Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
Theresias waren jedoch bis 1971 gültig und wurden erst dann durch zeitgemäße Gesetze abgelöst.
Da es jeden betreffen kann, so ist gut zu wissen:
• Jeder Todesfall ist der Behörde unverzüglich anzuzeigen.
• Die Leichen der Verstorbenen sowie tot aufgefundenen Personen sind der Totenbeschau zu unterziehen.
Wo kann ein Todesfall gemeldet werden?
1. Polizei bzw. Gendarmerie,
2. Leichenbestattungsunternehmen,
3. Magistrat bzw. Standesamt.
Im Weiteren wird von diesen Institutionen ein Totenbeschauarzt verständigt, der am Sterbeort die Leiche zu besichtigen hat. Bis zum Eintreffen des Arztes ist der Tote in unveränderter Lage zu belassen (Ausnahme nur in besonderen Fällen: Wiederbelebungsversuche, Freimachen von Verkehrsflächen, behördliche Anordnung usw.)
Was passiert nun tatsächlich bei einer Totenbeschau anlässlich eines Verkehrsunfalles oder bei Verdacht auf gewaltsamen Tod?
Zuständig ist eine Kommission, bestehend aus einem Juristen, dem Amtsarzt (Polizeiarzt) und Polizeibeamten. Der Jurist leitet die Amtshandlung und erteilt dem Arzt den Auftrag, die Todesopfer auf äußerlich sichtbare Verletzungen zu untersuchen.
Manchmal gibt es dabei unerwartete Schwierigkeiten: 1986 hat ein »empörter Zuschauer« anlässlich einer solchen polizeilichen Untersuchung dem Arzt unterschoben, er habe dem Unfallopfer die Hosen heruntergezogen - dies sei pietätlos! Die Beamten wie auch die Rettungsmänner erinnerten sich der Szene genau: Es wurde dem Toten lediglich das aufgerissene linke Hosenbein beim Schein einer Taschenlampe hochgeschoben, damit das Knie untersucht werden konnte.
Was den Vorwurf der Pietätlosigkeit betrifft, so rückt der Ausspruch eines Polizeibeamten die Dinge in das rechte Licht: »Pietätlos sind höchstens jene Zuschauer, die glänzende Augen bekommen, wenn sie irgendwo Blut sehen!« 5
Die Totenbeschauärzte werden von den örtlichen Gesundheitsbehörden bestimmt: Polizeiärzte, Amtsärzte, Gemeindeärzte, praktische Ärzte.
Totenbeschauarzt in einem Krankenhaus mit einer Pathologie ist der Prosektor; dazu wird die Leiche nach drei Stunden von der Krankenstation entfernt und in das Institut für Klinische Pathologie gebracht. In Anstalten ohne Pathologie übernehmen eigens bestellte Totenbeschauärzte diese Aufgabe.
Zweck der Totenbeschau ist die Feststellung
1. des eingetretenen Todes (dass nicht nur Scheintod vorliegt),
2. der Art und Ursache des Todes,
3. ob bei ungeklärter Todesart Umstände vorliegen, welche die Einleitung eines Obduktionsverfahrens bzw. polizeiliche Ermittlungen erforderlich machen.
Gerade bei natürlichen Todesfällen ist die Todesursache durch alleinige äußere Inspektion der Leiche praktisch nicht feststellbar, sodass der Totenbeschauarzt eigentlich keine sichere Diagnose stellen kann. Vergleicht man die Diagnosen bei der Totenbeschau mit den bei einer anschließenden Obduktion erhobenen Befunden, so ergeben sich 40-80 % Falschdiagnosen. Da die Totenbeschauärzte auch die Totenscheine ausfüllen und diese Grundlage der allgemeinen Todesursachenstatistik sind, kommt man zu dem Schluss: Der Schein trügt, und die Aussagekraft der Statistik ist mäßig. Es gründen sich Aussagen über Trends bei der Häufigkeit von Krankheiten bzw. dem Erfolg von Vorsorgemaßnahmen auf solche Statistiken, und selbige sind leider falsch. Wenn die Datenbasis schon nicht stimmt, sind auch alle daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen fraglich.
Nicht nur die Aussagekraft einer Krankheits- und Todesursachenstatistik ist direkt von der allgemeinen Häufigkeit der Obduktionen abhängig, sondern auch die Qualität der allgemeinen Gesundheitsfürsorge und -vorsorge. Das wissen die Pathologen und Gerichtsmediziner, aber wer sagt es den Politikern.
Häufigkeit der Obduktionen:
USA: etwa 10 % aller Todesfälle (1990)
Deutschland: etwa 8 % aller Todesfälle (1999)
Österreich: 30% aller Todesfälle (1999), im Allgemeinen
Krankenhaus Wien etwa 60 % aller Todesfälle (1996).
Die Häufigkeit der Obduktionen nimmt ab, die Professoren an den Universitätsinstituten forschen lieber, die Folgen sind absehbar. Aber die Totenbeschau allein ist völlig ungeeignet, alle Tötungsdelikte aufzudecken. Die Dunkelziffer der ungeklärten, gewaltsamen Todesfälle ist enorm hoch, dies wird weder von Kriminalisten noch von Gerichtsmedizinern bezweifelt.
Angaben über die tatsächliche Häufigkeit schwanken extrem. Der Realität am nächsten kommt eine Anzahl von 1:2 bis 1:4 der
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