Im Netz des Drachen
übersichtlich. Von einer einzigen Hauptstraße zweigte ein gutes Dutzend kleinerer Nebensträßchen ab und in der Ortsmitte fand sich ein beschaulicher Marktplatz. Dort, so erinnerte sich Justus, lag auch das Büro des Sheriffs in einem malerischen, blauen Häuschen, gleich neben einer Eisdiele und einem Souvenirladen. Sie beschlossen, Bobs Käfer erst nachher zu holen, und machten sich gleich auf den Weg zum Marktplatz.
Doch der Sheriff war nicht da und sein Büro geschlossen. Darüber informierte sie auch eine Tafel, die im Türfenster des kleinen Office hing.
»Na toll«, spottete Peter. »Die Polizei hat Feierabend. Hier möchte ich auch Gangster sein.«
Justus sah die Straße hinab. »In solch kleinen Orten gibt es oft nur zwei oder drei Polizisten, die natürlich nicht rund um die Uhr Dienst haben. Und wenn sie unterwegs sind, ist das Büro auch nicht besetzt. Ich habe fast befürchtet, dass wir um diese Zeit hier niemanden mehr antreffen.«
»Und was machen wir jetzt?«, wollte Bob wissen.
»Wir fahren nach Malibu. Das dortige Police Department ist sicher besetzt.«
Die drei Jungen drehten sich um und machten sich auf den Weg zum Ortsrand, wo Bob geparkt hatte. Doch sie waren noch keine zwanzig Schritte gegangen, als ihnen plötzlich ein Streifenwagen auf der Hauptstraße entgegenkam. Sie blieben stehen und sahen ihm hinterher. Kurz darauf hielt der Wagen auf dem sandigen Vorplatz neben dem blauen Häuschen.
»Kommando zurück«, sagte Justus und winkte seinen Freunden, ihm zu folgen.
Dem Auto entstieg ein uniformierter Polizist, der ganz zu dem verschlafenen Santa Clara passte. Ziemlich übergewichtig und ein wenig verschwitzt, in der einen Hand einen Bagel, in der anderen einen dicken Schlüsselbund, stapfte er gemütlich wie ein großer Bär zur Tür des Büros.
»Hallo, Sheriff!«, rief ihm Justus zu, als er umständlich den richtigen Schlüssel in seinem Bund suchte. Den Bagel hatte er sich dazu in den Mund gesteckt, damit er auch die andere Hand frei hatte.
»Hm?«, brachte er deswegen nur heraus und drehte sich zu den Jungen um.
Die drei Detektive liefen zu ihm.
»Sheriff … Pickett«, las Justus von einem Namensschild ab, das oberhalb der Brusttasche auf dem Diensthemd prangte. »Wir müssen unbedingt mit Ihnen sprechen.«
Der Polizist sah sie erstaunt an und nahm erst dann den Bagel aus dem Mund. »Ist was passiert?« Seine Stimme klang weich und ein wenig erschrocken.
»Ja, gewissermaßen«, antwortete Bob.
Noch einmal blickte der Beamte die drei ??? verwundert an. Offenbar konnte er es kaum glauben, dass in seinem Ort irgendetwas Besorgniserregendes geschah. Dann sagte er leicht irritiert: »Nun ja, dann … kommt mal rein.«
Das Büro sah genauso aus, wie es sich die drei Jungen vorgestellt hatten. Zwei große, völlig überladene Schreibtische hinter einer hölzernen Schranke, die Pickett durch eine knarzende Schwingtür passierte. Davor der Bereich für die besorgten Bürger, in dem sich ein Wasserspender und eine uralte Holzbank befanden. An den Wänden Karten von Santa Clara und aus der Umgebung, ein Fahndungsplakat und Regale mit Ordnern und Heften.
Das einzig wirklich Erstaunliche war ein riesiger, grüner Papagei, der zwischen den beiden Schreibtischen auf einem hohen Ständer saß. Neugierig musterte er die Jungen, trat dabei von einem Bein aufs andere und plärrte plötzlich: »Eeein…buchten, alle eeein…buchten!«
Pickett tätschelte dem Tier liebevoll den Schnabel. »Na, altes Mädchen, wieder auf Ganovenfang?« Dann zwängte er sich hinter seinen Schreibtisch und sah die Jungen erwartungsvoll an. »So, dann schießt mal los. Wo brennt’s denn?«
Sachlich und in der kürzestmöglichen Version schilderten die drei ??? dem Polizisten, was geschehen war. Doch seltsamerweise schien Pickett die Geschichte überhaupt nicht zu beunruhigen. Gemütlich in seinem Ledersessel hin- und herwippend, hörte er den Jungen mit einem amüsierten Gesichtsausdruck zu und spielte dabei gedankenverloren mit einem großen Siegelring, den er aus seiner Schublade gefischt hatte.
»Ach, das«, sagte er gelangweilt, als sie ihren Bericht beendet hatten. »Da macht euch mal keine Sorgen, Jungs.«
»Wie? Keine Sorgen?« Peter sah den Mann entgeistert an. »Aber da oben –«
»Spukt es schon seit geraumer Zeit«, nahm Pickett dem Zweiten Detektiv das Wort aus dem Mund. Dabei riss er die Augen auf und fuchtelte albern mit den Händen herum. »Huhu!« Wieder halbwegs ernst fuhr er fort:
Weitere Kostenlose Bücher