Im Rausch der Freiheit
Besiedlung der amerikanischen Kolonien, und sie spielte sich in wenig mehr als einem Jahrzehnt ab.
König Karl schien dieser Verlust nie Verlegenheiten bereitet zu haben. Ja, es war gar kein Verlust; eher ein Gewinn. Anstatt ihm im Lande, wo er versuchte, seine autoritäre Herrschaft zu etablieren, Ärger zu machen, waren diese Menschen so höflich gewesen, loszuziehen und ihm ein gewaltiges neues Herrschaftsgebiet zu erschließen: Wo immer sie sich in diesem riesigen, unerforschten amerikanischen Kontinent auch niederließen, entstand englisches Neuland; denn die Auswanderer waren und blieben Karls Untertanen, jeder Einzelne von ihnen. Was die Kultfreiheit anbelangte, die sie genossen, so bekam man im Mutterland nichts davon mit, und zu gegebener Zeit würde sie sich wahrscheinlich zurechtstutzen lassen.
Adam und Abigail Master waren nach Boston gezogen. Die strenge, mitunter grausame Frömmigkeit der Gemeinde hatte ihnen zugesagt. Es ging ihnen schließlich nicht um Toleranz; ihr Ziel war es, das Reich Gottes zu errichten. Und ihr ältester Sohn Eliot hatte ihnen in dieser Hinsicht gewissenhaft nachgeeifert. Lernbegierig, umsichtig, entschlossen war Eliot all das, was sich ein Bostoner Vater nur wünschen konnte. Doch mit Tom war es viel schwieriger.
Tom Master war ein blonder, blauäugiger Bursche. Obwohl er leicht vorstehende Zähne hatte, fanden ihn die Frauen anziehend. Als kleiner Junge war er schmächtig, ständig in Bewegung, erfinderisch. Doch als er das Mannesalter erreichte, verriet sein ganzes Auftreten einen wachen und weltoffenen Verstand. Er strotzte vor Energie. Sein Betragen allerdings und seine Freundeswahl ließen viel zu wünschen übrig.
Denn schon in jenen frühen Tagen der Kolonie gab es, wie man gestehen muss, Menschen – Seefahrer und Fischer, Kaufleute und Bauern, ganz zu schweigen von den untersten Schichten –, denen es mehr um das Geld ging, das sich in Massachusetts verdienen ließ, als um die Rettung ihrer Seele. Die Gemeinde setzte ihren Willen so weit wie möglich durch, aber es gab viele Abtrünnige.
Und dem jungen Tom schien es zum großen Bedauern seiner Eltern und seines Bruders Eliot vorbestimmt zu sein, geradewegs in die Hölle zu wandern. Er bereitete sich nicht auf den Unterricht vor. Er war begabt, indes fehlte ihm jeder Ehrgeiz. Er betrank sich und verkehrte in schlechter Gesellschaft. Einmal schwänzte er sogar den Sonntagsgottesdienst. Und obwohl er des Öfteren zur Rute gegriffen hatte, musste sein Vater schließlich einsehen, dass dies alles keine Frage der Disziplin oder Zucht war. Es gab etwas in Tom, tief in seiner Seele, das man einfach nicht ändern konnte.
Adam Master hatte sich eine gute, solide Anwaltskanzlei aufgebaut und ein Landgut gekauft. Er besaß ein Schiff. Eliot hatte Jura studiert, wollte aber Prediger werden. Tom war bei einem Kaufmann in die Lehre gegeben worden und zeigte Talent für den Handel. Das war wenigstens etwas.
Doch zwei Ereignisse brachen seinem Vater schließlich das Herz. Das erste trug sich zu, als seine Frau im Sterben lag. Sie hatte nach ihrem zweiten Sohn geschickt und ihn dann, in Gegenwart seines Vaters, angefleht, Umkehr zu tun. Um seiner selbst willen – und um ihr zu helfen, in Frieden zu scheiden – sollte er, so flehte Abigail ihn an, ihr versprechen, dass er sein Leben lang keinen Tropfen Branntwein mehr anrühren werde. Durch diesen ersten Schritt, hoffte sie, würde er vielleicht doch noch auf den rechten Weg zurückfinden. Und was bekam sie da zu hören?
»Ach, verdammt, Ma! Du weißt doch, dass ich dir das nicht versprechen kann.« Diese Worte hatte er seiner Mutter auf ihrem Sterbebett zugemutet. Das hatte Adam ihm nie verzeihen können. Er schalt ihn nicht, denn er wusste, dass Abigail das nicht gewollt hätte. Er blieb höflich. Er tat alles, was ein Vater tun sollte. Aber er wusste, dass Tom durch und durch verdorben war.
Als also Tom, im Alter von neunzehn, mit der Ehefrau eines ehrenwerten Kapitäns – des Kapitäns eben jenes Schiffes, das Adam gehörte –, der gerade auf See war, seine erste Liebschaft genoss, überwand sich sein Vater dazu, die Sache, um Eliots willen, nicht an die große Glocke zu hängen. Aber er erklärte dem jungen Tom, dass er Massachusetts umgehend verlassen müsse. Er hatte ihn, mit einem nicht gerade enthusiastischen Einfuhrungsbrief ausgestattet, zu einem mit ihm bekannten Kaufmann nach London geschickt. Und dazu mit der Anweisung, nie wieder zurückzukehren.
Tom war
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