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Im Rachen des Alligators

Im Rachen des Alligators

Titel: Im Rachen des Alligators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moore
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schwarzen Brillengläsern spiegelten sich die bunten Laternen, die quer über der Straße aufgehängt waren. Er wandte den Kopf, und die Laternen glitten eine nach der anderen über die schwarzen Gläser. Die Stadt hatte die George Street ausstaffiert, als wäre das Trinken eine alte neufundländische Tradition. Doch die altmodischen Straßenlampen waren nagelneu.
    Valentin nahm das alles in sich auf, dieses Alte-Welt-Ambiente. Ganz in der Nähe des Hotdog-Standes war ein Striplokal, dessen Fenster mit Plakaten zugeklebt waren, damit man nicht hineinschauen konnte, doch an den Seiten drang Licht hervor. Frank schaute zu den Taxifahrern hinüber und sah Lloyd rücklings an seinem Wagen lehnen, die Arme vor der Brust verschränkt. Im Sundance hatte jemand den mechanischen Bullen in Gang gesetzt. Man hörte die Rodeomusik, das brachiale Bocken und Ausschlagen und das Gejohle des Bullenreiters.
    Die Konzession gehört mir.
    Ich glaube, das wirst du dir noch anders überlegen, sagte Valentin. Zuerst dachte Frank, es gebe ein Problem mit der Übersetzung.
    Ich glaube, das wirst du dir noch anders überlegen. Er wartete, ob noch etwas kam. Er wartete auf etwas anderes. Er wartete darauf, dass es nicht so war, wie es war.
    Aber alles war, wie es war.
    Er hatte vollkommen richtig verstanden.
    Valentin hatte sich verständlich gemacht.
    Frank hatte schon früh in seinem Leben verstanden, wie die Dinge liefen, und er sah, dass alles wieder ganz genauso war. Er hatte schon mit fünf verstanden, dass die Dinge eben so liefen, als er zu einer Pflegemutter kam, weil seine Mutter Brustkrebs hatte und ihr beide Brüste abgenommen werden mussten.
    Er hatte verstanden, dass die Dinge so liefen, als er mehrmals, wenn auch nur kurz, Gast im Whitbourne Correctional Institute for Juvenile Delinquents gewesen war, wegen einer Reihe von Ladendiebstählen, die er mit vierzehn begangen hatte – als man ihn das letzte Mal erwischte, schob er sich gerade in der Fleischabteilung von Dominion zwei T-Bone-Steaks vorne in die Jeans.
    Er verstand, dass die Dinge so liefen, als bei seiner Mutter zum zweiten Mal Krebs diagnostiziert wurde und sie ihm erklärte, sie sei völlig verkrebst, ein Ausdruck, der ihn bis heute verfolgt, völlig verkrebst, völlig verkrebst, wie brutal und eindeutig so ein Ausdruck sein kann, das verstand Frank nur zu gut, und sie sollte auf der Stelle ins Krankenhaus, denn dort würde man die Schmerzen in Schach halten können, und es war sehr wahrscheinlich, dass sie nicht mehr herauskam, und alles entwickelte sich dann genauso, wie seine Mutter es gesagt hatte, einfach deshalb, weil die Dinge eben so liefen.
    Und als die Russen in die Wohnung im dritten Stock zogen, hatte Frank das ungute Gefühl, dass die Dinge sich wieder einmal entwickeln würden, wie sie sich so oft entwickelten.
    Am Abend zuvor hatte der Typ, der Valentin hieß, oben in der Wohnung ein Mädchen verprügelt, Frank hatte sie schreien hören, ihren Kopf, so meinte er, gegen die Wand schlagen hören, und dann hörte er sie noch die Treppe hinunterlaufen. Sie hatte nur einen Schuh an, Frank war ans Fenster getreten und sah sie, zerzaust und mit laufender Nase, ihre Strumpfhose war über dem Knie zerrissen, das blutete, als hätte sie es sich aufgeschürft.
    Der andere Schuh kam aus dem Fenster geflogen und traf sie am Kopf, sie ging auf dem Bürgersteig in die Knie, und die Männer lachten, dann kam eins von Gulliver’s Taxis angefahren, und eine ganze Weile geschah nichts, sie kniete da, x-beinig wegen ihres engen Rocks, benommen, weil sie den Schuh an den Kopf gekriegt hatte und in so eine schreckliche Lage geraten war, denn Valentin brüllte jetzt von oben herunter, dass er sie aufspüren werde, wohin sie auch ging.
    Versuch du nur abzuhauen, schrie er.
    Versuch’s nur.
    Sie kniete auf der Straße, und die hintere Tür des Taxis ging auf, doch sie rührte sich nicht, und schließlich stieg der Fahrer aus, es war der, der Lloyd hieß. Er griff nach dem Schuh, fasste das Mädchen am Ellbogen und half ihr auf die Beine. Er setzte sie auf die Rückbank, und eine Bierflasche flog aus dem Fenster und zerschellte neben seinem Stiefelabsatz, doch Llyod nahm das nicht einmal zur Kenntnis, er ging einfach wieder auf seine Seite des Wagens und machte seine Tür zu. Das Taxi stand noch einen Moment da, wahrscheinlich hatte Lloyd das Mädchen gefragt, wo es hinwollte und kein klares Wort aus ihr herausbekommen. Eine weitere Bierflasche flog aus dem Fenster und

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