Im Netz Der Schwarzen Witwe
immer.
Jonathan Mills war ein Mistkerl. Die Tatsache, dass er verwirrt war und ihn schreckliche Albträume quälten, dass ihn der Kampf gegen eine potenziell tödliche Krankheit belastete – all das gab ihm nicht das Recht, erst mit ihr zu schlafen und gleich darauf Serena zu heiraten.
Und dennoch sehnte sie sich nach seiner Berührung.
Sie war eine Närrin.
Seufzend begann Mariah, im Kerzenschein ihre Dunkelkammerausrüstung zusammenzupacken und zu entscheiden, was sie mitnehmen musste und was sie zurücklassen konnte.
Ja, es war durchaus möglich, einfach auf der Insel zu bleiben. Doch sosehr ihr der Gedanke widerstrebte, sich geschlagen und gedemütigt davonzuschleichen, so wenig wollte sie sich unnötig selbst quälen.
Sie warf die Fotos von Jonathan Mills in den Papierkorb. Die konnte sie definitiv zurücklassen. „Wow, das ist toll.“ John betrat das von Kerzenschein erhellte Esszimmer.
Serena hatte ein mehrgängiges Menü gekocht und das eine Ende des schweren Holztisches mit elegantem Geschirr gedeckt, zu dem unzählige Weingläser aus Kristall sowie anscheinend eine ganze Schublade voller Silberbesteck gehörte. Es gab Salatgabeln, Gabeln für Krabbencocktails, Dinnergabeln, Dessertgabeln.
John fragte sich unwillkürlich, ob sie wirklich beabsichtigte, heute Abend ein Dessert zu servieren, oder ob sie etwas Makabres als Trumpf im Ärmel hatte.
Genau genommen trug sie gar keine Ärmel. Ihr Kleid war schwarz und ärmellos, zeitlos chic, dazu trug sie eine unschuldig wirkende Perlenkette.
„Glücklicherweise haben wir einen Gasherd“, erklärte sie, während sie eine Weinflasche öffnete und ihnen einschenkte. „Sonst hätten wir uns etwas von McDonald’s kommen lassen müssen.“ Sie sah ihn lächelnd an. „Und das wäre absolut nicht passend gewesen. Ich wollte, dass dieses Essen etwas ganz Besonderes wird.“
Etwas Besonderes. Der Modus Operandi der Schwarzen Witwe, ihre typische Vorgehensweise, sah so aus, dass sie zunächst ihrem Ehemann ein perfektes Essen servierte und ihn betäubte, um ihn wehrlos zu machen. Nach dem Hauptgang rammte sie ihm dann ein Messer ins Herz.
John war viel zu nervös. Dabei konnte er sich ziemlich sicher sein, dass Serena nicht heute Abend versuchen würde, ihn umzubringen. Das hatte er auch Daniel am Nachmittag erklärt. Es war zu früh. Sie würde warten, bis sie sein Geld hatte. Ein anderes Verhalten würde sehr von ihrem üblichen Muster abweichen. Serienmörder dieses Typs wichen kaum je von ihren eigenen Regeln ab.
„Du hättest mir sagen sollen, dass du ein formelles Abendessen geplant hast“, sagte John, damit Daniel im Bilde war. „Dann hätte ich mich entsprechend gekleidet.“
Serena gab ihm eines der beiden Weingläser. „Wollen wir anstoßen?“
In diesem Moment begriff John, dass er sich gründlich geirrt hatte. Sie hatte ihm ein Glas Rotwein eingeschenkt, doch der Wein duftete viel zu süß. Außerdem war der Inhalt des Glases zu dickflüssig. Opium. Sie versuchte, ihn mit Opium im Wein zu betäuben. Und zwar heute Abend. Ohne vorher einen Penny von ihm erhalten zu haben, traf sie die nötigen Vorkehrungen, um ihn zu töten.
„Mir ist nicht besonders nach Rotwein heute Abend“, sagte er und stellte sein Glas auf den Esszimmertisch.
Serena lächelte ihn an. „Lass uns mit den Spielchen aufhören“, sagte sie. Als sie ihr Glas hinstellte, bemerkte er, dass sie eine Waffe in der Hand hielt. Offenbar änderte sie gerade ihre eigenen Regeln, und zwar ziemlich rasant.
„Ist das eine Pistole?“, fragte er.
Sie lachte. „Ja, das ist eine Pistole“, bestätigte sie. Dann hob sie die Stimme ein wenig und fragte: „Hast du das gehört, Daniel? Oh, aber vielleicht hörst du ja gar nicht zu. Vielleicht kannst du gar nicht zuhören. Vielleicht hat jemand, der schlauer ist als du und dein Partner, gewartet, bis die Natur dich zwang, deinen Wagen zu verlassen. Und vielleicht hat dieser viel schlauere Jemand dir in der Zwischenzeit deinen Kaffee nachgesüßt, mit dem du dich die ganze Nacht wach halten wolltest. Nachgesüßt mit etwas anderem als Zucker. Vielleicht liegt dein Kopf jetzt gerade auf dem Lenkrad, während du sabbernd ins narkotische Koma gleitest. Schließlich wirst du aufhören zu atmen, armer Kerl. Was für eine Schande, so jung zu sterben …“
John machte einen Schritt auf sie zu, doch sie hob sofort die Waffe und zielte damit auf seinen Kopf. „Setz dich an den Tisch“, befahl sie. „Und lass deine Hände dort, wo ich
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