Im Rachen des Alligators
ein Kriegsveteran mit ein paar Orden an der Brust, hinten an den Spielautomaten wären fünf fette Frauen zugange, und es gäbe ein paar blaue und rote Scheinwerfer und eine Tanzfläche mit sonst niemandem.
Er will dieses Mädchen im Arm halten, dringender, als er seit langem irgendetwas wollte. Es ist ein überwältigendes, unmittelbares, unwiderstehliches Verlangen, das ihn vergessen macht, wer er ist.
Er will ihr von seinem Hotdog-Stand erzählen, will ihr erzählen, wie hart er gearbeitet hat, um ihn zu bekommen, und wie viel Geld er damit verdient. Er will ihr sagen: Ich kann in einer Nacht soundsoviel verdienen. Er will es nicht sagen, aber er will, dass sie es weiß.
Er würde ihr gern sagen: Ich nehme keine Drogen.
Er würde ihr gern von dem Inuit erzählen, der sich an Weihnachten in der Wohnung über seiner erhängt hat.
Wie wäre es wohl, wenn er ihr das erzählte, wo sie sich doch gar nicht kennen? Er würde es sich einfach gern von der Seele reden. Auch das mit den Russen, den Drogenhändlern, die über ihm eingezogen sind, als die Wohnung frei wurde. Er möchte ihr von dem Wasserbett erzählen, das er gekauft hat. Er könnte platzen vor Stolz, weil er so vorausschauend war, ein Wasserbett zu kaufen – für den Fall, dass sich die Gelegenheit böte, davon zu erzählen.
Er möchte gern, dass sie erfährt oder intuitiv weiß, wie viel Respekt er vor seiner Mutter hatte und wie leer sein Leben ohne sie ist. Er möchte ihr sagen, dass er sich fühlt, als hätte er ein Loch in der Brust. Er möchte, dass sie ihm die Hand auf die Brust legt und ihm ein für allemal klarmacht, dass da kein Loch ist, und dann möchte er, dass sie seine Hose öffnet und er ihren Mund überall auf seinem Körper spürt.
Die Tür der Bar steht offen, weil es so heiß ist, und der Geruch nach Taubendreck, Rauch und dem Hafen weht kalt herein. Und vielleicht auch der von den Ausscheidungen dieser Raupen, einem feuchten Schmodder, der die Gehwege bedeckt und wie Katzenpisse stinkt. Die Gesichter ringsum schimmern feucht, die Züge sind weich vom Alkohol, und Frank hat eigentlich nur kurz auf dem Weg zu seinem Hotdog-Wagen hereingeschaut.
Er muss zu seinem Hotdog-Wagen. Aber vielleicht könnte er sie ja doch zum Tanzen auffordern?
Er wird heute Abend sehr schnell viel Geld verdienen. Über den South Side Hills wird schon der Tag anbrechen, wenn er sich auf den Heimweg macht. Die George Street wird von Abfall übersät sein, Betrunkene werden herumtorkeln, Polizisten unterwegs sein.
Frank hat eine Konzession für die Ecke George Street, den besten Platz in der ganzen Stadt. Die Straße ist auf beiden Seiten von Bars gesäumt und mittlerweile für ihr Festival berühmt, was einfach nur heißt, dass dort die ganze Nacht getrunken wird.
Er musste morgens vor Öffnung bei der Stadtverwaltung anstehen, um diesen Platz zu bekommen. Er hat gutes Geld dafür bezahlt.
Auf der George Street kann man jede Menge Hotdogs umsetzen.
Er kennt einen Typ, der einen Stand am Sobey’s Square hat und auf die Kinogänger angewiesen ist. Der steht die meiste Zeit nur da und guckt auf einen leeren Parkplatz. Die George Street im Sommer bringt Frank fast einen Tausender pro Woche ein.
Die Taxifahrer leisten ihm Gesellschaft, Gulliver’s Taxis, sie stehen in einer Reihe vor der Pizzeria auf der anderen Straßenseite, und die Fahrer lehnen an ihren Wagen, ihre Zigarettenenden bewegen sich in der Dunkelheit.
Es sind Männer, die irgendwo auf den Florida Keys ein Ferienwohnrecht an einem kleinen Trailer haben, zu dem sie wegen ihrer Flugangst mit dem Auto fahren, sie haben erwachsene Kinder, und einige von ihnen waren mal im Knast und haben verblasste Tätowierungen auf der Hand, die es beweisen, ein Schwertkreuz oder ein vierblättriges Kleeblatt zwischen Daumen und Zeigefinger, ihre Frauen wollen wegen ihrer Arthritis nach Florida, und es ist sinnlos, auf dem Geld sitzenzubleiben, sagt einer von ihnen, denn irgendwann stecken sie einen ins Heim, und der Staat kassiert ab, und da gibt es Mistkerle, die ihr Leben lang nur ihren Arsch plattgesessen und Arbeitslosengeld eingestrichen und sich einen Scheiß um den Rest der Welt geschert haben, und wisst ihr, was die kriegen? Genau die gleiche Sorte Bett in genau der gleichen Sorte Altenheim wie Männer, die dreißig Jahre lang in der George Street Nacht für Nacht kotzende Besoffene ins Auto und wieder rausgehievt haben, Collegestudenten, die auf die Sitzpolster reihern, Geld wie Heu, am nächsten
Weitere Kostenlose Bücher