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Im Pfahlbau

Im Pfahlbau

Titel: Im Pfahlbau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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Gespannt sah sie zu, wie die Flammenzungen an den Brennstücken leckten. Wieder knatterte es: Abgesprengte heiße Tonsplitter trafen ihre Schienbeine. Ein scharfer Knall – Asche, Funken und winzige Scherben flogen bis an die Wände. Eine der beiden Schalen, gerade die zuletzt geformte, die schönste, war zerplatzt. Eva griff mit beiden Händen an ihre Schläfen und starrte ins Feuer.
    Unversehrt stand das Bildstöckl der Ahnl über den züngelnden Flammen. Eva hielt den Atem an. Ein zweiter Knall – von der ersten, größeren Schale war die obere Hälfte rundherum abgesprungen. Gleich darauf barst auch der Boden des Gefäßes. Das Bild der Ahnl aber war ganz. Evanahm diesen natürlichen Vorgang als neuen Beweis für die Heiligkeit des Ahnenbildes. In Wirklichkeit war das Figürchen von der Herdhitze längst ausgetrocknet, aber das bedachte Eva nicht.
    Am Morgen nach der schlaflosen Nacht, während der sie rund um das Bildstöckl ein starkes Feuer gemacht hatte, sahen ihre schmerzenden Augen das Bild der Ahnl rotgebrannt über der Asche stehen. Aber ihr Eifer für die Topfbrennerei war vorläufig dahin. Sie wollte die übrigen Töpfe und Näpfe nicht auch noch gefährden und beschloß, die Gefäße auf der Herdmauer in der Wärme des Feuers hart werden zu lassen. Eva vergaß nicht, sie von Zeit zu Zeit zu wenden, damit die Wärme alle Seiten erreichte. Wenige Tage später gelang es ihr, einige vorgetrocknete Töpfe vom Rauch eines mäßigen Feuers bestreichen zu lassen und so zu härten, daß Wasser sie nicht wieder aufweichen konnte.
     

Webstuhl und Quirlbohrer
    Eva war im letzten Jahr so in die Höhe geschossen, daß der alte Lendenschurz ihr längst zu kurz geworden war. Schmutzig und unansehnlich hing er an ihr; abgesehen davon gefiel er ihr auch nicht mehr. Sie dachte an ihre Webkünste und machte sich sofort an die Vorbereitungen. Stillvergnügt saß Eva auf einem Reisigbündel vor einem Holzklotz mit Ruten darauf. Mit der Linken drehte sie die Ruten, während die Rechte einen Knüttel schwang. Ihre Augen verfolgten das stille, wechselvolle Leben des Moores. Unterhalb der Hütte, wohin die Strömung die Abfälle des Haushaltes trug, wimmelte es von kleinen Fischen. Ab und zu wurde einer von einer Forelle geschnappt. Dieanderen stoben auseinander und suchten sich unter den flutenden Büscheln der grünen Fadenalgen zu verstecken. Die Hartnäckigkeit, mit der die kleinen Allesfresser sich immer wieder zusammenfanden, die Regelmäßigkeit, mit der sich die Überfälle der Forellen wiederholten, brachten Eva auf einen Gedanken: Hier könnte sie sich, wenn sie es richtig anpackte, Fische verschaffen! Man müßte aus dünnen Bastfasern ein langes, sackartiges Netz flechten, Lockfutter hineintun und das Netz in die Strömung hängen... Die kleinen Fische würden sicher hineingehen, und die großen ... die großen würden ebenso sicher folgen.
    Ihre Gedanken eilten den flink arbeitenden Händen voraus, die den Bast Streifen für Streifen vom Holz lösten und zu langen Strähnen zusammenbanden. Eva dachte an ein dünnes Unterkleid für die Nacht und an ein derberes für den Tag, an Fischnetze, an einen verbesserten Herd und an vieles andere. Vor einem der Gucklöcher ihrer Hütte spann gerade eine Spinne ihr kunstvolles Netz. Eva stand auf und schaute zu, wie die Weberin die Fäden zog und verband. Was das Tierchen durch Aneinanderkleben der Fäden erreichte, mußte Eva durch Verknüpfen erzielen. Das war ihr klar. Die neuen Kleider können warten, wichtiger ist jetzt ein Fischnetz! dachte sie und machte sich ans Werk. Als sie am Spannstab ihres Flechtgerätes die Längsfäden aufgereiht hatte, ärgerte sie sich, daß sie jedesmal, wenn sie den Knoten schlang, an den Kreuzungsstellen den Querfaden in seiner ganzen Länge durchziehen mußte. Das hielt auf! Da besann sie sich auf ihre Flechtnadel, die allerdings in der Erdstube verbrannt war. Sie nahm ein fingerdickes Schilfstück, schabte es an der einen Seite der Länge nach ab und schnitt beide Enden zu einer Gabel. Und nun wickelte sie den Faden zwischen die Kerben und freute sich, daß ihr wieder etwas gelungen war. Vor neuem machte sie sich an die Arbeit am Netz.
    Aber sie fand ihr Werk so schlecht und unregelmäßig, so stümperhaft im Vergleich zu dem Spinnennetz, daß sie das häßliche Geflecht herunterriß und wegwarf. Sie holte Waldreben und band daraus drei Ringe: den ersten eine Armlänge, den zweiten kleiner, den dritten nur eine Handspanne im

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