Im Paradies deiner Kuesse
oft gezeltet. Wir haben zusammen geangelt, sind auf Berge geklettert und haben …“
„… Würstchen gegrillt?“
„Genau.“ Allie kam wirklich aus einer anderen Welt! Während er stets nach etwas Neuem suchte, immer unterwegs sein musste, hatte sie es durch ständiges Wiederholen und Routine zur Perfektion gebracht. Wie schaffte sie es nur, das auszuhalten? An ihrer Stelle würde er verrückt werden!
„Er muss sehr stolz auf dich sein“, bemerkte sie und stützte das Kinn in die Hand.
„Wer?“ Finn setzte sich neben sie.
„Dein Großvater.“
Er runzelte die Stirn und blickte starr in die züngelnden Flammen. „Er ist gestorben, als ich fünfzehn war.“
Obwohl sie schwieg, spürte er, dass sie seinen Schmerz verstand. Sie hatte viel Schlimmeres erlitten. Aber darüber reden mochte er trotzdem nicht. Wenn er mit ihr darüber sprach, musste er wieder darüber nachdenken. Und das wollte er auf keinen Fall!
„Das tut mir leid“, sagte sie schließlich.
Na bitte! Schon kroch dieses widerliche Gefühl in ihm hoch, das er seit Jahren zu verdrängen suchte.
Schnell sprang er auf. „Das muss dir nicht leidtun. Mach dir keine Sorgen.“
Schließlich hatte er sich auch keine Sorgen gemacht, damals, als er sich nach den Weihnachtsferien von seinem Großvater verabschiedet hatte. Doch bei seinem nächsten Besuch auf Skye hatte er keine Wanderschuhe und kurzen Hosen getragen, sondern einen schwarzen Anzug. Und statt der scheinbar unendlichen Weite der Heide hatte es für ihn nur die kleine, mit Kränzen geschmückte Friedhofskapelle gegeben.
Damals hätte er sich Sorgen machen sollen! Er hätte begreifen müssen, was für ein besonderer Mensch sein Großvater gewesen war. Und wie einsam und verlassen er sich ohne ihn fühlen würde.
Die meisten Menschen glaubten, die Wildnis sei leer. Was für ein Unsinn! In der Wildnis gab es Pflanzen, Bäume und alle möglichen Kreaturen. Riesig große und winzig kleine.
Leere hatte er nur am Grab seines Großvaters verspürt. Niemals in der Natur. Und diese Leere wollte er sich auf keinen Fall wieder ins Gedächtnis rufen.
Als Allegra aufstand, dachte er für einen Augenblick, dass sie ihn umarmen wollte. Zum Glück tat sie es dann doch nicht.
„Manche Menschen hinterlassen eine große Lücke, wenn sie gehen“, flüsterte sie wie zu sich selbst. „Eine Lücke, die wir kaum füllen können. Ganz gleich, wie sehr wir uns bemühen.“
Schweigend marschierte Finn zu einem Busch hinüber, brach einen Zweig ab und streifte die Blätter ab. Dann begann er, heftig im Feuer zu stochern. Er antwortete nicht. Wenn er ihr zustimmte, müsste er lügen.
In seinem Leben gab es keine solchen Lücken. Wenn man nie zur Ruhe kam, nahm man keine Leere wahr. Und sein Leben war immer hektisch und übervoll.
Doch dann beging Finn den Fehler, Allegra in die Augen zu sehen. Und ihr Blick löste etwas in ihm aus, das er nicht zulassen durfte. Sein Schutzpanzer durfte keine Risse bekommen!
Mit einer Kopfbewegung in Richtung Hütte erklärte Finn: „Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin geschafft.“ Und ehe Allegra etwas erwidern konnte, warf er den Stock ins Feuer und zog sich auf die Blättermatratze zurück.
Irgendetwas berührte sanft ihre Schulter. Um auszuweichen, rollte Allegra sich auf die andere Seite – und stieß gegen etwas Hartes. Etwas Warmes. Etwas, das ihren Namen raunte …
Verschlafen blinzelte sie und versuchte zu erkennen, was sich vor ihren Augen befand. Nach ihrem rasenden Herzschlag zu schließen konnte es Finn sein.
„Guten Morgen“, ließ sich eine wohlbekannte Stimme vernehmen.
Sie versuchte zu antworten, doch sie brachte nur unverständliche Laute über die Lippen.
„Das heißt wohl, du hast gut geschlafen?“
Nicht gut, aber besser.
Aber schon eine Sekunde später fiel alle Schläfrigkeit von ihr ab. Sie lag keine fünf Zentimeter neben Finn McLeod im Halbdunkel! Wie war das denn passiert?
„Zeit fürs Frühstück“, erklärte er fröhlich.
„Toast mit Räucherlachs und einen Cappuccino, bitte“, erwiderte Allegra und wünschte, er würde noch ein wenig bei ihr bleiben.
„Ah, dein Humor ist also schon wach“, stellte er lächelnd fest und richtete sich auf.
Komm zurück , hätte sie am liebsten gerufen. Bleib bei mir! So nah, dass sich unsere Lippen beinah berühren.
Doch das tat sie natürlich nicht, auch wenn sie in ihrem schlaftrunkenen Zustand Dinge tun wollte, die sie sonst nicht tun würde. An die sie normalerweise
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