Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
sehr er ihre forschende Aura an sich genossen hatte? Und wann genau, bei allen Götter, schwand das Schwarz der Nacht? Wenn der Mond unterging? Oder die Sonne auf?
Seufzend kippte er den Kopf zurück gegen die Wand und fixierte die Astlöcher in den Deckenbaken. Was für ein Tag! Er war aufgestanden, um die Quittung für sein Versagen entgegen zu nehmen. Hatte sich darauf gefasst gemacht, das Gildenhaus und damit eine weitere Heimat verlassen zu müssen. Doch nach dem Auftauchen der Elfe waren Prüfungen das Letzte gewesen, über das noch geredet wurde. Der Rat hatte ihn, trotz Vaadhs Einspruch, hinausgeschickt und in aller Eile Boten ausgesendet und zu einer Großversammlung der Magiekundigen gerufen.
Ausgeschlossen und noch aufgewühlt von dieser sonderbaren Begegnung und dem noch viel sonderbareren Abschied, war Agaldir den Rest des Tages durch die Gänge des Hauses gestreift, hatte versucht sich in ein Buch über Solituúde und das Elfental zu versenken und war doch immer wieder zurückgekehrt zu dem Anblick, dem Gefühl und dem stummen Versprechen.
Erst zum Abend hin hatten sich die ersten Magister mit ihren Begleitern im Gildenhaus eingefunden und für Abwechslung gesorgt. Hinter vorgehaltener Hand wurden Nachrichten in den Gängen ausgetauscht, Gerüchte beim Abendbrotstisch diskutiert und erste Erlasse noch vor dem Nachtappell ausgerufen.
Agaldir war davon nur indirekt betroffen. Als Magier ohne Diplom blieb ihm die undankbare Rolle des ehrerbietigen Schülers, der Gepäck entgegen nahm, den Herren und Damen Magister den Weg zum Versammlungsraum wies und mithalf, die nötigen Unterkünfte zu organisieren.
»Was für ein Tag«, seufzte er, stieß sich von der Wand ab, rutschte vom Bett und ging die wenigen Schritte am Schreibpult vorbei hinüber zum Fenster.
Wolkenbänder krochen über den nächtlichen Himmel und verdeckten den Mond. Die Bänke unter ihm im Innenhof waren verlassen, die ewig plappernden Stimmen verstummt. Hin und wieder wehte eine Böe den Geruch von Salzwasser zu ihm heran. Sachte Erinnerung an sein altes Zuhause.
Isaia - seine kleine Schwärmerei, die Träume von großen Taten und schließlich der Wutausbruch kamen ihm mittlerweile dumm und kindisch vor. Er hatte doch noch gar nichts von der Welt gesehen, noch gar nichts wahrhaft gefühlt.
Bis heute.
Bis zu dieser körperlosen Berührung.
Ganz egal wie der Rat am Ende über ihn richten würde, er musste gehen - wollte gehen. Er hatte genug Zeit hinter verschlossenen Türen über Bücher gebeugt verbracht. Er wollte mehr. Und er wollte Mandraeja, wie grotesk dieser Wunsch für einen Halbling auch sein mochte.
Mit geschlossenen Augen spürte er dem Prickeln nach, das über seinen Körper gewandert war, dort wo sie neugierig seiner Magie nachgeforscht hatte. Und wieder fühlte er das sanfte Streicheln, roch den Hauch von Wald, stutzte einen Moment und griff blinzschnell nach vorn, bevor er die Augen öffnete.
Die Hand ging ins Leere, doch seine Sinne hatten ihn nicht getäuscht. Verhüllt wie zuvor, stand die Elfe in der, von Kerzenschein beleuchteten, Kammer und blickte ihm ruhig entgegen.
Agaldir lehnte sich gegen den Fenstersims und nickte ihr amüsiert zu. »Jagen Elfenbotschafterinnen neben Dämonen zum Zeitvertreib auch Halblinge?«
Statt einer Antwort schlug Mandraeja ihre Kapuze zurück, entblößte neuerlich ihr Gesicht und weitete ihre Aura, bis Agaldir nicht anders konnte, als wohlig zu schnaufen. Keine Nervosität, kein Flattern in der Magengrube, wie es so oft in den Geschichten hieß. Ihre Magie gab ihm die Chance die Gefühle unverfälscht zu kosten - ohne Angst, aber auch ohne Tabu.
Er öffnete das Band, das seine Haare zum einem Zopf gehalten hatte, strich sich über die noch junge männliche Brust hinab zum Kilt und ging gemächlich auf die Elfe zu, streckte die Hand nach ihr aus und berührte den feinen gezeichneten blauen Stern auf ihrer Stirn.
Sterne!
Das war alles, was Agaldir im nächsten Moment sah, bevor sich der Raum um ihn öffnete, forttrieb und ihn allein in einem Licht zurückließ, das von unten zu ihm hinauf strahlte.
Ein Teich, von innen heraus leuchtend. Und drin lag, zusammengekauert und unschuldig nacktweiß ein mehrere Menschenlängen langer Wurm.
»Mandraeja?«, flüsterte der Halbling irritiert.
Da regte sich der Wurm, hob den Kopf und blickte den Halbling aus schwarzen Augen an.
Bald. Bald wirst du deinen Platz einnehmen müssen.
Als Agaldir wieder zu sich kam, fand er sich
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