Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
er nicht definieren. Er hörte laute Stimmen über sich und klegte seine Ohren gegen den Rumpf, in dem es rumorte. Er vernahm eine schluchzende Stimme und sein Instinkt sagte ihm, dass diese Stimme sich fürchtete.
Das war seltsam.
Normalerweise fürchtete man nur ihn, den Golem.
Konnte es sein, dass diese Stimmen auch vor anderen Dingen Angst hatten? Das war durchaus beruhigend, denn es zeigte ihm, dass jene Gefühle, die er für gewöhnlich hervorrief, nichts besonderes waren, sondern offensichtlich zur Existenz jedes Wesens gehörten wie das Wasser, in dem er stand und das Land, welches er nun betreten würde.
Er stemmte sich hoch und von seinem Oberkörper floss ein kleiner Wasserfall. Er machte zwei, drei Schritte und zog sich an einer Holzplatte hoch, die weit vom Land herausragte wie eine Zunge.
Dogdan wusste nicht, dass man jenen Ort einen Hafen nannte, aber er erkannte, dass dies ein wichtiger Ort sein musste, denn hier gab es allerhand Wesen unterschiedlichen Aussehens. Nur an einem wichtigen Ort mochten sich so viele Existenzen versammeln. Er zog sich auf den Steg und richtete sich auf, wobei er knurrte und schnappte.
Erstaunt nahm er wahr, dass das Leben zu verharren schien. Jeder starrte ihn an und manche rissen die Augen weit auf. Ein Moment der Lähmung. Dann brach ein schrecklicher Lärm los.
Die Wesen stoben auseinander wie Schleimdämonen in Unterwelt und suchten das Weite. Sie schrieen und brüllten und Dogdan erkannte, dass dies mit ihm zu tun hatte. Stets, wenn er auf Wesen traf, besonders jene, die wie er auf zwei Beinen liefen, war die Reaktion dieselbe. Schreie! Kreischen! Lärm!
Das erste Mal in seinem Leben lachte Dogdan.
Ein tiefes Grollen, ein feuchtes Schmatzen. Man würde sich an ihn gewöhnen. Er würde hier leben, würde lernen, wie man sich so verhielt, dass niemand sich mehr vor ihm fürchtete.
Denn er begriff, dass sich die Laute der Zweibeiner angstvoll anhörten. Das war unnötig, denn Dogdan hatte erkannt, dass Wasserlebewesen sehr gut schmeckten. Er würde sich in Zukunft von deren Fleisch ernähren. Niemand musste Angst vor ihm haben.
Er wollte nichts mehr, als in diesem Verbund zu leben.
Wo sollte er auch hin?
Unterwelt war so weit entfernt wie die zwei hellen Bälle über ihm, die so heiß glommen. Für Dogdan gab es nur noch diese Welt.
Vor ihm kauerte ein Wesen, welches ihn mit offenen Mund anstarrte. Ein winzig kleines Wesen. Es roch nach Unschuld. Dogdan war versucht, erneut zu lachen. Na bitte – nicht jeder fürchtete sich vor ihm. Dieses Wesen – ein Kind? – dachte nicht daran, wegzulaufen. Es starrte ihn an und klapperte mit den Zähnen. Es zitterte am ganzen Körper, was Dogdan erstaunte, denn er empfand die Luft als warm. Warum fror das kleine Ding?
Dogdan fasste einen Entschluss.
Er würde allen zeigen, dass er kein Unhold war.
Er würde das Ding umarmen und wärmen.
Jeder würde das sehen und man würde ihn willkommen heißen, damit er ihn endlich vergaß, seinen Vater, den Lord von Unterwelt.
Damit er ein neues Leben beginnen konnte.
Dogdan wusste nicht, dass man ihn den Unseligen nannte, denn der Sinn dieser Worte wäre ihm verschlossen gewesen. Hätte man ihn gefragt, wäre er sicher gewesen, über eine Seele zu verfügen.
Doch so weit dachte er nicht, als er sich bückte, und das kleine Ding hochhob.
Frethmar strich über die Klinge der Axt, die er einem Gardisten während des Kampfes auf der Burg abgenommen hatte. Connor hob sein Schwert, Lysa und Laryssa überprüften ihre Bögen.
Sie hielten nur einen kurzen Moment inne, dann liefen sie los. Es war unwichtig, über den Sinn ihres Tuns nachzudenken. Nachdem Agaldir den Namen des Schiffes genannt hatte, reagierten sie sofort.
Die Wing!
Lysas Schiff!
Auf diesem Schiff war ein Ork, der das Drachenei hatte und dieses Schiff lief aus. Was war mit den drei Amazonen geworden, die das Schiff bewachten? Lebten sie noch?
Manchmal ist es besser, die Gedanken auszuschalten, denn sie können in die Verzweiflung treiben. Dann ist es besser, zu handeln.
Die Gefährten hetzten durch die Strassen, hinunter zum Hafen. Wären ihnen jetzt Gardisten begegnet, wäre das deren sicherer Tod gewesen. Die Gefährten waren eins. Ein Ziel. Ein Gedanke!
Lediglich Bluma, die unbewaffnet war, fragte sich, warum Agaldir, wenn er so mächtig war, dies alles zuließ? Konnte er keinen Bann über die Wing spinnen? Das Schiff aufhalten? Und wenn er es nicht tat, was hielt sie, die Barb, davon ab? Ihr
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