Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Bobba verfügte über einen Trinkschlauch, der mit dem Wasser des Lichtwurms gefüllt war.
Ein mächtiger Zaubertrank.
Agaldir war neben ihr. Die Barbs waren langsamer, ihre kurzen Beine trugen nicht so schnell wie die von Darius, Connor und auch Frethmar.
»Watrum hilft du uns nicht mit deiner Magie?«, keuchte Bluma, die sich beeilte, an die voraus eilende Gruppe Anschluss zu halten.
»Das wäre ein Frevel«, gab der Alte zurück.
»Frevel? Warum?«
»Wenn ein Magier in die Geschicke eingreift, wenn er den Lauf ändert, schwingt er sich zu einem Gott auf. Dies darf nur selten sein, da alles, was geschieht, Folgen hat. Nichts Schlimmes geschieht, ohne dass an anderer Stelle Gutes gewirkt wird. Nichts Gutes gibt es, ohne dass gleichzeitig Übles passiert. Ein immerwährender Ausgleich.«
Bluma verdrehte die Augen. Ihr Atem ging schwer, doch sie war nicht bereit, Agaldirs Erklärung zu akzeptieren.
Der Alte sagte: »Dies ist die erste Lektion, die ein angehender Magier lernen muss. Missbrauche niemals deine Macht. Zwar ist der Missbrauch reizvoll, denn er erhebt uns über das Schicksal, aber wir sind keine Götter. Und wehe, wir maßen uns an, welche zu sein.«
»Und was kann dann geschehen? Ist es nicht wichtiger, Unheil zu verhindern?«
Agaldir hielt inne und hielt Bluma am Arm fest. »Lass sie laufen. Wir sind nicht bewaffnet, sie hingegen sind Kämpfer. Wenn ich so schnell laufe, kann ich deine Frage nicht beantworten.«
Bluma starrte den Alten an.
»Woher, liebe Bluma, willst du wissen, ob wir Unheil verhindern, wenn wir die Wing aufhalten?«
Sie zögerte und er fuhr fort: »Es ist unser Unheil, ja. Aber wie gesagt, nur das Unsrige. Für denjenigen, der das Ei mit sich nimmt und das Schiff, mag es ein Erfolg sein, der sich später für uns alle auszeichnet.«
»Das ist – zynisch«, stieß Bluma hervor. »Mit dieser Sichtweise kann man alles, was geschieht, entschuldigen.«
»Was geschieht, ist ein Teil unserer Wahrnehmung. Doch welches Recht nehmen wir uns heraus, unsere Wahrnehmungen als die richtigen anzusehen?«
»Weil es unsere sind!«
»Seitdem es das Land der Mythen gibt, existiert eine übergeordnete Ordnung. Alles ist im Gleichgewicht und wenn dieses Gleichgewicht gestört wird, ergibt sich daraus eine neue Form des Gleichgewichtes. Unser Ziel sollte es sein, die darunter liegende vollkommene Symmetrie, das ausgeglichene Verhältnis und die harmonische Ordnung zu entdecken. Dieses Land, die Natur, jenes, was manche den Göttern zuschreiben, ist wie wir es sind. Absolute Balance.«
Bluma staunte. So hatte sie es noch nie gesehen.
Doch sie wollte noch mehr wissen. »Macht man es sich mit dieser Denkweise nicht zu einfach? Wie kann ich handeln, wenn ich glaube, alles geschehe sowieso – weil es sein muss.«
»Ist es so?« Agaldir wies auf die bewaffneten Gefährten, die soeben die Gasse zum Hafen hinunter liefen.
Bluma erkannte, dass es viel zu lernen gab und am liebsten hätte sie den Blinden Magister gebeten, sie in eine Lehre zu nehmen, was selbstverständlich anmaßend war, weswegen sie es unterließ.
Ihr Blick folgte den Gefährten und sie zuckte zusammen, als Schreie ertönten. Zweibeiner unterschiedlicher Rassen rannten aus den Seitenstrassen, kamen vom Hafen und wirkten, als hätten sie direkt in den Schlund nach Unterwelt geblickt.
Die Gefährten waren in einer Gasse verschwunden, sodass Bluma nicht erkennen konnte, was dort geschah. Ein brüllender Laut ertönte.
"Roooaaar!"
Bluma kannte diesen Laut, doch ihr Verstand wehrte sich, ihn einzuordnen. Jedenfalls für einen Moment, dann wusste sie, dass er sie gefunden hatte.
Der Golem, welcher sie verfolgte.
Und bevor sie diese Einsicht realisieren konnte, sah sie ihn. Für einen Moment stand ihr Herz still und ihr Blick huschte von Agaldir zurück zu dem Monster, welches über den Kopfstein stapfte.
Menschen, Halblinge und Trolle stürzten an ihr vorbei. Sie flüchteten vor dem Grauen.
Mari weinte, als man ihren Mann wegschaffte.
Sreidel war an seinem schwachen Herzen gestorben, wie der Heiler sofort feststellte. Man hatte ihr gestenreich mitgeteilt, wie Leid dies allen täte, doch Mari glaubte ihnen kein Wort.
Sreidel war unbeliebt gewesen, ein Säufer, der gerne Streit suchte.
Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und staunte, dass ihre Trauer verwehte wie ein Blatt im Herbstwind. Sie erinnerte sich an den schönen blonden Mann, den Hünen und daran, dass sie sich auf der Stelle in ihn verliebt
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