Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
Vom Netzwerk:
Amazonien gab es keinen Geschlechterkampf. Alles war ausgeglichen.
    Männer schlugen weißen Stein aus den Bergen und die Frauen formten ihn mit Meißel und Hammer. Die Frauen gingen auf Jagd, denn sie waren geschickter und leiser im Anschleichen, außerdem ruhiger, wenn es galt, den Bogen zu spannen, die Männer waideten das Wild aus und machten Leder aus der Haut und Garn aus den Eingeweiden. Man kochte gemeinsam und speiste in wohlgefälliger Runde.
    Alles lief seinen Gang, bis eine Woche später die Krankheit kam.
    Es starben die Männer. Es begann mit Beulen in den Achselhöhlen und der Leistengegend. Sie waren blau oder schwarz gefärbt und eiterten stark. Die Männer litten unter Kopfschmerzen, bald bekamen sie Fieber und abschließend waren sie benommen und nicht mehr in dieser Welt. Was morgens begann, endete abends mit dem Tod. Es ging schnell und nahm den Frauen ihre Liebsten, bevor sich ihre Seele darauf einstellen konnte.
    Frauen blieben von der Krankheit verschont, doch sie wussten, dass sie ohne Männer aussterben würden. Was, wenn die Krankheit jeden Mann hinwegraffte? Würden sie dann das tun müssen, was der Lügner Nordengrol geschrieben hatte? Würden sie ausziehen müssen, um Männer zu versklaven?
    Sabina, die Heilerin, brachte es auf den Punkt.
    Es fehlte ein Heilmittel. Alle von ihr vollzogenen Rituale brachten kein Ergebnis. Es gab eine kleine Möglichkeit, eine winzige Aussicht. Legenden sagten, was heile, sei der Urgrund der Kraft und Unsterblichkeit, ein heilender Extrakt, der in der Schale eines Dracheneies verborgen sei.
    Das wäre ein guter Grund, die Männer auf eine Reise zu schicken, weg aus Amazonien, meinten einige Frauen. Diese Idee wurde schnell verworfen. Was, wenn einer der Männer die Seuche in sich trug? Er würde ganz Mythenland anstecken. Also mussten sich Amazonen auf den Weg machen.
    Lysa war die beste Kämpferin Amazoniens. Sie hatte jeden Wettbewerb gewonnen, sie war eine begnadete Jägerin, eine großartige Bogenschützin und ritt ihren Tronser, als gehöre er zu ihrem Körper. Außerdem war sie intelligent und verfügte über natürliches Charisma. Heilerin Sabina und Mutter Evany trafen hinter verschlossenen Türen eine Entscheidung:
    Lysa, die ab sofort die Große Lysa genannt werden sollte, würde eine Gruppe Amazonen anführen. Gemeinsam ginge man auf die Reise.
    Zur Zeit dieser Entscheidungen betrat Lydia, eine Freundin von Lysa, den Tempel und rief die Göttin Antiana an. Sie meditierte viele Stunden und bekam ein Zeichen gesandt. Sie spürte das Drachenei. Sie ahnte, wo es war. Als sie das Mutter Evany vortrug, schrieb sie die Zukunft.
    Keine dieser Dinge war mit Lysa besprochen worden und als sie es erfuhr, fiel sie aus allen Wolken. Wie bitte solle sie eine Gruppe anführen? Und wie solle sie reisen? Lydia habe die Schwingung eines Dracheneies von einer Insel viele hundert Meilen entfernt empfangen, meinte Mutter Evany.
    »Nicht mit mir!«, stellte sich Lysa quer. Sie wollte sich einen schönen Mann suchen und ein friedliches Leben haben. Welchen Mann? Alle Männer sterben! Wirklich alle? Vielleicht ebbt die Seuche ab? Und Rodetto war gesund. Sie konnte ihn erwählen und mit ihm an die Küste gehen, bis die Seuche vorbei war.
    »Du trägst Verantwortung, Lysa«, meinte Mutter Evany. »Lydia hat ein Zeichen Antianas erhalten. Sie ist eine Seherin. Antiana will, dass alles wieder gut wird, sonst hätte sie das nicht getan. Sie passt auf uns auf.«
    »Dann nehmt eine der anderen Frauen. Es gibt viele, die gut kämpfen können, gut jagen und, und ...«
    »Nein!«
    »Ich bin sehr jung«, suchte Lysa nach weiteren Argumenten.
    »Du bist alt genug. Neunzehn. Man wird dir folgen, weil Antiana das so will.«
    »Die Göttinmutter hat nichts von mir gesagt ...«
    »Zweifelst du an mir?«
    »Nein, Mutter Evany. Du weißt, dass ich dir immer treu war.«
    »Dann sei es auch jetzt.«
    »Dennoch hat die Göttinmutter nicht von mir gesprochen.«
    »Ich tue es«, zischte Mutter Evany und Lysa zog den Kopf zwischen die Schultern.
    »Wir müssen mit einem Schiff zur Insel. Wir haben kein Schiff.«
    »So ist es, Lysa. Wir werden eines stehlen.«
    »Von wem?«
    »Hier achtet die Göttinmutter auf uns. Vor wenigen Stunden wurde ein Piratenschiff gesichtet. Es wird in wenigen Stunden an der Küste anlegen. Du weißt, dass das hin und wieder passiert. Sie verstecken in den Höhlen der Bergkette ihre Schätze und reisen weiter. Bisher haben wir uns gegenseitig geduldet. Sie fürchten

Weitere Kostenlose Bücher