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Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Steine.
    Unter ihr war nichts. Sie keuchte und rang nach Luft. Sie bäumte sich auf, um nicht weiter im Schlick zu versinken. Alles war vergeblich. Sie riss ihren Kopf hoch, schnappte nach Luft, wollte nicht eingesogen werden. Ihr schien, die Höhle lebte. Ein Organismus, der sie sich einverleibte. Ein Magen, der sie verdaute. Immer tiefer sank sie und sie schmeckte den Schlick und das Wasser und den Lehm und hörte auf zu atmen.
    Katraana brüllte und schnappte nach Luft.
    Sie erwachte.
     
     
    Schwarz!
    Alles war schwarz!
    Sie holte tief Luft. Es roch nach frisch gezimmertem Holz, nach ihrem eigenen Atem, nach Schweiß und Kälte. Und sie begriff, was geschehen war.
    Wenige Erinnerungen!
    Fragmente!
    Meister Claudel, der schweigsam einen Trunk bereitete.
    Inquister Balger, der stumm dabei zusah.
    Der nackthäutige Grotter, welcher neugierig stierend auf der Stelle tanzte.
    Fackeln, die niemals erloschen.
    Blaues Maguslicht, wahllos verteilt.
    Hingeworfene Bücher, Pergamentrollen und Gefäße. Spinnweben und feuchte Wände. Und der kleine, verwachsene Magus, dessen Augen, soweit sie sich erinnern konnte, für eine Weile gütig geblickt hatten. Als verwehre er sich seiner Aufgabe. Als täte ihm leid, was zu tun war. Als wolle er sie schützen. Als hätte er in seinem Leben zu viel gesehen. Ihre elfische Wahrnehmungsgabe hatte tiefstes Wohlwollen verspürt.
    Sie hatte darüber hinweg geschaut, sich dem verweigert und gesagt, es sei soweit. Sie wolle. WOLLE! Jetzt und hier! Dafür war sie geboren, geschaffen und ausgebildet worden. Für einen kleinen Moment hatte sie einen mentalen Kontakt mit dem Magus erlangen, bevor dieser seine Emotionen verschloss. Und sie las eine Frage.
    Warum glaubst du zu sein wie du bist?
    Wenn sie darüber nachdachte, würde diese Frage alles in Frage stellen. Das wusste sie. Dieses Rätsel sprach einen feinen Nerv in ihr an, der hin und wieder entflammt war. Bin ich ein Objekt? Bin ich das, was man von mir verlangt? Definiere ich mich darüber? Warum fehlen mir manche Fragen? Bin ich noch eine wahre Elfe? Und warum, bei den Göttern, wählt man ausgerechnet mich für diesen Auftrag? Warum schickt man keine Armee mutiger Kämpfer nach Unterwelt? Warum ICH?
    Hin und wieder hatte sie sich diese Fragen gestellt, doch Meister Liotùn hatte stets dafür gesorgt, dass sie sich nicht zu oft damit beschäftigte. Sie war, solange sie denken konnte, von den Meistern beschützt und ausgebildet worden. Dafür war sie dankbar. Liotùn und seine Gehilfen waren ihre Familie, waren es, solange sie denken konnte.
    Demzufolge machte sie sich frei von diesen Überlegungen und forderte ein, was richtig war.
    Und Magus Claudel erfüllte ihren Wunsch.
    Im selben Augeblick schwanden alle Zweifel.
    Sie war, was sie war.
    Sie tat, was man von ihr verlangte.
    Sie würde Murgon töten.
    Doch zuerst starb sie selbst.
    Nun war alles dunkel und sie roch das Holz des Sarges. Über ihr waren Erde, Lehm, Schlamm und Sand. Sie versuchte, ihren Atem zu beruhigen. Das Erwachen in einem Sarg war schauerlich. Nein, das war untertrieben. Es war – existenzielles, war – unvorstellbar!
    Als sie sich dessen bewusst war, rann fettiger Schweiß über ihren Körper und Panik ließ ihre Muskeln zucken. Dunkelheit. Holz. Kein oben oder unten, kein links und rechts. Sie schwebte in totaler Dunkelheit und atmete.
    Sie wusste nicht, wie viel Luft ihr noch blieb? Wann würde ihr Atem aussetzen, würde die Luft verbraucht sein?
    Sie schlug ihre Fingernägel in das Holz und drückte dagegen.
    Frei sein! Sie wollte frei sein!
    Ein logischer Instinkt.
    Hass hatte seine Qualität, Rache seine Lust, doch der Lebenswille war stärker als beides. Er verscheuchte alle Gefühle und reduzierte sie auf das, was sie war. Sie war ein Lebewesen. Nichts mehr und nichts weniger. Und sie wollte leben.
    Die Wände des Sarges drückten gegen ihren Körper. Sie schoben sich zusammen, als wenn sie ihr den Atem nehmen wollten.
    Und alles war schiere Dunkelheit!
    Sie versuchte, sich zu orientieren. Doch das gelang nicht, da sie keinen Anhaltspunkt hatte. Sie stellte sich vor, dass über ihr sechs Fuß Erde und Schlamm lagen und neben ihr viel mehr davon.
    Sie war einsam.
    Alleine!
    Und sie weinte.
    Eine Elfe weinte selten, eigentlich nie. Ein neues Empfindung, eine weitere Emotion, die sie erschaudern ließ. Sie verlor Tränen und stammelte dabei. Sie erlebte die Vergänglichkeit. Das absolute Grauen. Die Tiefe der Dunkelheit. Schwarz war bisher für sie nur

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