Im Rausch der Ballnacht
und atmete schneller. “Danke”, flüsterte sie.
Lizzie wandte sich ab.
“Elizabeth?” Eleanor legte ihr die Hand auf die Schulter. “Ich möchte, dass du das Kind der Kinderfrau gibst. Es ist Zeit, er muss ordentlich versorgt werden.”
Lizzie war fest überzeugt, wenn sie das Kind jetzt aus der Hand gab, würde sie es nie mehr im Arm halten. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. In diesem Augenblick, während sie ihre Tante ansah und Neds Köpfchen an ihrer Brust lag, wusste sie genau, was sie zu tun hatte. “Benachrichtige die Nonnen. Sie müssen nicht mehr kommen”, sagte sie.
Eleanor sah sie an. “Was hast du vor?”, fragte sie beunruhigt.
“Sag ihnen, das Kind hat bereits eine neue Mutter.”
“Lizzie!”, protestierte Eleanor.
“Nein. Von nun an werde ich Neds Mutter sein.”
Teil 2
Juni 1814 – August 1814
7. KAPITEL
E ine unerträgliche Situation
“Ma-ma. Mmma …”
Während Lizzie den Teig für eine Pastete rollte, summte sie vor sich hin. Es war ein schöner Junitag, nicht zu warm und nicht zu kalt, mit einem fast wolkenlosen Himmel. Sie hatte beschlossen, Apfelpastete zum Essen zu machen.
Kaum hatte der kleine Ned das Wort ausgesprochen, erstarrte Lizzie. Ihr Herz schien stillzustehen. In ein paar Wochen würde Ned seinen ersten Geburtstag feiern. Seit einiger Zeit gab er alle möglichen Laute von sich, aber bisher hatte er noch kein verständliches Wort geäußert. Lizzie drehte sich um und sah ihren Sohn an, der in einem Hochstuhl angeschnallt war. Sein hübsches Gesicht wies Spuren der Blaubeeren auf, die er gerade aß. “Neddie?”, flüsterte sie, erstaunt über das Wunder, dessen Zeuge sie hier wurde. Fing er jetzt endlich an zu sprechen?
“Mama!”, rief er, und die Blaubeeren kullerten aus seiner Hand.
Sie rollten über den Boden, aber Lizzie achtete nicht darauf. Sie hob ihren Sohn hoch und umarmte ihn. “Neddie! Oh, sag noch einmal meinen Namen. Neddie, sag Mama!”
“Mama!”, rief er. Dazu brauchte er keine weitere Ermutigung. Er strahlte sie an und verstand offensichtlich, welche großen Fortschritte er gemacht hatte.
Tränen stiegen Lizzie in die Augen. Ihr Herz schien überzufließen vor Liebe. “Mein lieber Junge”, flüsterte sie. “Du bist so klug! Genau wie dein Vater!” Und wieder sah sie Tyrells schönes, dunkles Gesicht vor sich.
Weil sie die Mutter seines Sohnes war – und das Kind sah genauso aus, wie Tyrell in dem Alter ausgesehen haben musste –, dachte sie oft an ihn.
Ned hörte auf zu lachen. Mit ernster Miene sah er sie an und deutete dann mit seiner rundlichen Hand auf den Boden. “Mama”, sagte er. “Mama, da! Dada!”
Einen Moment lang sah Lizzie ihn ungläubig an. Da Ned ohne Vater aufwuchs und es außer Leclerc überhaupt keine Männer in seinem Leben gab, konnte sie sich nicht vorstellen, dass er versuchen würde, Vater oder Papa zu sagen. Dann schrie er, zeigte immer noch auf den Boden, und sie begriff endlich. Ein Gefühl der Erleichterung überkam sie. Er versuchte nicht, Papa zu sagen. Er versuchte ihr zu sagen, dass er aus dem Hochstuhl befreit werden wollte.
“Es heißt, nach unten”, verbesserte Lizzie ihn sanft. Dann löste sie den Taillengurt und setzte ihn auf den Boden. Sofort richtete Ned sich auf, machte ein paar schwankende Schritte und fiel hin. Prompt stieß er einen Schrei der Empörung aus.
“Komm, Ned, versuch es noch einmal”, sagte Lizzie sanft und nahm ihn an die Hand.
So schnell wie er gekommen war, verschwand der Wutausbruch wieder. Ned hielt sich an ihr fest, während er sich eifrig wieder aufrichtete. Lizzie half ihm, ein paar unsichere Schritte zu gehen. Ned lachte vor Entzücken. Ganz offensichtlich war er sehr stolz auf seine Erfolge.
“Ich glaube, aus ihm wird einmal ein sehr arroganter Mann werden”, sagte Eleanor von der Küchentür her.
“Eben hat er Mama zu mir gesagt”, beeilte sich Lizzie zu erzählen. “Und ich glaube, dass er sehr bald schon laufen wird.”
Ned zerrte an ihrer Hand. Er wollte zu Eleanor gehen. Lizzie fügte sich und geleitete ihn dorthin. Sofort hob Eleanor ihn hoch. “Kluger Junge”, sagte sie liebevoll.
Lizzie sah sie an und lächelte. Seit sie beschlossen hatte, Ned zu behalten, war ihr Leben perfekt geworden – oder jedenfalls beinah.
Es lag an ihrer Angst, dass es nicht vollkommen perfekt war. Sie lebte in ständiger Furcht vor dem Tag, da sein Vater in ihr Leben treten und sein Anrecht auf das Kind einfordern würde. Voller Zorn gegen
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