Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
Meldung ist zwar nicht offiziell bestätigt, aber durchaus glaubhaft.
Vor Jahren kannte ich selbst einen Totenbeschauer, der oftmals in volltrunkenem Zustand zur Beschau erschienen ist und lediglich lallen konnte: »Wo ist die Leich’?« Man wollte ihm den Toten zeigen, aber er saß schon an einem Tisch und füllte das Formular aus. Nach einiger Zeit musste ich an diesem Kollegen die Obduktion durchführen, er war an einer Leberzirrhose verstorben.
Hallo, ihr Minister! Wacht auf und tut was!
In Erweiterung und Intensivierung langjähriger Argumentation müssen an die Gesetzgeber Forderungen zum Wohl der Allgemeinheit herangetragen werden. Wozu leisten wir uns sonst Politiker?
Es gehört doch zu den wesentlichen Aufgaben eines Staates, die Gesundheit und das Leben seiner Bürger zu schützen. Das ist unbestritten und wird auch versucht. Auch die Leichenschau und das Sektionswesen dienen der Sicherheit der Bevölkerung. Das wird vernachlässigt und verschlampt. Der Arzt vertritt im Rahmen der Leichenschau ein letztes Mal die Interessen des ihm anvertrauten Patienten: »Auch als Leichenschauer soll der Arzt noch Helfer seiner Mitmenschen sein. Es besteht die gleiche Verpflichtung, die Interessen der Toten zu wahren wie die des Lebenden. Hierzu gehört die Notwendigkeit, den eingetretenen Tod sicher festzustellen sowie Todesart und Todesursache aufzuklären.«
Oft wird das Argument angeführt, dass eine größere Sektionszahl wirtschaftlich nicht mehr zu bewältigen sei. Das ist eine unbegründete Angst um das Geld des Steuerzahlers. Es ist erwiesen, dass die Obduktion die schnellste, sicherste und billigste Methode darstellt, Licht in das Dunkel eines ungeklärten Todesfalles zu bringen.
Wer hat Nutzen und Interesse an einer Obduktion?
1. Die Angehörigen
Früher oder später tauchen meist folgende Fragen auf:
»Hat man selbst, der Arzt oder das Krankenhaus etwas verabsäumt?«
»Gibt es Hinweise für einen Suizid oder Fremdverschulden?«
»Liegt eine Erbkrankheit mit Gefahren für die nächste Generation vor?«
»Handelte es sich um eine Infektionskrankheit, bei welcher Familienmitglieder angesteckt worden sein könnten?«
Von besonderer Bedeutung für die Hinterbliebenen ist der Nachweis einer rentenpflichtigen Berufserkrankung oder eines Unfalles. Die Versicherung fordert unweigerlich einen Obduktionsbefund, sonst wird die Rentenzahlung ein gutachterlicher Streitfall. Im Zeitalter der an Beliebtheit zunehmenden Alternativmedizin und des schwindenden Vertrauens in die Schulmedizin werden die behandelnden Ärzte immer häufiger kritisiert, beschuldigt, ja sogar angegriffen. Ein Obduktionsbefund ist ein entscheidendes Dokument in einer eventuellen Auseinandersetzung zwischen den Hinterbliebenen und den Ärzten; auch für das Eingreifen eines Patientenanwaltes ist ein solcher Befund wichtig.
2. Die behandelnden Ärzte
»Ärzte, die viele Leichenöffnungen gemacht oder gesehen haben, haben zumindest zu zweifeln gelernt!« Dieser Satz des großen Morgagni (1762) hat noch immer Gültigkeit.
Faustregel: Zwei Drittel der klinischen Diagnosen bei einem Krankenhauspatienten sind absolut richtig, ein Drittel ist ergänzungsbedürftig bzw. nicht zutreffend. Die behandelnden Ärzte wären gut beraten, zu den Sektionen ihrer Patienten zu kommen.
3. Das Krankenhaus
Im Zeitalter einer zunehmend aggressiven Berichterstattung in Fernsehen und Zeitungen ist es für ein Krankenhaus fast lebenswichtig, korrekte Krankengeschichten und Obduktionsbefunde vorweisen zu können. Letztendlich zwingt die zunehmende Zahl der Wunderheiler, deren Patienten dann im Krankenhaus sterben, hier für eine exakte Klärung der Vorkommnisse zu sorgen.
4. Unterricht und Ausbildung
Der Dialog zwischen Kliniker und Pathologen ist die Grundlage einer sinnvollen Aus- und Fortbildung. Der Arzt beschäftigt sich mit dem Einzelfall. Das Individuelle einer Krankheit wie auch des Sterbenden ist nicht dem Lehrbuch zu entnehmen, sondern nur bei der letzten Besprechung des tragischen Einzelschicksals zu erfahren. Dieses zu klären ist Aufgabe des Pathologen.
5. Die Wissenschaft
Erst seitdem systematisch seziert wird, ist die Krankheitslehre in die Reihe der exakten Naturwissenschaften gerückt. Nur dann, wenn das kundige Auge des Obduzenten die letzte Kontrollinstanz bleibt, besteht keine Gefahr, dass die Medizin eine rein technisch-apparative Disziplin wird.
6. Die Todesursachenstatistik
Zahlenangaben über Todesursachen, erhoben durch Statistische
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