Im Pfahlbau
Trümmer erzführenden Gesteins heraus. Dabei kam allerlei Unerwartetes zum Vorschein: gelb, rot und blau gescheckte Steine (Buntkupferkies) und schwere, weißlichgrau glänzende Erze, die er noch nie gesehen hatte (Bleiglanz). Seltener fand er weiße und grünliche, bläulich schimmernde Würfel (Flußspat) und schwärzliche Säulen (Zinnstein). Ob sie Metall enthielten oder nur Schlackenbildner waren – er nahm sie mit.
Nun war Peter nicht mehr darauf angewiesen, aus dem vom Frost abgesprengten Haldengestein die Erzstücke auszuklauben, er konnte überall Feuer setzen, wo ein Erzlagerzutage trat. Da aber die Funkensteine als Mittel zum Feuermachen nicht zuverlässig waren, fertigte Peter einen tragbaren Feuerbohrer an. Es war nur ein trockener Hartriegelstab mit einem Wulst, auf den er einen Wirtel aus gebranntem Ton steckte. Dazu gehörte ein Speckstein, mit dem er den Bohrstab von oben her leicht drückte, so daß dessen unteres Ende sich in der Vertiefung des unterlegten Holzblockes drehen mußte, wenn er den Bohrstab mit der darumgewickelten Bogensaite rasch hin und her drillte. Zunder vom Buchenschwamm trug er immer bei sich.
Die Jagd auf Rehe zwang Peter zu einer neuen List. Das Wild war scheuer geworden und zog sich, sobald es den Jäger witterte, zurück. Es nützte nichts mehr, wenn er Gesicht und Hände mit Lehm und Rötel färbte. Er mußte etwas anderes versuchen und verfiel darauf, sich das frische Fell eines Rehbocks anzulegen. Unter der Tiermaske gelang es ihm, an die Beute heranzukommen.
Nicht selten rannte ein angeschossenes Stück davon, den Pfeil mit der Stein- oder gar mit einer kostbaren Bronzespitze im Leibe. Der aus freier Hand geschleuderte Stein und auch die Wurfkeule waren zwar wuchtige Waffen, die weiter reichten als seine Faust. Als sich aber einmal der Steinkopf aus der geschwungenen Keule löste und allein durch die Luft sauste, sah Peter sofort den Vorteil, aus dem gespaltenen Klemmstab das Wurfgeschoß in die Ferne zu schleudern. Es dauerte nicht lange, bis die Lederschlinge als Schleuder den Klemmstab ablöste. Peter lernte auch diesetödliche Waffe so geschickt zu handhaben, daß er damit aus großer Entfernung ein Reh zu Boden streckte, das, vom Stein am Kopf getroffen, zusammenbrach. Aus reiner Lust an der neuen Fertigkeit warf Peter auch nach leblosen Zielen, und das kam seiner Treffsicherheit zugute. Einmal drang der Schleuderstein durch die Rinde eines hohlen Ahorns, in dem ein Bienenvolk hauste. Peter räucherte die Bienen aus und beraubte sie ihrer honigschweren Waben.
Eva, die von früher her wußte, wie gut sich Honig zum Süßen eignet, nahm den ganzen Vorrat für die Küche; auch einen Teil des Wachses behielt sie zum »Wachseln« von Fäden. Sie hatte bei allen ihren Arbeiten das Gefühl, sich den Anteil an Peters Beute-Erträgen zu verdienen. Außer auf ihren Erntegängen, bei denen sie ab und zu erfolglos nach Gold suchte, entfernte sie sich nie weit von Haus und Hof, an dessen Umzäunung Fischnetze hingen und die Siedlung von der Außenwelt abschlössen. Diese Abgeschlossenheit gefiel ihr. Die Vorsorge für den kommenden Winter machte viel Arbeit. Das Fleisch der Beutetiere war vorzubereiten, ehe sie es in die Räucherkammer hängen konnte. Erfahrung hatte sie gelehrt, daß das Fleisch durch wochenlanges Einlagern in Salzlake, die mit Wacholderbeeren, Gundelkraut, Wildkümmel und Lauch durchsetzt war, schmackhafter und haltbarer wurde. Eva säumte auch nicht, das reine Speisefett in eigenen Töpfen zu zerlassen und durch irdene Deckel vor Staub zu schützen. Für das Abfallfett, das sie beim Schaben der Felle und beim Reinigen des Gedärms gewann und zur Kerzen- und Seifenbereitungsowie zum Einfetten des gegerbten Leders brauchte, hatte sie besondere Körbe, die unter dem Fußboden ihrer Hütte im Freien standen. Zum Zwirbeln der gereinigten Därme, die als starke Bindfäden und Bogensaiten dienten, benutzte sie ein einfaches, selbsterfundenes Gerät: einen zickzackförmigen Asthaken mit zwei Kniebiegungen. Sein kürzeres Ende war als Achse in einen tragbaren Strunkständer eingelassen, das längere ergab den Griff für eine Kurbel. An einem Asthaken an der Außenwand ihrer Hütte band Eva das eine Darmende fest, das andere an der Kurbelachse; dann trug sie den Kurbelständer so weit weg, bis der Darm gespannt war, und drehte die Kurbel so lange, bis er die gewünschte Fadendrehung hatte. Zum Schluß spannte sie die Saite zwischen Zaun und Hütte und ließ sie
Weitere Kostenlose Bücher