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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Square. Ich stieg vor dem Hauptgebäude aus und achtete auf dem Weg zum Eingang darauf, nicht auf den Eisplatten auszurutschen.
    Ein Wachmann fragte mich am Eingang, wohin ich wolle. »Der Empfang hat bereits angefangen, Miss. Er findet im Neubau statt, nicht hier.«
    »Aber ich dachte –«
    »3. Straße West, Hausnummer 85.«
    Mein Ärger war offenkundig. Ich hatte nur kurz mit Nan telefoniert und mich nicht nach der genauen Adresse erkundigt. Jetzt hatte ich nicht die geringste Lust, wieder in die Kälte hinauszugehen.
    »Es ist nur um die Ecke, Miss«, sagte der Wächter. »Zwischen der Sullivan und der Thompson Street.«
    Mit eingezogenem Kopf kämpfte ich auf der für das Greenwich Village typischen engen Straße gegen den eisigen Wind an. Ich folgte einigen Männern mit Aktenkoffern die Treppe hinauf zu einem kleinen Backsteingebäude, aus dem die ersten Partygäste bereits wieder herauskamen.
    »Ihr Mantel, Madam?« Ein junger Mann neben einem Garderobenständer nahm meine Sachen entgegen, und ich ging hinein, um meine Kolleginnen zu suchen.
    »Ich empfehle den Roten«, empfing mich Catherine Dashfer mit erhobenem Glas. »Wenn du dir genug davon zu Gemüte führst, lässt dein Verlangen, Scalia eins überzubraten, wenn sie seine Urteilsbegründungen erörtern, vielleicht etwas nach.«
    »Entschuldigt die Verspätung. Ich bin zuerst zum Hauptgebäude gefahren. Wo sind wir hier?« Ich sah mich um. Das Gebäude mit den kahlen Wänden glich eher einem Mietshaus als einer bedeutenden universitären Einrichtung.
    »Sie reißen diese Bruchbude ab und errichten an ihrer Stelle einen riesigen Neubau«, sagte Nan. »Du kannst es dir im Keller anschauen.«
    »Was anschauen?«
    »Der Dekan hat ein paar Bauarbeiter herbestellt, die im Keller die Wand abtragen.«
    »Um sieben Uhr abends? Kein Wunder, dass die Studiengebühren hier so hoch sind. Bei den Überstunden!«
    »Es ist alles Teil der Show für die Ehemaligen, die heute Abend den Spatenstich feierlich begießen.«
    Der Barkeeper reichte mir ein Glas Rotwein.
    »Soll ich jetzt sagen, dass sich das nach einem faszinierenden Abend anhört? Sollen wir deswegen die Podiumsdiskussion sausen lassen?«
    »Nicht direkt. Aber dieses Brownstone-Haus ist über zweihundert Jahre alt. Die Ausgrabungen haben alle möglichen Artefakte aus der Kolonialzeit zu Tage gefördert. Teetassen, Silbergeschirr, Zinnschüsseln. Es würde dir gefallen.«
    »Warum ausgerechnet heute Abend?«
    »Um den großzügigen Spendern etwas zu bieten. Wie oft sieht man schon mit eigenen Augen, wie ein Stück New Yorker Geschichte freigelegt wird? Kommt mit!«
    »Ich habe genug gesehen. Mir ist es zu eng dort unten«, sagte Marisa Bourgis. Sarah Brenner, meine Stellvertreterin, winkte ebenfalls ab.
    »Ich komme mit«, sagte ich und folgte Nan und Catherine zur Treppe ins Untergeschoss.
    Zwei Dutzend Männer in Nadel- und Kreidestreifenanzügen und eine Hand voll Anwältinnen unterhielten sich in Grüppchen, während drei Arbeiter mit Schutzhelmen alte Ziegelsteine aus der Mauer klopften. Auf einem Tisch in der Ecke lagen einige der Stücke, die man in den letzten Stunden hinter der Mauer hervorgeholt hatte. Ich nippte an meinem Weinglas und betrachtete ein hölzernes Werkzeug, das nach einem primitiven Küchenutensil aussah, während Nan mit einem ihrer ehemaligen Professoren plauderte.
    »Was meinst du? Was ist das?«, fragte Catherine und hielt ein gewundenes schwarzes Metallstück hoch. »Eine Brille oder –«
    In dem Moment hallte ein schriller Schrei durch den Raum. Die Frau, die ihn ausgestoßen hatte, hätte gut und gern eine der ersten weiblichen Absolventinnen der renommierten Jurafakultät sein können. Einige der männlichen Gäste eilten zu ihr, um sie zu einem Stuhl zu geleiten.
    »Wahrscheinlich hat einer der Arbeiter die arme alte Dame getroffen, als er mit der Brechstange ausholte«, sagte Catherine. »Jetzt wird sich jeder Anwalt im Haus, der auf Schadensersatzklagen spezialisiert ist, auf sie stürzen.«
    Wir gingen zu der Stelle, wo die alte Dame saß. Ein paar Gäste hielten die Schaulustigen auf der Treppe zurück, während sich die anderen um ein dunkles Loch in der Ziegelmauer scharten und überraschte Laute von sich gaben. Als ein Mann zur Seite trat, nahm ich seinen Platz ein.
    Entgeistert blickte ich in zwei Augenhöhlen, die von absolut glatten, elfenbeinfarbenen Knochen umrahmt waren. Ich stand Auge in Auge mit einem menschlichen Schädel, der bis vor wenigen Sekunden hinter

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