wiederkomme. Dadurch hoffte er, verhindern zu können, dass Mariah jemals von seiner Hochzeitsscharade mit Serena erfuhr.
Dummerweise hasste Serena Las Vegas …
Als er ihr anbot, die Flitterwochen irgendwo anders mit ihr zu verbringen, an einem Ort ihrer Wahl, hatte sie sich für Garden Isle entschieden. Sie bestand darauf, hierher zurückzukehren. Obwohl John alles versuchte und sogar einen Streit anfing, musste er schließlich nachgeben, damit sie nicht misstrauisch wurde.
Vorausgesetzt natürlich, dass sie nicht schon längst Verdacht geschöpft hatte.
„Ich liebe dieses Zimmer“, sagte Serena und umrundete den riesigen Banketttisch. „Wir sollten eine Dinnerparty geben.“
„Ja, hört sich gut an.“
Sie näherte sich ihm und schlang ihm von hinten die Arme um die Taille. „Vielleicht sollten wir aber auch lieber unsere ganz private Dinnerparty feiern.“
Er bemühte sich, aufrichtig zu klingen. „Das hört sich noch viel besser an.“ John befreite sich sanft aus ihren Armen. „Hör mal, Serena, ich habe heute Morgen mit meinem Arzt telefoniert. Es könnte noch einige Monate dauern, bis ich wieder zu alter Form zurückgefunden habe.“ Er räusperte sich taktvoll. „Du weißt schon …“
Letzte Nacht – in ihrer Hochzeitsnacht – hatte er ihr erzählt, er leide nach wie vor unter den Nebenwirkungen der Chemotherapie, der er sich kürzlich unterzogen habe. Und eine dieser Nebenwirkungen sei eben Impotenz. Er versicherte ihr, es handele sich um einen vorübergehenden Zustand und entschuldigte sich dafür, es ihr nicht vorher gesagt zu haben.
Sie bot ihm sofort an, dass sie doch probieren könnte, ihn zu erregen. Aber er dachte sich schnell eine Geschichte aus, dass der Arzt ihm geraten habe, es nicht zu versuchen, weil ein mögliches Versagen die Gefahr eines anhaltenden psychischen Problems heraufbeschwöre.
Allzu enttäuscht war Serena deswegen nicht.
Sie verbrachten die Hochzeitsnacht damit, sich alte Filme auf einem der Kabelkanäle für Filmklassiker anzusehen. John war wach geblieben, nachdem Serena eingeschlafen war. Ihm gefiel die Vorstellung nicht sonderlich, mit einer kalten Messerklinge in der Brust aufzuwachen. Oder überhaupt nicht mehr aufzuwachen.
Er hatte ein wenig auf dem Rückflug geschlafen, weil er wusste, dass Daniel wach war und auf ihn aufpassen würde.
„Mir ist endlich eingefallen, was ich mir als Hochzeitsgeschenk wünsche“, erklärte Serena.
„Tatsächlich?“ Diesmal schloss er sie in seine Arme und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. Ihr Parfüm war zu intensiv, zu blumig, zu süßlich. Er zwang sich zu einem Lächeln.
„Ja“, bestätigte sie. „Dieses Haus. Es steht zum Verkauf, musst du wissen.“
Das war gut. Das war sehr gut. Ihrem Muster entsprechend würde sie ihn um einen Scheck bitten oder um eine Überweisung auf ihr Konto. Sie würde ihm erzählen, es gebe ihr einen besonderen Kick, das Haus von dem Geld zu kaufen, das er ihr gab.
„Ich rufe gleich morgen früh den Makler an“, sagte John.
Sie wich ein Stück zurück. „Weißt du, was mir wirklich gefallen würde?“
„Mehr als dieses Haus?“
Sie lachte. „Nein. Aber ich würde gern selbst verhandeln. Ich möchte in der Lage sein, einen Scheck über eine ordentliche Anzahlung von meinem Konto auszustellen.“
John küsste sie so herablassend wie möglich. „Wenn es dich glücklich macht, überweise ich das Geld einfach auf dein Konto.“
Sie gab ihm einen Kuss.
„O mein Gott!“
An der Haustür war ein Klappern zu hören. John löste seine Lippen von Serenas und schaute auf, direkt in Mariahs entsetztes Gesicht.
Ihr Fahrradhelm drehte sich auf dem Holzfußboden, nachdem sie ihn offenbar fallen gelassen hatte.
„Oh, hallo“, begrüßte Serena sie. „Komisch, ich habe die Türklingel gar nicht gehört.“
„An der Tür klebte eine Nachricht, ich solle einfach hereinkommen“, sagte Mariah,
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