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Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin

Titel: Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bankl
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unentdeckten Tötungsdelikte, d. h. auf eine aufgedeckte Tötung entfallen zwei bis vier nicht entdeckte Fälle. Manche Schätzungen reichen bis 1:6 6 . Sabine Rückert hat im Jahr 2000 in einer umfangreichen Schrift das Problem dargestellt und kam zu dem Ergebnis, dass mindestens jede zweite Tötung unerkannt bleibt.
    Die Täter kommen meist aus der näheren Umgebung des Opfers, also jenem Personenkreis, der dem Arzt im Wesentlichen für Informationen zur Verfügung steht. Und das ist die entscheidende Fehlerquelle, wenn man nicht misstrauisch genug ist oder Skepsis und kriminalistische Überlegungen vernachlässigt. Dazu kommt, dass Totenbeschauärzte nicht speziell ausgebildet, sondern amtlicherseits ernannt werden. Selbstverständlich kann auch ein Augenarzt oder ein Psychiater als Totenbeschauer fungieren.

    »Vergessen wir auch nicht, wie viele Personen Jahr für Jahr im eigenen Bett, umgeben von dem Ehegatten, Arzt, Krankenpfleger und Priester, sterben und doch das Opfer eines Verbrechens sind, dessen Täter vielleicht am Sterbebett steht und Tränen vergießt.« Zitiert aus: S. Rückert, Tote haben keine Lobby.
    Das Ergebnis internationaler Studien und Vergleiche der Erfahrungen führt zur erschreckenden Erkenntnis: Die unentdeckte und daher auch nicht weiter untersuchte Tötung von Menschen ist keine Rarität. Naturgemäß kann man die Häufigkeit nur schätzen, beweiskräftige Großuntersuchungen lässt der Gesetzgeber nicht zu. Erfahrene Gerichtsmediziner und Pathologen gehen von ein bis vier Prozent Falschdiagnosen, d. h. fälschlicherweise wurde »natürlicher Tod« angenommen, aus. Allein in Wien sind fünf bis zehn unentdeckte Morde pro Jahr sehr wahrscheinlich, vielleicht liegt die Zahl aber auch wesentlich höher.
    In Deutschland rechnet man mit mindestens 2000 unentdeckten Morden pro Jahr, in Österreich werden 100 bis 200 Todesfälle pro Jahr mit nicht erkannter, »gewaltsamer bzw. gewalttätiger Vorgeschichte« geschätzt.
    Häufig dient die gerichtliche Obduktion aber auch der Entlastung unschuldiger Tatverdächtiger. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen die Leichenöffnung, entgegen der anfänglichen Vermutung, die Schuldlosigkeit vermeintlicher Täter erwiesen hat.

Zu Hause sterben ist gefährlich
    Krankenhausärzte können ohne Genehmigung durch die Angehörigen die jeweils Verstorbenen obduzieren lassen. Dass hier Tötungsdelikte zunächst unerkannt bleiben ist selten, kommt jedoch vor - z. B. die Tötungsserie im Wiener Krankenhaus Lainz
durch die so genannten »Mordschwestern« oder die Kaliumvergiftungen von Dialysepatienten im Krankenhaus St. Pölten.
    Todesfälle zu Hause, und dabei vor allem in ländlicher Gegend werden nur durch Totenbeschau kontrolliert. Und der Beschauarzt steht hier vor nahezu unüberwindlichen Schwierigkeiten: Wenn er zur Totenbeschau eintrifft, sind die Angehörigen, die meist auch seine Patienten sind, versammelt und beobachten genau, was er tut. Es ist ihm praktisch unmöglich, die Leiche zu entkleiden, noch befremdlicher wäre, den Körper umzudrehen, um sicher zu sein, dass kein Messer im Rücken steckt. Es wird gefragt, was er denn tue, wenn er die Kopfhaut nach Verletzungen absucht oder den Hals auf Würgespuren inspiziert. Ein Arzt, der dies macht, hat seinen Ruf und das Vertrauensverhältnis zur Landbevölkerung verloren, gleichzeitig hat er auch viele seiner Patienten verloren. Daher macht er es nicht, und es bleiben einige Tötungsdelikte unerkannt. Die Angehörigen können aber nicht nur an der Verdeckung einer Straftat, sondern aus religiösen Motiven oder Versicherungsgründen auch an der Verheimlichung eines Selbstmordes interessiert sein. Überhaupt keine Chance hat der Totenbeschauarzt, wenn er etwa eine Vergiftung oder eine Arzneimittelintoxikation diagnostizieren sollte.

Was so alles passiert
    Dazu wollen wir hier nur einige Beispiele anführen:
    Eine ältere Frau wird tot, auf einem Küchenstuhl sitzend, aufgefunden. Der Hausarzt erkennt auf »plötzlichen Herztod«. Der Leichnam wird von einem Bestatter abtransportiert. Dieser fragt bei einem zufälligen Gespräch einige Tage später, ob das wohl seine Richtigkeit habe. Er hatte die Frau nämlich erst von einem Strang abschneiden müssen, der oben an einem Küchenschrank festgeknüpft war. Der Leichenbeschauarzt versichert auf Rückfrage,
er habe den Leichnam sorgfältig untersucht. Ihm sei nichts aufgefallen. (Fall Bonte, Düsseldorf)
     
    In Hannover wurde eine Ärztin zur Totenbeschau

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