Im Reich des Wolfes
kamen.«
»Priester«, erklärte Senta. »Priester der QUELLE.«
»In Rüstung?«
»Ein ungewöhnlicher Orden«, sagte Senta. »Sie nennen sich selbst >die Dreißig«, wenn auch nur noch elf von ihnen übrig sind. Sie werden von einem Abt namens Dardalion angeführt.«
»Er war in Purdol dabei. Er half Karnak. Hilf mir auf!«
»Du solltest liegenbleiben. Du hast viel Blut verloren.«
»Danke für deine Besorgnis, Mutter. Und jetzt hilf mir auf, verdammt noch mal!«
»Wie du willst, alter Narr.« Senta schob seine Hand unter Angels Schulter und half ihm in eine sitzende Lage. Übelkeit übermannte ihn, doch er kämpfte sie nieder und holte tief Luft. »Ich dachte, wir wären am Ende. Wo ist Miriel?«
»In Sicherheit. Sie ist bei Dardalion und Kesa Khan.«
»Und die Gothir?«
»Lagern überall um uns herum, Angel. Sie haben Verstärkung erhalten. Es müssen sieben- oder achttausend Mann im Tal sein.«
»Wunderbar. Gibt es auch gute Nachrichten?«
»Ich wüßte nicht. Aber du hast Besuch. Ein netter kleiner Bursche. Er sitzt jetzt im Flur. Ich schicke ihn bald zu dir. Ich fand ihn neben
dem Körper, den wir für deinen Leichnam hielten. Der Junge hat geweint. Rührend. Hat mir die Tränen in die Augen getrieben, das sage ich dir.« Angel fluchte. Senta lachte leise. »Ich wußte, daß du nicht tot warst, Angel. Du bist zu stur, um zu sterben.«
»Wie viele Krieger haben wir verloren?«
Sentas Lächeln schwand. »Belash ist tot, und Anshi Chen. Es sind noch etwa dreihundert Mann übrig, aber viele von ihnen sind jung und unerfahren. Ich glaube nicht, daß wir diesen Ort lange halten können.«
»Sie haben noch nicht angegriffen?«
»Nein. Sie sind damit beschäftigt, Bäume zu fällen, Enterleitern zu bauen und dergleichen.«
Angel legte sich zurück und schloß die Augen. »Sie müssen mir nur ein oder zwei Tage geben. Dann bin ich bereit. Ich erhole mich schnell, Senta.«
»In diesem Fall werden wir versuchen, den Krieg nicht ohne dich anzufangen.«
Senta fand Miriel auf dem inneren Schutzwall. Sie beugte sich über die verformte Mauer und starrte hinaus zu den Lagerfeuern des Feinds. In der Nähe standen Nadirkrieger, die ihre Waffen schärften. Der Schwertkämpfer ging an den Nadir vorbei und blieb neben dem großen Mädchen aus den Bergen stehen. »Angel geht es gut«, sagte er. »Ein paar kleinere Schnittwunden und eine große Beule an seinem dicken Schädel. Manchmal denke ich, daß er mit angesengtem Haar und nassen Stiefeln aus der Asche steigen würde, selbst wenn die Welt in Feuer und Wasser untergeht.«
Sie lächelte. »Er wirkt so wundervoll unzerstörbar.«
»Komm und sieh dir an, was ich gefunden habe«, sagte Senta und ging voran zu einer Treppe, die zu einem schmalen Gang hinunterführte, von dem mehrere Zimmer abgingen. Die Fenster waren verzerrt und sahen wie offene, schreiende Münder aus; die Wände waren schief. Das große Schlafzimmer war leer, und in der Mitte stand ein vergoldetes Himmelbett, sehr groß, rechteckig und stabil. Seidenkissen und Daunendecken lagen darauf.
»Wie konnte ein solches Bett bestehen bleiben, wenn die Festung aus Stein derart verformt ist?« fragte Miriel.
Der Schwertkämpfer zuckte die Achseln. »Andere Gegenstände aus Gold sind offenbar von der Zauberei auch nicht angegriffen. Ich habe unten zwei wundervoll ziselierte goldene Becher gefunden.«
Sie ging zum Bett, bog dann aber zum ersten der drei Fenster ab. Von hier aus konnte man das Tal sehen. »Da kommt wieder eine Kavallerieabteilung«, sagte sie.
»Die Kavallerie ist mir egal«, antwortete er.
Sie fuhr zu ihm herum, den Rücken zum Fenster. Ihr Gesicht lief blutrot an. »Glaubst du etwa, ich gehe mit dir ins Bett?«
»Ich glaube, du solltest es ernsthaft in Erwägung ziehen«, sagte er mit einem breiten Lächeln.
»Ich liebe dich nicht, Senta.«
»Das kannst du noch nicht wissen«, erwiderte er ernst. »Hier kannst du es herausfinden.«
»Glaubst du, Liebe entspringt den Lenden?«
Er lachte laut auf. »Meine immer - bis jetzt.« Er schüttelte den Kopf, und sein Lächeln verblaßte. »Du hast Angst, meine Schöne. Angst zu leben. Nun, hier sind wir, gefangen in einer verfallenen Festung. Unsere Zukunft läßt sich nach Tagen messen. Dies ist keine Zeit, um Angst vor dem Leben zu haben. Du schuldest mir wenigstens einen Kuß. Die Gothir haben mir den letzten gestohlen.«
»Mehr als den einen Kuß wirst du nicht bekommen«, versprach sie und ging auf ihn zu.
Er öffnete die Arme,
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