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Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Wir alle haben Schmerzen erlebt, Lebensgefahr und solche Dinge. Das verändert einen. Dadurch wird man demütig. Dankbar. Ich begrüße seitdem jeden neuen Tag mit Freude. Als hätte ich eine schwere Krankheit überstanden. Hurra, ich lebe noch. Wenn ich irgendwann auf meine Insel zurückkehre, werde ich eine Ode auf den Schmerz schreiben und darüber, dass er einen verändert.«
    »Eine weise Ansicht, Fret.«
    »Obwohl du meine Oden nicht magst.«
    Connor lachte. »Ich habe mich an sie gewöhnt. Außerdem wirst du immer besser.«
    »Weißt du …« Frethmar beugte sich etwas vor. »Deine Geschichte hat mich tief berührt. Ich habe mir immer einen Vater gewünscht und du hattest einen. Letztendlich war er dein Verderben. Seitdem frage ich mich, ob ich mit einem Vater tatsächlich glücklicher dran gewesen wäre, oder ob das nur sentimentale Wünsche waren.«
    »Es ist das, was man nicht hat. Das vermisst man«, gab Connor zurück.
    »Mein Vater machte sich nach meiner Geburt aus dem Staub. Meine Mutter starb und ich wuchs bei einer Tante auf. Sie war unkompliziert und ließ mich tun, was ich wollte. Ein Vater hätte mir vorgeschrieben, was ich zu tun hätte. Wäre das besser gewesen? Hätte ich auch irgendwann – auf andere Art wie du, aber dennoch – gegen ihn gekämpft?«
    »Kämpfen nicht alle Söhne gegen ihre Väter?«, fragte Connor. »Ich glaube, das ist vollkommen normal.«
    »Siehst du, diesen Kampf habe ich mir erspart. Was bleibt, ist die romantische Idee eines Zwergenmannes, der mich erzogen hätte. Ohne Kampf. Ohne Streit.«
    »Wir sind unsere Väter«, sagte Connor. »Und in dem Maße, in dem wir uns nicht mögen, verachten wir die Kerle, die uns zeigen wollen, wie es in der Welt läuft. Ich kannte Männer, die beim Tod ihres Vater Rotz und Wasser heulten, weil sie versäumt hatten, sich mit ihm auszusprechen, Dinge zu klären. Sie litten darunter und leiden noch heute. Sei froh, dass dir das erspart blieb.«
    »Ich hätte gerne Rotz und Wasser geheult.«
    »Nein, hättest du nicht, Fret. Es ist nicht spaßig, wenn dein Erzeuger stirbt und zwischen euch vieles Ungesagtes steht. Es wird dich dein Leben lang verfolgen wie ein Fluch.«
    Frethmar zog eine Schnute. »Vielleicht hast du Recht, Barbar. Ich hatte diesen Zwergentraum, und dachte, es wäre schön, einen Vater zu haben. Daran glaube ich auch jetzt noch.«
    »Ich habe Väter erlebt, die ihren Sohn, um ihn zu disziplinieren, viele Meilen auf den Knien haben rutschen lassen, bis den Ärmsten das Fleisch von den Knochen fiel. Sie haben den Sohn erniedrigt, nur weil er sich anmaßte, in einer Männergesellschaft vorlaut zu sein. Sie waren der Ansicht, dass ein Mann zu schweigen hat, bis er ein gewisses Alter erreicht hat. Andererseits jedoch schickten sie ihn in den Kampf und sahen begeistert zu, wie er tötete. Schlachten und Wüten durfte er, aber er hatte zu schweigen.«
    »Das ist krank«, murmelte Frethmar.
    »Nein, das ist Barbarenleben. Wir sind ein hartes Volk, denn wir überleben in der Kälte. Wir schlafen in Zelten und nehmen uns, was wir wollen. Disziplin ist der Grundstock für alles. Anders kann ein Clan nicht funktionieren.«
    Sie schwiegen eine kleine Weile.
    »Was sollen wir tun? Was hat man mit uns vor?« fragte Frethmar. »Scheiße, ich will hier raus. Die lassen uns über die Klinge springen.«
    »He, Fret. Wo ist dein Optimismus?«
    »Ich erinnere mich an meine Jugend. Und daran, wie vielen Zwergen ich wehgetan habe. Und wie sehr man mir weh getan hat. Eure Halbwüchsigen kriechen auf den Knien, uns schickt man in die Halle der Ahnen. Fleischwunden verheilen, doch die Konfrontation mit dem Dunklen kann dich dein Leben lang begleiten. Irgendwann sind eure Jungs selbst erwachsen und werden dasselbe mit ihren Söhnen machen. Ich allerdings würde niemals jemanden in die Ahnenhalle schicken.«
    »Willst du darüber reden?«
    »Na klar, Barbar. Meinst du, sonst hätte ich davon angefangen?«
    »Wohl nicht«, gab Connor zurück und reckte sich. »Das wird uns die Zeit vertreiben. Aber bitte nicht in Versform.«
    »Ich denke, ich bin besser geworden?«
    Connor brummte. »Alles zu seiner Zeit.«
    Und Frethmar erzählte.
     
     
    Frethmar hatte die Halle der Ahnen überstanden. Ausgehungert vertilgte er drei Spronks und fühlte sich wie ein Held. Ha, er hatte es Ortosch, Chator und Ortax gezeigt. Sie hatten ihn nicht brechen können.
    Er kriegte sich nicht ein, wenn er sich an die verdutzten Gesichter der Ältesten erinnerte. Er hatte sie

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