Im Rachen des Alligators
Morgen muss man den Wagen mit dem Schlauch ausspritzen, also verbringt man im Winter zwei Wochen in Florida, die Kids werden keinen Cent sehen, wenn man erst mal hinüber ist, denn alles wird für das Altenheim draufgehen, Notgroschen, dass ich nicht lache, und bitte lieber Gott, lass mich im Schlaf sterben, ehe es so weit kommt.
Die Taxifahrer sind eine Klasse für sich, das weiß Frank, aber sie haben ein Auge auf ihn, weil er so hart arbeitet, sie machen sich darüber lustig, dass er so dünn ist, und frotzeln über sein Würstchen, aber in erster Linie passen sie auf ihn auf, denn wenn er nach einer Nacht am Hotdog-Stand die George Street verlässt, kann er duchaus mal fünfhundert Dollar in der Tasche haben.
So ein junger Kerl, sagen sie.
Um vier Uhr morgens will jeder einen Hotdog, erklären die Taxifahrer, während sie ihr Portemonnaie aus der Tasche ziehen und ihm einen Fünfer reichen, und dann schauen sie in den Nebel oder Regen und warten, bis das Würstchen gegrillt ist.
Gib mir ein paar, wie heißen die Dinger, Pepperoni dazu, mein Magen wird’s mir danken.
Viel los heute Nacht, erzählen sie ihm.
Ob du wohl auch ein kaltes Getränk hättest, Frank?
Hast du eigentlich eine Freundin, Frank? Du hast doch bestimmt eine Freundin, sagen sie.
Guck ihn dir an, unseren Frank, wie rot er wird.
Er hat garantiert eine Freundin.
Ganz schön viel los heute, Frank, sagen sie zu ihm. Gib mir mal ein paar von den Servietten da. Die Taxifahrer kommen rüber und unterhalten sich mit ihm, ob sie nun einen Hotdog wollen oder nicht.
Frank hat noch nie einen Hotdog verschenkt.
Die Taxifahrer verstehen das vollkommen.
Ein paar Leute stehen draußen vor dem Ship Inn, um sich abzukühlen oder eine zu rauchen. Sie hat einen Strassstein im Nabel. Sie ist schlank, ihre Arme sind golden, ihr Hals ist golden, und ein Gummiband rutscht ihr über die Hüfte, von ihrem roten String, und der Gedanke, den Finger unter dieses Gummi zu schieben, macht ihn schier verrückt. Er würde das Gummi gern zwischen die Zähne nehmen. Sie hat die Arme über den Kopf gehoben, ihr Gesicht ist schräg nach unten geneigt, und sie beißt sich auf die Unterlippe, um nicht zu lächeln, weil sie so sexy ist.
Wenn er ihr nur die Hälfte seiner Geschichte erzählen könnte, würde sie sich in ihn verlieben.
Wenn sie ihm ein wenig von ihrer Zeit schenken würde.
Damit er ihr ein bisschen was erzählen könnte.
Er hat gesehen, wie sie mit dem Typ getanzt hat, der hier der Dorftrottel ist, ein geistig Zurückgebliebener, und dieser Zurückgebliebene trägt eine Brille, durch die seine Augen glubschig aussehen, und ist auf eine Art dünn, die Medikamente vermuten lässt, und er atmet durch die zusammengebissenen Zähne und versprüht Speichel, aber das scheint ihr nichts auszumachen. Sie tanzt mit geschlossenen Augen, und wenn sie die Augen aufmacht, lächelt sie den Zurückgebliebenen an. Was für ein Lächeln ist das, ein gutmütiges? Es ist bar jeder Herablassung, und deshalb beginnt er sich in sie zu verlieben.
Als das Lied endet, geht der Zurückgebliebene an die Bar, und das ist der Moment, in dem Frank sie fragen sollte, ob sie mit ihm tanzen will.
Er spürt, wie der Moment in seiner Brust anwächst.
Er ist kurz davor, einfach zu ihr hinzugehen.
Sie hebt die Arme, fasst ihr Haar zusammen, dreht es ein und türmt es sich auf den Kopf, er sieht ihren nackten Hals, und jetzt sollte er sie fragen, sie lässt ihr Haar wieder los und schüttelt es, und es breitet sich wie ein Vorhang über ihren Rücken.
Jetzt fängt die Band an – eine Retro-Band, die mit freudiger Ironie spielt und eine selbstzufriedene Fröhlichkeit ausstrahlt. Die Mädchen fahren darauf ab – und sie steht jetzt einfach so da, fast allein, und er könnte zu ihr gehen. Sie dreht sich ein kleines bisschen, und das Licht eines der Scheinwerfer trifft auf ihren Strassstein, der zwinkert und eine halbe Sekunde lang einen blauen Laserstrahl aussendet, die Musik beginnt, es ist Meatloaf, »Paradise by the Dashboard Light«.
Sie wiegt sich ein wenig in den Hüften.
Sie sieht aus, als würde sie durchaus zu Meatloaf tanzen, und er sollte jetzt einfach seinen Drink abstellen und rübergehen, und wenn sie nein sagen würde, wäre das auch okay. Wenn sie nein sagen würde, könnte er einfach gehen, aber er weiß, dass sie nicht Nein sagen würde. Er weiß, dass sie Ja sagen würde, wenn sich doch nur seine Füße bewegen würden, aber sie sind wie festgewurzelt, und seine Brust
Weitere Kostenlose Bücher