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Im Pfahlbau

Im Pfahlbau

Titel: Im Pfahlbau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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die Körner, die noch in den Fruchthüllen steckten, schüttete sie dann auf einen Tonscherben und blies mit vollen Backen die abgeriebenen Spelzen heraus.
    Für den Fischfang ersann Eva eine Art Falle, von der sie sich sicheren Erfolg versprach: drei birnförmig geflochtene Körbe, die so ineinander geschachtelt wurden, daß sie ihre breiten Öffnungen der Strömung zukehrten. Die offene Spitze des vordersten führte in den Bauch des zweiten, die offene Spitze des zweiten in den Bauch des dritten, dessen Endruten sie fest verschnürte. Da Eva nicht wußte, was den Fischen schmeckte, tat sie in die Körbe Brunnenkresse und Nesseln, Wurzeln der wilden Möhre, Beeren, aber auch Regenwürmer und Nachtschnecken. Die so beköderten Fischreusen beschwerte sie mit eingelegten Steinen, schnürte sie fest an eine Stange, hängte das Ganze an einen Strick aus Waldreben und ließ es unter ihrer Hütte ins strömende Wasser sinken.
    Schon am nächsten Frühmorgen, Peter schlief noch, sah sie nach den Reusen und fand darin zu ihrem Erstaunen statt Fischen viele zappelnde Steinkrebse, nicht größer als ihr Mittelfinger, aber mit mächtigen Scheren. Einen um den anderen hob sie vorsichtig aus seinem Gefängnis und tat ihn zunächst in einen Korb; später warf sie die Krebse allesamt ins Feuer und bereitete ihnen so einen raschen Tod. Das Braungrün der Tiere verwandelte sich dabei in ein gelbliches Rot. Eva hob sie mit einer Zweiggabel einzeln ausder Glut, zerbrach die Krusten und tat das weiße Fleisch auf einen gebrannten Tonscherben.
    Mit ein wenig Salz und Kerbelkraut gewürzt, ergaben die Krebse ein vorzügliches Essen. Evas Selbstvertrauen stieg. Entschlossen ging sie daran, ihren Feuerkorb auszubessern. Als sie ihn umstülpte, fielen die hartgebrannten Bruchstücke des alten Lehmbelags heraus, an der Außenseite geschmückt mit den Abdrücken des Korbgeflechts! Der Bodenscherben war eine harte Schale, etwa eine Handlänge tief. Der könnte ein gutes, dünnwandiges Kochgefäß abgeben! Und so hatte die mühsame Kocherei mit erhitzten Steinen plötzlich ein Ende. Was vorher Plage war, wurde ein Vergnügen. Die Erfahrung, daß geformter, vorgetrockneter Lehm sich im Feuer klingend hart brennen ließ, reizte Eva zu weiteren Versuchen.
    Sie knetete neue Gefäße und hielt sich zunächst an bewährte Vorbilder: die hohle Hand, die Schädeldecke des Rehes, den Muldenstein, alles Gefäße mit rundgebauchten Böden. Aus dem Feuerkorb war eine flache Schale gefallen. Was Eva nun aus feuchtem Lehm gestaltete, übertraf alle Vorbilder; denn von Stück zu Stück wurde die Töpferin geschickter.
    Peter, von Evas Beispiel angespornt, steckte jetzt bis über die Ohren in Versuchen. Den Brei vermißte er nicht, da er unweit der Goldbachmündung massenhaft halbreife Wassernüsse erntete und im nahen Jungholz genug gelbe Röhrlinge fand. Aus diesen Pilzen und den zerdrückten, kastanienähnlich schmeckenden Nußkernen bereitete er sich in einem Tonscherben sein tägliches Mus; ab und zu briet er Fische und Wasservögel.
    Von ihren Flechtarbeiten her lag es für Eva nahe, größere Gefäße aus aufeinandergelegten Wülsten herzustellen, die sie erst mit dem nassen Finger, dann mit einem rundlichen Kieselstein glatt verstrich. Während dieser Arbeit erinnertesie sich, welch zierliches Muster das Rutengeflecht auf der Oberfläche der Bodenschale aus dem Feuerkorb ergeben hatte. Und so machte sie sich ans Werk und ritzte kreuzweise Striche und Punkte in den feuchten Lehm. Was sie tat, machte den Topf weder besser noch schlechter; aber ihr gefiel das Muster, sie hatte Freude am Schönen.
    Eva zweifelte nicht am Gelingen ihrer Töpferarbeiten und entschloß sich, auch das tönerne Bildstöckl der Ahnl, das an einzelnen Stellen abgesplittert war, durch Brennen zu härten und so vor weiteren Schäden zu schützen. Um den Fußboden ihrer Stube nicht zu gefährden, pflasterte sie die Herdstelle mit einer doppelten Lage flacher Steine und erhöhte den Herdwall zu einer kniehohen Mauer, die das Feuer an drei Seiten umgab; die vierte Seite blieb als Heizloch offen.
    Nach einigen Tagen, die Herdmauer war nur oberflächlich trocken geworden, fachte sie ein mächtiges Feuer an, dem sie ihre Töpfereien anvertrauen wollte.
    Ängstlich lauschte sie auf das Knistern und Knattern des Lehms der Herdmauer, der in der Hitze trocknete und splitterte. Sie legte Steine in die Flammen und stellte das Bildstöckl der Ahnl und daneben die zwei ersten Schalen darauf.

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