Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Gemach. Sie ließ sich von zwei Soldaten ins verließ bringen.
Von den Wänden tropfte es feucht, Fackelschein warf zuckende Schatten. Aus den Zellen drangen fremdartige Geräusche, Jammern, Heulen, Winseln, Schnaufen, Gurgeln und Zischen. Es stank nach Vieh, Düsternis und Blut. Hier hielt Murgon magische Geschöpfe gefangen, darunter einige Dämonen, deren Erweckung und Kräfte er sich für spätere Zwecke aufbewahrte. Bis dahin machte er sie sich mit Magie und Drogen willig.
»Ist er hier?«, fragte sie.
Der Soldat, ein verwachsener Ork, nickte stumm, sein Partner ebenfalls. Murgon hatte ihnen die Zunge aus dem Mund geschnitten, woran Gwenael sich mit Schaudern erinnerte. Es war weniger der blutige Akt der Verstümmelung gewesen, der ihr Herz fast in Stücke riss, sondern die Gleichgültigkeit, mit der die Orks dies über sich ergehen ließen, obwohl ihre Seelen vor Kummer und Furcht schrien. Niemand, der in den Diensten des Dunkelelfs stand, sollte darüber ein Wort verlieren.
»Öffnet die Tür!«
Die Soldaten rissen ihre Augen auf und ihre Lippen formten ein Wort: DÄMON!
»Ist er jetzt in menschlicher Gestalt?«
»Goooh!«, nickten die Orks.
»Also folgt meinem Befehl!«
Mit bebenden Fingern drehte einer der Soldaten einen Schlüssel und die Tür öffnete sich.
»Geht. Ich weiß, was ich tue, oder ...« Die Soldaten zögerten. Ihre Hand zuckte hoch und die Orks quiekten verängstigt. Sie huschten davon und Gwenael war zufrieden. Ja, Macht war etwas Großartiges!
Sie trat ein. Es stank nach Schimmel, Exkrementen und etwas, dass sie nicht klar definieren konnte. Magie vielleicht? Schweißige Dämonenmagie?
Zuerst sah sie nur wenig, dann erkannte sie alles. Sogar jetzt, nachdem er gefoltert worden war und nachdem er seine dämonische Gestalt mehrfach angenommen und wieder verloren hatte, handelte es sich bei dem Gefangenen um einen bildhübschen jungen Mann, nicht älter als fünfundzwanzig Menschenzyklen.
Er hockte an der gegenüberliegenden Wand, an die man ihn angekettet hatte. Bei den Göttern, wie mussten ihn die Handreifen schmerzen, wenn er sich in seine Dämonengestalt wandelte und somit zur dreifachen Größe aufblähte.
»Wie ist dein Name?«, fragte Gwenael.
Der Mann blickte ruhig zu ihr hoch und schwieg.
»Warum hast du gegen Murgon aufbegehrt?«
Sie fragte sich, was wohl geschah, würde sie ihren Liebeszauber an ihm ausprobieren. Wäre es möglich? Sie zauderte etwas, den Gedanken zu Ende zu spinnen, konnte jedoch nicht. Wäre es möglich, sich einen Dämon mit Liebe untertan zu machen? Konnte ein Dämon überhaupt lieben?
Eine kindliche Neugier erfasste sie und gleichzeitig registrierte sie mit nüchterner Klarheit, welche Macht ihr ein Gelingen bringen würde.
Der Mann schwieg. Seine schönen Augen blitzten im Fackelschein. Die schwarzen welligen Haare waren ihm in die Stirn gefallen, um seine feinen sinnlichen Lippen spielte ein Lächeln. Er hatte keinen Bartwuchs.
»Du willst mir also deinen Namen nicht nennen. Du willst mir nicht sagen, warum du dich gegen Murgon stellst. Mein Bruder wird dich wieder und wieder foltern. Er wird dir früher oder später die Haut vom Fleisch schälen, wird dir deine Seele nehmen. Du bist etwas ganz Besonderes. Du bist Dämon und gleichzeitig Mensch. So etwas gab es noch nie und Murgon wird nichts unversucht lassen, dieses Rätsel zu lösen. Bedenke, wo du bist. Hier ist Unterwelt, hier sind die Dämonen zu Hause und alle anderen dunklen Geschöpfe, die nicht nach Mythenland gehören. Hier wurde das Böse geboren und hier wird es auf Ewigkeiten wandeln. Hierher hat es dich verschlagen und somit bist du ein Teil von Unterwelt. Es ist deine Aufgabe, als Dämon zu wirken und es ist deine Pflicht, Murgon zu dienen.«
Der Mann schüttelte, noch immer sanft lächelnd, den Kopf.
»Narr«, zischte Gwenael. »Du hast ihm Macht abgezogen, ist es so? Du hast ihn durch deinen Protest geschwächt und das weißt du. Alles, was du getan hast, hatte einen Sinn. Mir scheint es fast, als wenn du mit dem, was geschehen ist, zufrieden bist. Kann es sein, dass deine Tat geplant war? Dass es nur deine Aufgabe war, Murgon zu schwächen? Ich sehe die Intelligenz in deinen Augen und höre die klaren Schwingungen deiner Gedanken, so sehr du dich bemühst, sie vor mir zu verschließen. Es gibt Möglichkeiten, deinen Geist ein für alle Mal zu reinigen. Dabei wirst du deinen Verstand verlieren, aber vorher werde ich ihn lesen. Willst du das?«
Er sagte: »Das wirst du
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