Im Netz Der Schwarzen Witwe
ohne John aus den Augen zu lassen. Irgendwie gelang es ihr, vollkommen ruhig zu klingen.
„Ist das nicht eine tolle Überraschung?“, schwärmte Serena, nahm Johns Hand und führte ihn zu Mariah. „Darf ich dir Mr und Mrs Jonathan Mills vorstellen? Ist das zu glauben?“
„Nein“, antwortete Mariah trocken. „Nein, absolut nicht.“ Sie lachte, und John sah, wie sich ihre jähe Verletztheit in Zorn verwandelte. „Oder, na ja, vielleicht doch. Vielleicht ist das Traurige daran, dass ich es durchaus glauben kann. Entschuldigt mich bitte, ich muss los.“
Sie hob ihren Helm auf und ging zur Treppe.
Serena folgte ihr. „Möchtest du denn das Haus gar nicht sehen?“
„Nein“, antwortete Mariah, deren Stimme in der riesigen, hohen Eingangshalle widerhallte. „Nein, Serena, ich will mir dein Haus nicht ansehen. Ich freue mich sehr für dich. Nur solltest du nicht vergessen, dass dein Ehemann ziemlich bedenkenlos seine Versprechen bricht.“
„Was soll denn das heißen?“, fragte Serena rundheraus.
Währenddessen öffnete John die Schiebetüren, die auf die kleine Veranda vor dem Esszimmer hinausgingen. Eine Treppe führte von dort hinunter zur Schlafzimmerterrasse, und weitere Stufen ganz nach unten. John lief eilig hinunter und erwischte Mariah gerade noch, als sie auf ihr Fahrrad steigen wollte.
„Ich habe dir nichts zu sagen“, erklärte sie knapp.
Er hielt den Lenker ihres Fahrrades fest, um sie am Losfahren zu hindern. „Nun, dafür habe ich dir etwas zu sagen.“
Wütend schleuderte sie ihren Helm zu Boden. „Ach ja? Was denn? Was könntest du mir wohl zu sagen haben?“
„Mariah, ich kann dir jetzt nicht erklären, was das alles zu bedeuten hat. Aber bitte vertrau mir, ja? Du musst mir einfach vertrauen …“
Sie versuchte, ihm das Fahrrad zu entreißen. „Ich muss gar nichts. Und das Letzte, was ich je wieder tun werde, ist dir zu vertrauen. Du Dreckskerl!“
John ließ ihr Rad nicht los. Er sprach leise und schnell. „Mariah, hör mir zu. Verschwinde von hier. Verlass die Insel. Geh nach New York oder was weiß ich, meinetwegen nach Phoenix. Das spielt keine Rolle, nur musst du für eine oder zwei Wochen von hier verschwinden …“
Sie brachte ihn mit einem derben Fluch zum Schweigen und entriss ihm das Fahrrad. Mit einem zutiefst verletzten Ausdruck in den Augen drehte sie sich ein letztes Mal zu ihm um. „Wenn ich daran denke, dass ich tatsächlich an dich meine Liebe vergeudet habe“, flüsterte sie.
John sah sie davonfahren und beherrschte sich nur mühsam, ihr hinterherzurufen.
Auf dem Weg zurück ins Haus registrierte er aus dem Augenwinkel eine Bewegung und schaute zur Terrasse vor dem Esszimmer hinauf. Hatte Serena dort oben gestanden und sie beide beobachtet? Und wenn ja, was hatte sie gesehen?
Das würde Spaß machen. Mehr, als sie sich vorgestellt hatte.
Da war etwas zwischen den beiden. Etwas Starkes. So aufgeregt, wie die alberne Kuh war, hatte er bestimmt mit ihr geschlafen. Wusste das arme Ding denn nicht, dass alle Männer Schweine waren?
Sie verdiente es zu sterben und zu verschwinden, zusammen mit all diesen dämlichen Fotos, die sie Tag für Tag geschossen hatte.
Und er … sie würde ihn zusehen lassen, ehe sie seine hässliche Seele aus seinem noch hässlicheren Körper befreite.
Ja, es würde Spaß machen.
Mariah stand im Keller und warf Geschirr an die Wand.
Vielleicht half das ja. Mit jedem Teller, den sie schleuderte, ließ sie ihren Schmerz und ihre Wut heraus. Jeder Wurf wurde von einem markerschütternden Schrei begleitet.
Mittlerweile war ihre Stimme heiser, und vom Werfen tat ihr Arm weh. Trotzdem machte sie weiter, in der Hoffnung, dass der irrsinnige Herzschmerz irgendwann nachließe.
Auf dem Weg hügelabwärts zu ihrem Haus war sie mit dem Fahrrad gestürzt und hatte sich den Ellbogen und beide Knie aufgeschürft. Aber geweint hatte sie nicht. Sie weigerte sich einfach zu weinen.
Zu Hause hatte sie ihre blutenden Wunden versorgt und ihre Koffer aus dem Schlafzimmerschrank geholt. Dann hatte sie die meisten ihrer Sachen gepackt und war schließlich hier unten im Keller gelandet, wo sie anfing, mit Porzellan zu werfen.
Jonathan hatte sein Versprechen gebrochen.
Sie war sicher, dass dieses Versprechen ihm nie etwas bedeutet hatte. Denn sie hatte ihm nie etwas bedeutet. Er hatte mit ihr geschlafen, nicht weil er etwas empfand, sondern weil er Sex wollte. Nur darum war es ihm gegangen, sonst nichts. Er hatte nicht die Absicht gehabt,
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