Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Kette des Ankers schwang so stark, dass Rondrick Angst um sein Wohlbefinden hatte. Er zog sich zusammen wie eine Schnecke, während Talus seinen Unterarm nach wie vor angewinkelt hielt. »Habt keine Angst!«, grollte er. Mit drei Fingern fixierte er Egg und Jamus, die auf seiner Schulter um Halt rangen.
Rondrick stemmte sich auf Talus‘ Unterarm.
Durch eine Furt preschten ungefähr zwei Dutzend Gäule ins Tal. Sie stoben in einer Staubwolke heran. Angeführt wurde die Gruppe - Rondrick traute seinen Augen nicht - von Inquister Balger. Der fette Mann saß auf einem gigantischen Streitross wie eine schwabbelnde Kröte. Seine Kutte wehte, seine schwere Kette baumelte vor der Brust. Die Soldaten hinter ihm hatten ihre Waffen gezogen. Sie näherten sich in Windeseile und man musste sehr naiv sein, um nicht zu merken, dass sie sich auf dem Kriegspfad befanden.
2. Kapitel
Lady Grisolde ging einer ihrer liebsten Beschäftigungen nach. Sie kämmte ihre Haare. Dabei lächelte sie in den Spiegel, einen wertvollen Kristall. Sie war eine wunderschöne Frau. Ihr Gemahl, Rondrick von Dandoria, hatte sie hin und wieder mit einer Elfe verglichen. Dass sie sehr menschlich war, bewies sie ihm gerne in späten Stunden.
Nun war Rondrick fortgegangen.
Der Riese hatte ihn, Egg T‘huton und einen Unbekannten aufgenommen und war mit ihnen verschwunden. Vorher hatten Rondrick und seine Gefährten getan, als vertrieben sie den Riesen aus der Stadt.
Grisolde war der seltsamen Inszenierung von der Turmzinne aus gefolgt. Das war lächerlich gewesen und Grisolde wunderte sich über die Naivität, mit der die Dandorier ihren geheimsten Wünschen nach einem heldenhaften König folgten. Andererseits musste man das alles vermutlich von einem erhöhten Ausblick betrachten, um den Trick zu bemerken.
Wenig später hatte Grisolde ein Treffen mit den wichtigsten Ministern von Dandoria einberufen.
Anwesend waren Inquister Balger, ein fettleibiger Kerl, dem man seine Gefährlichkeit nicht ansah. Daneben, die Arme vor der Brust gekreuzt, Schatzmeister Redus Dorr, ein bärtiger Mann, ihm gegenüber General Moren Syndar. Drei Männer, auf die sie sich verlassen konnte. Sie waren ebenso wie sie unzufrieden mit Rondricks politischer Überzeugung und hätten den halbherzigen König lieber heute als morgen tot gesehen. Der hagere General wusste, dass Grisolde vor vielen Jahren in einem zwielichtigen Gewerbe gearbeitet hatte. Er spielte sein Wissen nicht aus, doch es hielt Grisolde und ihn auf eine Ebene.
Grisolde machte aus ihrem Herzen keine Mördergrube.
Sie zeigte ihre Unzufriedenheit.
General Syndar lächelte messerscharf. »Euer Gemahl, Lady Grisolde, ist für Dandoria auf Dauer untragbar. Erst überlebt er mit mehr Glück als ein Mensch haben sollte, ein Dämonenattentat. Nun verjagt er einen Riesen und lässt seine Stadt zurück!«
»Allem was Ihr sagt, stimme ich zu«, gab Grisolde zurück.
Der Inquister, oberster Hexenjäger von Dandoria, reckte sich. »Mein König wird mich, den General und andere, die ihm Paroli bieten, nach Unterwelt schicken, um den Dämon zu finden, der ihn töten wollte.«
»Und das wollt Ihr nicht, richtig? Das ist gefährlich, nicht wahr?« Grisolde lächelte nach innen. Gar nicht dumm, was ihr üblicherweise argloser Gemahl plante. So würde er sich seiner härtesten Kritiker entledigen. Hatte sie ihn falsch eingeschätzt?
Sie schilderte Rondricks Verschwinden und bat die Männer darum, den König zu suchen. Selbstverständlich könne viel geschehen - niemand wisse, ob man eine Riesenjagd überlebte.
Sie gab keinen genauen Befehl, doch jeder wusste, was sie meinte.
Wenig später verließen die Drei und siebzehn bis an die Zähne gerüstete Soldaten die Burg.
Zufrieden lehnte sich Grisolde an eine Zinne. Unten waren fleißige Dandorier dabei, Steine wegzuräumen und die durch den Riesen verursachten Schäden zu beseitigen. Sie machten es heiter, denn sie wussten sich unter dem Schutz eines heldenhaften Königs, der dieses Monster sein Schwert schwingend aus der Stadt verjagt hatte.
Dass Rondrick noch nicht zurück gekehrt war, wussten sie nicht.
Vermutlich interessierte es sie auch nicht.
Sie lebten ihren Traum.
Eine weiße Stadt, wunderschön gelegen, ein tapferer König und allgemeiner Wohlstand. Das schaffte ruhigen Schlaf und Vertrauen.
Grisolde erkannte, dass sie in Zukunft gegen Rondricks Zerrbild ankämpfen musste. Durch einen lächerlichen Winkelzug hatte er sich
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