Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
er stolz war. Ein Witz! Der Witz eines Feiglings! Das unnütze Aufbäumen eines Mannes, der lieber aus Prinzip starb, als seinen eigenen Sohn anzuhören. Er hatte es nicht besser verdient!
Mit einer Andeutung seiner Kraft, indem er seine Fingerspitzen bewegte, als verjage er eine Fliege, schleuderte Feiniel dem Mann, der nun nicht mehr sein Vater war, eine Wand düsterer Aura entgegen. Eine Wand, so dicht wie Stahl. Sie donnerte lautlos gegen Segurían von Ranéwén, umfing den Mann und presste diesem innerhalb eines Blinzelns das Leben aus dem Körper.
Der Elfenlord sank vornüber auf die Knie, als wolle er sein letztes Gebet sprechen. Als er aufschlug, war er tot.
»Niemals ...«, murmelte Feiniel, dessen Augen brannten und dessen Wangen nass waren. »Katraana bleibt bei mir.«
Er flocht seine Magie zu einem einzigen Strang und verstaute ihn. Dann sprang er über die Leiche des Mannes hinweg und suchte seine Tochter.
Er fand sie nicht.
Fand sie niemals.
Sie war davongerannt.
Sie hatte sich versteckt und alle Magie der Welt brachte sie nicht zum Vorschein.
Es war vergeblich gewesen.
NUTZLOS!
Er hatte nicht mehr viel Zeit, sie zu suchen, denn er verließ das Elfental. Er ging nach Unterwelt und hatte das erste Mal das Gefühl, es sei genau richtig so. Er hörte die Rufe der Dämonen und folgte ihnen. Nein, genauer gesagt, folgten die Dämonen ihm. Sie nahmen ihn bei der Hand und holten ihn zu sich. Sie wussten nicht, was sie sich damit antaten.
Murgon kehrte in die Gegenwart zurück. Sollte sein Leben eine Ansammlung von Nutzlosigkeit sein?
Letzte Erinnerungsfunken schickten Bilder, in denen er sich erkannte. Wie er nach Unterwelt gelangt war. Wie er getrauert hatte. Wie er von Gwenael erfuhr, dass man Katraana einer tiefen Verinnerlichung unterzogen hatte, damit sie ihn vergaß.
Bis heute wusste die Elfe nicht, dass Feiniel ihr Vater war.
Dass Murgon, der Lord von Unterwelt, ihr Vater war.
Für sie war er ein böser Elf, ein Monster!
So hatte man sie erzogen.
Dahinter steckte Methode.
Und es entbehrte nicht einer gewissen Logik, dass man ausgerechnet sie auf ihn angesetzt hatte. Hoffte man, er würde gegen seine eigene Tochter nicht aufbegehren?
Ein grausamer Plan.
Katraana durfte niemals den Weg nach Unterwelt finden. Das musste mit allen Mitteln verhindert werden. Durch den Mahlstrom konnte nur gehen, wer von Dämonen geholt wurde. Hier bestand keine Gefahr. Also galt es, den geheimen Übergang zu finden. Nur dann konnte er versperrt werden.
Murgon konzentrierte sich erneut auf seine Schwester, die ihn atemlos anblickte und auf die Dokks. Er musste den Ort finden, wo das Schiff gestanden hatte. Er musste.
»Streng dich an, Gwenael. Wo war das Schiff? Wenn du es gesehen hast, wirst du es wiederfinden! Wo ist Dogdan? Wo befinden sich die Flüchtenden?«, murmelte er.
Sie lächelte. »Erneut die Erinnerung? Wiederum so quälend?«
Er stutzte. Ach – das meinte sie. »Ja«, seufzte er. »Katraana. Mein Vater.«
Ihr ausgestreckter Zeigefinger fuhr auf ihn zu. Er schreckte zurück, doch sie schüttelte sanft den Kopf. Mit ihrer Fingerspitze tupfte sie eine Träne weg.
9. Kapitel
Es war eine Nacht, die nie zu enden schien.
Im Schein der Laternen zuckten Schatten über die Planken der Lotus.
Der Golem brüllte zornig. Ihm war der Übergang in diese Welt gelungen. Er hatte sich offensichtlich an das Schiff geklammert und war genauso wie Bluma und Darius durch die Dimensionen des Übergangs gezogen worden.
Es hört niemals auf!, dachte Bluma verzweifelt. Sie hatte die Nase voll von Kampf und Wut und Gefahr. Nur ein paar Stunden schlafen, ruhig und behaglich, das wünschte sie sich. Was sie in den letzten Tagen erlebt hatte, forderte nicht nur ihren Verstand bis zum äußersten sondern auch ihren Körper. Alle Muskeln schmerzten, die Knochen fühlten sich an wie störrische verkantete Äste.
Mit bebenden Fingern tastete sie nach dem Messer, das sie aus der Kombüse mitgenommen hatte. Sie rückte ihr Haartuch zurecht und stellte sich in Position.
»Groaaaaar!«
Der Golem war ganz in der Nähe. Nicht mehr lange und er würde sich seine Opfer holen. Ein schneller Blick zu Darius zeigte Bluma, dass auch er am Ende seiner Kraft war. Zwar wirkte er mit dem Schwert in der Hand, den wehenden schwarzen Haaren und dem flammenden Blick wie ein Held aus einer Sage, doch zwischen seinen Augen hatte sich eine tiefe Falte gebildet und seine Augenbrauen verzerrten sich zu einem dunklen Strich.
Was
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