Im Pfahlbau
jämmerlich, daß er nur noch vom Niederreißen und Neubauen sprach. Mehr denn je wünschte Eva, sich ganz mit ihm auszusöhnen.
Als die ersten Schneefälle die Jagd erleichterten, brachPeter täglich schon im Morgennebel auf. Den schützenden Feuerkorb brauchte er längst nicht mehr, er war stark, er hatte Waffen aus Metall und war bereit, es sogar mit einem Bären aufzunehmen. Mit seiner blattartig flachgeschmiedeten, zweischneidigen Speerspitze, deren rauher Ansatzdorn fest im Holzschaft eingelassen und verpicht war, hielt er sich für unüberwindlich.
Er beneidete den Fuchs, dessen feiner Spürnase nichts entging. Wenn er sich den schlauen Vierfüßer zum Jagdgenossen machen könnte ...?
Und an die Wildziegen, an die Abkömmlinge der Geiß, die der Ähnl damals mitgebracht hatte, und die mit den Steinböcken durchs Gewand gezogen war, wollte er endlich auch heran. Er hatte sich ein neues Jagdgerät ausgedacht, mit dem er eine Wildgeiß zu fangen hoffte: einen langen Riemen mit einem nußgroßen Metallstück am Ende, den er kurzgerollt am Gürtel trug. Es mußte doch möglich sein, diesen Riemen so zu schleudern, daß er sich um die Beine des Beutetieres schlang und Peter es lebend fangen und als Milchtier heimbringen konnte. Zur Übung wandte er das neue Gerät bei der Jagd auf Rehwild an, und zweimal gelang es ihm, ein Kitz zu erbeuten. Als er sich aber wiederholt beim Wechsel der Wildziegen unweit der Salzlecke auf die Lauer legte, bekam er keines der Tiere zu sehen, sie hatten ihn schon längst gewittert und sich verzogen. Da dachte er an eine Fallgrube, aber es war schwierig, im Gelände der Salzwände eine geeignete Stelle zu finden.
Den beiden Pfahlbauern fehlte es weder an Nahrung noch an Brennstoff, und so verbrachten sie die Wintertage in den besser gebauten Hütten recht behaglich, aber nicht müßig. Dickes, glattes Eis bedeckte die beiden Seen, so daß der mit der Nessel- und Schilfernte beladene Schlitten leichtdarüber hinglitt, viel leichter als Peter, den die Fellschuhe an seinen Füßen behinderten. Im Allerlei suchte er zwei Mittelfußknochen des Hirsches, den er im Alten Steinschlag gefunden hatte, durchlochte sie an zwei Stellen, zog Lederstreifen durch und befestigte sie an seinen Füßen. Je abgeschliffener diese einfachen Schlittschuhe wurden, um so sicherer glitt Peter auf dem Eise dahin. Die neue Fortbewegungsart bereitete ihm zudem großes Vergnügen, da es ihm von Mal zu Mal weniger schwerfiel, auf den fast drei Finger breiten Gleitflächen der Knochenschlittschuhe das Gleichgewicht zu bewahren.
Als der Frühling kam, hielten Suchgänge nach den Steinschlägen und Arbeiten am Töpfer- und Schmelzofen Peter in Atem. Eva, die beim Sammeln von Wildgemüse oft in die Nähe des Fuchsenbühels kam, geriet eines Morgens in die gefährliche Nähe einer niedergehenden Steinlawine. Knatternd, prasselnd sprangen und stürzten die Blöcke. Schreckgelähmt starrte Eva zur Steinschlagleiten hinüber, deren Geröll mit hellem, frisch niedergebrochenem Gestein und Grus übersät war. Erst als die in Bewegung geratenen Massen wieder ruhig im Sonnenschein lagen, wagte sie sich klopfenden Herzens näher. Mitten im knospenden Randgehölz des Laubwaldes unter den Südwänden stieg sie in die Krone einer Fichte, um einen besseren Überblick zu haben. Noch nie hatte sie gewagt, einen frischen Steinschlag nach Beute abzusuchen, wie Peter es zu tun pflegte. Da fiel ihr die abgebrochene Krone einer jungen Eberesche auf. Darunter lag etwas Zottiges, Braunes und rührte sich nicht. Langsam glitt Eva zum Boden nieder. Was sie sah, war ein toter junger Bär, der sich mit verwundetem Kopfe bis hierher geschleppt hatte. Von Peter unbemerkt, schleifte sie das Jungtier heim, dessen zartes Fleisch wohl viele Mahlzeiten ergeben mochte. Nun besaß auch Eva ein Bärenfell, eine warme Schlafdecke für den Winter!
Peter war tagsüber bei den Öfen beschäftigt, und an mondhellen Abenden saß er lange irgendwo im Geäst einer Baumkrone, um das nächtliche Treiben des Wildes zu beobachten, das er Eva zuliebe in der Setzzeit schonte. Auf Füchse hatte er es besonders abgesehen; wenigstens einen jungen Fuchs wollte er lebend einfangen und ihn zum Jagdgehilfen abrichten. Drüben im Gehänge der Salzleiten entdeckte er einen neuen Fuchsbau; im regenfeuchten, ausgeworfenen Lehm davor hatte er neben den Spuren der Fähe die kleinen Pfotenabdrücke junger Füchse gesehen. Sofort faßte er den Entschluß, die Welpen auszugraben.
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