Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
war die Zeit, als Feiniel Aquarelle malte und Gedichte schrieb, ein heller Kopf mit Feinsinn. Er war der Sohn von Segurían von Ranéwén, dem Elfenlord über Tal Solituúde. Er lebte in einem weißen Palast mit goldbeschmückten Fenstern, weichen, architektonisch herzergreifenden Rundungen und rotglühenden Kletterrosen. Es war eine gute Zeit und Gwenael, seine große Schwester, kümmerte sich rührend um den hübschen Lordnachfolger.
Bis er das Artefakt fand und lernte, dass auch das sogenannte schöne Volk von Missgunst, Furcht und Diskriminierung zersetzt sein konnte. Obwohl Feiniel in seinem Elternhaus blieb, war er einsam und alleine. Seine Eltern wendeten sich gegen ihn, seine Freunde drehten sich weg. Feiniel war ein fleißiger Schüler, lernte schnell und schließlich kam der Tag, an dem er seinen Zorn nicht bändigen konnte. Er bestrafte seinen Vater, indem er ihn unterwarf und sich von ihm das Artefakt aushändigen ließ, welches der mächtige Mann ihm weggenommen hatte.
Von nun an fürchtete ihn seine Familie noch mehr.
Feiniels Haar färbte sich weiß, seine roten Augen wurden schwarz.
Je mächtiger er wurde, desto beliebter war er bei den Weiblichen. Sie umgarnten ihn und sonnten sich in seiner ergrauten Aura. Ihnen las er seine düsteren Gedichte vor. Bei ihnen holte er sich Zustimmung und etwas, dass er für Liebe hielt.
Es geschah, was kommen musste.
Sie hieß Suún und er schwängerte sie. Suún, die Unselige, wurde von ihrer Familie verstoßen. Es sei nicht zu akzeptieren, dass sie dem gefürchteten Feiniel ein Kind schenke. Feiniel sei mit Dämonen verbunden, man erinnere sich seiner mächtigen Zauberkraft.
Nein, er sei ein Feindenker. Er schreibe Gedichte. Er habe alle Prüfungen bestens absolviert. Er sei gut und lieb und zärtlich, verteidigte sie ihn.
Suúns Eltern ließen nicht mit sich reden und verstießen sie. Sie brachte eine Tochter zur Welt und nahm sich das Leben.
Feiniel wollte es ihr gleichtun.
Sein Kummer war größer als die Welt, in der er lebte.
Wäre das Kind nicht gewesen. Ein Kind, seine Tochter, die ihn benötigte. Voller Hass und Trauer kümmerte er sich um die Kleine. Niemand mischte sich ein. Man akzeptierte ihn als Vater.
Das Kind war ein hübsches Mädchen mit blonden Haaren. Wie alle Elfen wuchs sie schnell, maß bald drei Fuß und war mit sechs Jahren schlank und gelenkig. Ihr Verstand loderte, ihre Kraft war die eines wilden Tieres. Feiniel war stolz auf sie.
Er erinnerte sich, dass er die Kleine gerne an sich drückte. Er sang ihr das Lied von Vater Federleicht vor und nahm von ihrer Phantasie Besitz, indem er sie auf sanfte Gedankenreisen mitnahm, stets spannende Momente, die er bis heute nicht vergessen hatte.
»Katraana«, flüsterte er seiner Tochter ins Ohr. »Katraana – bald wirst du eine mächtige Elfe sein, die Tochter desjenigen, der das Artefakt der schwarzen Wächter öffnete. Du wirst an meiner Seite sein und mit mir herrschen ...«
Er sah nicht den Schatten des Mannes, der hinter der Hecke zu Licht und Sonne betete. Er war so in seine Liebe versunken, dass es eine Weile dauerte, bis ihm klar wurde, dass sein Vater den geflüsterten Monolog belauscht hatte.
Segurían von Ranéwén, der Lord von Elfental, baute sich vor ihm auf. Obwohl Feiniel bei seinem Vater tiefe Furcht spürte, sagte der Mann: »Du gibst mir das Kind, Feiniel! Ich werde niemals zulassen, dass du es in deine düstere Welt hinein ziehst.«
Der junge Elf verharrte. Er drückte dem Kind einen Kuss auf die Stirn und drückte das zitternde Mädchen an sich. Er wollte keinen Streit. Er wollte nur seine Ruhe. Er benötigte diesen Raum, um seine Gefühle in Ordnung zu bringen. Alles, was in ihm war, jede positive Emotion, schenkte er Katraana.
»Lass uns alleine, Vater«, sagte er mit ruhiger Stimme.
»Du hast die Mutter des Kindes umgebracht«, sagte der Elfenlord.
»Du weißt, dass das nicht stimmt. Ihre Familie verstieß sie. So, wie ihr mich verstoßen habt, nur, weil ich diesen unsäglichen Holzkasten fand. Mich wundert, dass du meine Tochter nicht getötet hast.«
»Sie kann nichts für ihre Eltern.«
»Zumindest in der Hinsicht scheinst du weiser, als die Familie von Suún.« Feiniel lachte krächzend. Seine Tochter starrte mit großen Augen zu den Männern. Sie fing an zu weinen.
»Du hättest wissen müssen, wie Suúns Eltern reagieren, als du dich mit ihr abgegeben hast. Es war unverantwortlich.«
»Lass uns alleine!«, sagte Feiniel erneut und seine Stimme
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