Im Pfahlbau
Hirschschädel sowie den Bären- und den Bockschädel mitnahm. Eva nahm die Bildstöcke der Ahnen, sie sollten in der Nähe der Feuerstelle in ihrer Pfahlhütte einen neuen Ehrenplatz finden. Während sie andächtig das tönerne Bildnis der Ahnl betrachtete, dessen tröstlichen Anblick sie lange entbehrt hatte, bat sie die Verstorbene um Rat, was sie tun solle, um wieder kräftig und gesund zu werden. Als ihr dabei der Gedanke kam, in den ledernen Schlagbeutel Wasser und Schafgarbenblüten zu tun und einen erhitzten Stein hineinzulegen, um so einen Heiltrank zu bekommen, nahm sie an, Gott und der Geist der Ahnl hätten ihr dies geraten. Sie kochte sich also im Ledergefäß den würzigen Trank und schlürfte ihn warm. Und wirklich – ihr wurde besser, und nun glaubte sie erst recht an eine übernatürliche Hilfe.
Gebrannte Tonscherben
Mit der Gesundheit kehrte auch Evas Schaffenslust wieder. Unaufgefordert stellte sie in Peters Pfahlhütte den Bodenbelag und die Wandverdichtungen her. Jetzt wartete sie auf eine Gelegenheit, ihr Gelübde zu erfüllen. Auf ihrem plumpen, tiefgehenden Fahrzeug gelangte sie um die Mittagszeit an die Moorbachmündung. Sie eilte, sorgfältig nach allen Seiten spähend, um einer Begegnung mit Peter auszuweichen, zur Brandstätte, wo sie unter der Asche ihren Goldvorrat zu finden hoffte.
Die Asche war auseinandergefegt, der hart und rissig gewordene Bodenbelag aufgewühlt, und in der Grube unter ihrem früheren Lager glänzten nur drei mit Sand zusammengebackene Goldkörnchen. Der Schatz war fort!
Weinend kauerte sie an der Unglücksstätte, während sie den zerwühlten Boden fieberhaft absuchte und mit zitternden Fingern die Lehmstücke des geborstenen Bodenbelags hin und her wendete. Da stutzte sie: Diese Lehmbrocken klangen so eigentümlich! Sie nahm einen, der sich beim Brennen schalenförmig geworfen hatte, und betrachtete ihn aufmerksam. Er war rötlich und hart. Seine nach oben gekehrte Fläche wies die Fingerabdrücke auf, die Eva beim Glattstreichen des Lehmbelags gemacht hatte.
Sie tat die Goldklümpchen in die Schale und eilte heimwärts. Die Lehmscherben in der Höhle ließen ihr keine Ruhe. Immer wieder betrachtete sie das Ding, das sie mitgebracht hatte, dann knetete sie aus einem flachgewalzten Lehmstück ein dünnwandiges, beutelförmiges Gefäß und stellte es zum Trocknen in die Nähe des Herdes. Damit es noch härter werde, ließ sie es zwei Tage später vom Feuer beschmauchen. Beim ersten Kochversuch mußte sie das ungefüge Gefäß durch unterlegte Steine stützen, damit esim Feuer aufrecht stand. Knacks! machte es – das Gefäß war zersprungen.
Ach, sie hätte Peter vorher um Rat fragen sollen! Peter fragen? Nein, der hatte ihr das Gold gestohlen. Vielleicht fand sie es in seiner Hütte. Ihre Suche nach dem Schatz blieb vergeblich; nur Tonscherben fand sie, die er von ihrer Brandstätte eingetragen hatte. Ein tiefes, gewölbtes Stück enthielt eine Masse aus Wachs und Harz, ein anderes stand als Salzschüssel neben seiner Feuerstelle; es war mit rußgeschwärztem Harz eingelassen. Scherben, Wachs, Harz, Salz, nur kein Gold. Er mußte es gut versteckt haben. Und es gehörte doch ihr! Enttäuscht verließ sie seine Hütte.
Eva hatte alles Vertrauen zu Peter verloren. Unabhängig wollte sie werden, nichts von ihm verlangen, was sie sich selbst beschaffen konnte. Was sie von ihm empfing, das wollte sie durch Gleichwertiges vergelten und nie mehr in seiner Schuld stehen. Ihre eigenen Tag- und Wochenzeichen wollte sie haben: für jede Woche einen Stab, darauf für jeden Tag einen Strich. Sie begann sofort damit, auf dem ersten Stab die Striche nachzutragen, für die Tage seit der Überschwemmung der Wohnhöhlen. Für die Ereignisse selbst erfand sie Zeichen, die nur ihr verständlich waren. So stellten ein paar waagrechte Ritze das große Wasser vor, ein paar zungenförmige den Brand; auch den Pfahlbau deutete sie mit wenigen Strichen an, und einige Ringlein standen für die geraubten Goldkörner.
*
Im Moorgrund reiften die Heidelbeeren, und auf der Wiese zwischen dem Fuchsenbühel und den Salzwänden wuchsen noch dichte Bestände von Schwadengras. Um die Körner nicht mehr mit den Händen enthülsen zu müssen, machte sie aus einem Buchenstrunk einen Holzmörser. Mit glühenden Holzkohlen, die sie mit einem Entenflügel fächelte,brannte sie eine tiefe Höhlung aus, die sie zum Schluß mit Granitsplittern glättete. Mit einem Fichtenstößel bearbeitete sie
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