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Im Pyjama um halb vier (German Edition)

Im Pyjama um halb vier (German Edition)

Titel: Im Pyjama um halb vier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob M. Leonhardt , Gabriella Engelmann
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genau das das Problem. Robby kann zwar nicht laufen – aber ansonsten ist er zu 100 % normal. Ich glaube, er möchte nicht mehr Mitleid oder Respekt von anderen Leuten als jeder andere Mensch auch. Auch oder besonders nicht an diesen »schwarzen Tagen«, wie er es nennt, also in den Zeiten, in denen er einfach nur wütend ist und niemanden sehen möchte. Aber mal ehrlich, kennt solche Phasen oder Momente nicht jeder von uns? Ich jedenfalls schon. Das Problem bei Robby ist nur, dass er nichts mehr tun oder sagen kann, ohne dass alle Leute sich sofort Sorgen um ihn machen. Alle gehen davon aus, dass jede Stimmung, jedes Problem ja immer selbstverständlich etwas mit seinem Handicap zu tun haben muss. Dabei hat er halt auch einfach mal nur so schlechte Laune. Und das führt nur dazu, dass er umso wütender wird. Na ja und jetzt fangen meine Eltern auch noch an, so zu tun, als ob er eben nicht nur querschnittsgelähmt ist, sondern auch insgesamt einen Knall hat.
    LULU:
    Mit Stimmungsschwankungen kenne ich mich bestens aus und mit dunklen Phasen auch – von daher hat dein Bruder mein vollstes Verständnis. Deine Eltern machen sich sicher riesige Sorgen und sind vermutlich kräftemäßig am Limit, also versuch, nicht zu hart zu ihnen zu sein, wenn’s geht. Bei Robbys Musikgeschmack kann ich allerdings nicht so mitgehen (wenn schon Krach, dann eher Punkrock. I love Campino ª ).
    BEN:
    Campino ist cool. Der hatte gerade Geburtstag, ist 100 geworden oder so. Unglaublich, voll der Rentner (du bist übrigens das erste Ballett-Girl, das ich kenne, das auf Punkrock steht).
    Aber Robby mag mehr so die richtig harten Sachen. Helloween und so. Speed Metal. Du musst dir das so vorstellen: Sein Zimmer (er hat das größte im Haus) ist ziemlich leer, damit er sich mit dem Rolli gut darin bewegen kann. Und an der Wand stehen diese riesigen Musikboxen, mit denen man auch ein mittelgroßes Stadion beschallen könnte. Die dreht er dann voll auf, sitzt mitten im Zimmer und lässt sich von der Musik förmlich massieren. Ich bin ab und zu dabei, wenn er das macht (auch wenn Heavy Metal nicht gerade mein Ding ist). Aber ich bin nun mal einer der wenigen Menschen, die Robby auch um sich erträgt, wenn er diese düstere Laune hat. Nur kann ich bei solcher Musik nicht ruhig sitzen bleiben. Ich springe dann wie ein Verrückter im Zimmer rum, headbange, schreie, spiele Luftgitarre. Irgendwann stecke ich Robby mit meinem Rumgehüpfe an – er wirbelt dann im Rollstuhl ebenfalls herum, schüttelt sich, tanzt, spielt »Luft-Drums«. Das geht dann so lange, bis wir völlig kaputt sind. Dann machen wir die Musik aus, sodass es ganz still ist. Wir sehen uns an und müssen lachen. Diese Momente mit ihm sind so cool und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass das alles vorbei sein soll, wenn Robby wirklich aufs Internat muss!
    LULU:
    Habe mich gerade in euch zwei verliebt!
    BEN:
    Danke. Hab dich auch echt gern, Lulu.
    LULU:
    Ist das mit dem Internat denn wirklich schon beschlossene Sache?
    BEN:
    Nein, aber so gut wie. Meine Eltern sagen halt, dass sie es einfach nicht mehr hinkriegen mit Robby. Weil er eben immer jemanden braucht, der ihm hilft. Meine Mutter hat vor kurzem ein Job-Angebot bekommen (sie hat bisher nur halbtags gearbeitet). Wenn sie das annimmt, könnte sie sich halt auch nicht mehr so viel um ihn kümmern. Sagt sie. Dabei ist Robby sowieso den ganzen Tag in der Schule. Ich habe das Gefühl, meinen Eltern wird es einfach zu viel mit ihm. Sie streiten sich oft wegen Robby – schließlich haben sie sich ihr Leben auch nicht so vorgestellt. Mit einem Kind im Rollstuhl… Aber wenn sie ihn abschieben, dann haue ich auch ab. Garantiert!
    Wie sind eigentlich deine Eltern so? Sind deine Eltern auch solche Monster wie meine?
    LULU:
    Wenn du abhauen willst, dann nimm deinen Robby und komm zu mir nach Hamburg! (Ich besorg auch vorsorglich eine XXL-Packung Ohrstöpsel.) Obwohl meine Eltern natürlich auch ab und zu ihre »Momente« haben, kommen wir im Großen und Ganzen ganz gut miteinander klar. Will jetzt nicht behaupten, dass wir 4 immer in reinster Harmonie zusammenleben (vor allem, wenn es darum geht, dass ICH immer den Frühdienst mit Paulchen übernehmen und bei Wind und Wetter mit ihm rausmuss, wo ich doch gerade um diese Uhrzeit viel, viel besser in meinem Bett aufgehoben wäre). Meine Mom arbeitet als freie Übersetzerin von zu Hause aus, was bedeutet, dass sie viel (manchmal auch zu viel!) Zeit für Fynn und mich hat. Meinem

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