Im Paradies deiner Kuesse
gut wie möglich aus dem Weg. Sie lachte leise.
Ich bin wirklich ein armseliges Ding. Da bin ich mit dem Mann meiner Träume allein auf einer paradiesischen Insel und traue mich nicht einmal, mit ihm zu reden!
Ärgerlich schüttelte sie den Kopf und konzentrierte sich ganz auf den Sonnenuntergang. Doch sowie der rote Ball im Meer versunken war, blieb ihr nichts anderes übrig, als zur Hütte zurückzukehren. Langsam wurde es kühler, und sie sehnte sich nach der Wärme des prasselnden Lagerfeuers.
Finn grillte bereits irgendwelche Fische, die er mit einer selbst gebauten Bambusharpune erlegt hatte. Allegra staunte nicht schlecht, wie lecker der Fisch in Kokosmilch schmeckte. Auch die Wurzeln, die Finn auf dem Weg zum Lager ausgegraben hatte, waren gekocht gar nicht übel. Doch schon bald wurden ihr die Lider schwer, und sie konnte kaum noch die Augen offen halten.
Mühsam unterdrückte sie ein Gähnen.
„Langer Tag heute, was?“, erkundigte sich Finn lächelnd.
Allerdings!
„Zeit zum Schlafen.“
Allegra nickte nur und kroch in die Hütte. Sie legte sich mit dem Kopf zur Türöffnung und blinzelte hinaus. Was für ein himmelweiter Unterschied zur vergangenen Nacht! Heute würde sie warm und trocken schlafen. Und die Blättermatratze hätte kaum gemütlicher sein können.
Wohlig seufzend rollte sie sich auf den Rücken. Wenig später spürte sie, wie Finn sich neben sie legte. Als sie den Kopf wandte, um ihm „Gute Nacht“ zu sagen, stellte sie fest, dass er in den Sternenhimmel blickte. Das Feuer warf weiche Schatten auf sein lächelndes Gesicht. Umwerfend sah er aus. Einfach zum Küssen!
„Sie lieben Ihren Beruf, stimmt’s?“, fragte sie leise.
„Hm.“ Er nickte. „Sie nicht?“
Zu Hause hätte sie ohne zu zögern mit „Ja, klar“ geantwortet. Doch hier … hier konnte sie sich nichts vormachen.
„Manchmal schon“, erwiderte sie schließlich. „Aber manchmal hasse ich es richtig.“ Sie atmete tief durch. „Eigentlich hasse ich es die meiste Zeit.“
Finn runzelte die Stirn und richtete sich auf. „Warum tun Sie etwas, das Sie hassen?“
Allegra wandte sich ab und beobachtete die tanzenden Schatten, die das Feuer an die Hüttenwand warf.
„Manchmal muss man eben tun, was von einem erwartet wird. Oder machen Sie in Ihrer Sendung nie etwas, nur um die Produzenten zufriedenzustellen? Um niemanden zu enttäuschen?“
„Doch“, gab er leise zu. „Und wer hat von Ihnen erwartet, dass Sie Primaballerina werden?“
„Alle“, erwiderte sie prompt.
Finn lachte. Aber als er merkte, dass sie nicht scherzte, wurde er ernst.
„Seit dem Tag, als ich zum ersten Mal Ballettschuhe übergestreift habe, wurde ich von allen Seiten genau beobachtet“, erklärte sie. „Das Interesse war groß, ob ich wohl das Talent meiner Mutter geerbt hätte. Und das hatte ich. Meine Mutter freute sich sehr darüber. Als ich acht Jahre alt war, starb sie. Doch beim Tanzen spürte ich sie immer in meiner Nähe. Als ob sie durch die Bewegungen zu mir sprechen würde.“ Sie lachte leise. „Das klingt albern, oder?“
„Nein, gar nicht“, erwiderte Finn ernsthaft. „Das klingt nach einem kleinen Mädchen, das seine Mutter vermisst hat.“
Allegra lächelte. Finn wusste immer das Richtige zu sagen und sprach es unumwunden aus.
„Ich bin in dem Glauben aufgewachsen, das Ballett wäre die Liebe meines Lebens“, fuhr sie nachdenklich fort. „Aber ich glaube, ich habe die Erinnerung an meine Mutter mit der Leidenschaft für die Bühne verwechselt. Heute frage ich mich, ob ich wirklich dafür geboren bin. Man muss so viel für diese Karriere opfern. Mehr, als ich zu geben bereit bin.“
Oh nein! Hatte sie das wirklich gerade gesagt? Allegra Martin fragte sich, ob sie für die Bühne geschaffen war? Jetzt musste doch die Welt aus den Fugen geraten und die Sonne um die Erde kreisen! Aber nichts dergleichen geschah.
„Ich dachte immer, ich hätte diesen Weg gewählt. Stattdessen wurde er mir von der Wiege an vorgezeichnet. Ich lebe den Traum meiner Mutter, nicht meinen eigenen! Trotzdem habe ich ihn immer in Ehren gehalten. So wie die Saphirbrosche, die sie mir vererbt hat.“ Sie schloss die Augen. „Und dabei fühle ich mich noch schrecklich undankbar. Tausende von Tänzerinnen würden einen Mord begehen, um an meiner Stelle zu sein. Aber es ist furchtbar, ein Talent zu haben, das man nie haben wollte und dem man trotzdem alles andere unterordnen soll.“
„Dann gib das Tanzen auf“, sagte Finn sanft
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