Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
gerufen und bescheinigte Herzversagen. Dabei übersah sie sechzehn Messerstiche im Rücken der Leiche . (Mitteilung Püschel, Hamburg)
Ein älteres Ehepaar wird von Nachschau haltenden Verwandten tot im Bett aufgefunden. Die Wohnung war verschlossen, nichts in Unordnung. Fremdverschulden kam für die Untersuchungskommission nicht in Frage, man diskutierte gleichzeitigen Herztod oder eventuellen Selbstmord durch Schlafmittel. Bei der Obduktion wurde eine Kohlenmonoxidvergiftung festgestellt, ein Lokalaugenschein veranlasst und ein schadhafter Durchlauferhitzer im Badezimmer, das neben dem Schlafzimmer lag, gefunden. Die gefährliche Situation eines weiteren Gasaustrittes konnte verhindert werden. (Beobachtung des Autors, St. Pölten, Österreich)
Ein 57-jähriger Mann wurde in der eigenen Wohnung ohne Lebenszeichen auf dem Boden liegend aufgefunden. Sowohl der Rettungsarzt als auch der Beschauarzt nahmen einen plötzlichen Tod aus natürlicher Ursache an. Bei der Obduktion wurden am Hals eindeutige Würgespuren entdeckt, an Kopf, Rumpf und Gliedmaßen fanden sich Schürfungen sowie Blutunterlaufungen. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, dass der Mann von seinem Schwiegersohn im Zuge von Misshandlungen getötet worden war. (Fall Pollak/Wollenek, Wien)
Eine allein lebende 90-jährige Frau wurde an einem Montag von einem ihrer Söhne tot aufgefunden. Der Beschauarzt stellte Tod durch Herzversagen fest. Am Mittwoch entdeckt der Leichenbestatter beim Ankleiden der Toten Spuren einer Strangulierung
am Hals. Die nachträglich durchgeführte Obduktion bestätigte dies. Vermutet wurde Mord, da sowohl das Strangulierungswerkzeug als auch der Haustorschlüssel verschwunden waren. Die Gendarmerie musste ihre Ermittlungen mit einer Verzögerung von mehreren Tagen beginnen. (Fall Mathilde M., Voitsberg, Österreich)
Ein 76-jähriger Rentner arbeitete im Garten und brach plötzlich zusammen. Da er beim Sturz in den Rechen gefallen war und sich verletzt hatte, vermutete der Notarzt ein Verbluten als Todesursache, der Hausarzt sprach sich dagegen für Herzversagen aus. Diese Uneinigkeit führte schließlich zur Obduktion: im Brustkorb des Toten entdeckte der Pathologe ein Projektil. Schließlich gab ein Nachbar zu, Schießübungen in der Garage gemacht zu haben, dabei prallte eine Kugel ab, wurde zum Querschläger und traf den dreißig Meter entfernt arbeitenden Rentner tödlich. (Fall Neis, Mainz)
Falschdiagnosen können selbstverständlich auch in die andere Richtung weisen: Es wird ein gewaltsamer Tod attestiert, in Wirklichkeit aber handelt es sich um einen Tod aus innerer Ursache.
Auch hierzu ein Beispiel: Ein Personenwagen gerät aus unklaren Gründen auf die andere Fahrbahn und kollidiert frontal mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Der Fahrer wird tot aus dem Wagen gezogen. Da er einige Kopfverletzungen hat, diagnostiziert der Leichenbeschauer einen Tod durch Schädel-Hirn-Trauma. Bei der im Versicherungsauftrag durchgeführten Obduktion finden sich jedoch nur unbedeutende Kopfschwarten-Hämatome. Todesursache ist ein akutes Herzversagen durch thrombotischen Verschluss eines Koronararterien-Hauptastes. Damit stellt sich der Kausalzusammenhang genau umgekehrt dar: Der Tod war nicht die Folge des Unfalls, sondern der Unfall Folge des akuten Herzversagens. (Fall Bonte, Düsseldorf)
Ein äußerst wichtiger Aspekt darf nicht außer Acht gelassen werden: Die sorgfältig und konsequent durchgeführte Totenbeschau bzw. Obduktion kann Leben retten - nämlich das der Hinterbliebenen und Mitbewohner, z. B. in Fällen von Kohlenmonoxidvergiftung sowie bei Stromtodesfällen.
Kleiner Grenzverkehr zum Krematorium
In Deutschland hat sich eine besondere Art von Leichentourismus entwickelt. Bestatter fahren EU-intern mit dem Leichnam über die Grenze nach Holland in ein Krematorium und abends mit der Urne wieder zurück. In Deutschland selbst würde die Verbrennungsprozedur zehn bis vierzehn Tage dauern und eine Feuerbestattungssektion erfordern. In den Niederlanden ist dies nicht erforderlich und die Kremation erfolgt im abgekürzten Verfahren. Deutsche Gerichtsmediziner warnen: »Es können ganz leicht Beweise für ein Verbrechen über die Grenze gebracht und verbrannt werden.«
Es gibt einen Zeitungsbericht, wonach in Süditalien eine Ärztin nach flüchtigem Hinsehen eine unter Herbstlaub gefundene, verdreckte Gummipuppe für eine Frühgeburt hielt und dafür sogar einen Totenschein ausstellte. Diese
Weitere Kostenlose Bücher