Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
lachte grimmig. »Du gehst ins Trolld, um mit ... Schraten zu spielen?«
Feiniel verknotete verlegen seine Finger. »Nicht wirklich spielen, Vater. Dafür bin ich zu alt. Ich höre ihnen zu. Sie erzählen schöne Geschichten, aus denen ich Gedichte mache. Ich gab dir mehrere davon, aber vermutlich hattest du keine Zeit, um sie zu lesen.«
Vater würde seine Gedichte nie lesen, das wusste Feiniel, aber er verlor die Hoffnung nicht. Feiniels Lehrer Toliréen war sicher, dass sein Schüler einst ein großer Dichter sein würde. Er besprach Feiniels Texte im Kreise der Schüler und lobte sie.
»Überzeugt meinen Vater«, sagte Feiniel zu Toliréen. »Er mag es nicht, wenn ich schreibe. Er glaubt, es verweichliche mich.«
Sein Lehrer ein Elf, der länger als sechshundert Jahre hinter sich hatte, lächelte still. »Erobere dir dein Terrain, wenn du es begehrst. Lerne früh, für deine Wünsche und Ziele einzutreten. Wenn ich es für dich regele, wirst du es mir irgendwann übel nehmen. Lasse deinen Vater lesen, was du schreibst. Er ist ein kluger Elfenlord. Er wird begreifen.«
Erobere dir dein Terrain!
Anstatt mit seinem Sohn über dessen Gedichte zu reden, fauchte der Elfenlord: »Und es gibt schwarze Feinde im Trolld!«
»Der Überfall geschah weit vor meiner Geburt!«
»Was ist Zeit, Feiniel? Wie oft muss ich dir das erklären? Dreißig Zyklen sind wie ein Flügelschlag, wenn man tausend Zyklen leben wird.«
Vater strich mit seinen langen Fingern über die Einkerbungen, über die Mechaniken und Reliefe. »Hast du versucht, den Kasten zu öffnen?«
»Ja.«
»Ist es dir gelungen?«
»Nein. Das Rätsel ist sehr anspruchsvoll. Ich glaube, dafür benötigen wir einen unserer Weisen.«
»Ich behalte den Kasten.«
»Gibst du ihn den Weisen? Sorgst du dafür, dass man ihn öffnet?«
Vater musterte ihn. Sein schmales Gesicht war starr wie eine Maske. »Du hast meine Anweisungen nicht befolgt.«
Feiniels Mutter, Loralin Ranéwén, sagte: »Er ist doch nur ein Junge.«
Bisher hatte Feiniel seine Mutter gar nicht wahrgenommen, es war also wie gewohnt. Sie erbleichte im Schatten des Elfenlords und Herrschers über Haus Ranéwén und Tal Solituúde.
Vater erhob sich. Seine schlanke Gestalt ragte stolz und hoch über Feiniel auf, ein Mann, der über sieben Fuß maß. »Wenn es dich wirklich rief, bist du verdammt, mein Sohn!«
Feiniel wusste nicht, was ihm geschah. Das war doch nur ein Holzkasten, ein Geheimnis. Nichts Schlimmes.
»Was hat es damit auf sich?«, wollte der junge Elf wissen.
»Das musst du nicht wissen!«, kam die schroffe Antwort. Er drehte sich um, ging weg und ließ seine Frau stehen. Feiniel blickte sie an, doch sie schlug die Augen nieder.
Vater behielt den Kasten bei sich und ab sofort mied man Feiniel, als habe er Aussatz. Er schlich durch das Haus, durch die Straßen, durch die Tempelanlagen und die Opferstätten und wurde behandelt wie ein Schatten. Sein Fund hatte sich herumgesprochen und Feiniel war anscheinend der Einzige, der nicht wusste, was es mit dem Kasten auf sich hatte.
Es kam nicht oft vor, dass er etwas nicht wusste, aber hier hatten seine Lehrmeister versagt, oder versagen wollen ?
Im Schatten von drei Eichen erklärte es ihm seine ältere Schwester Gwenael.
»Dieses Artefakt, Bruder, ist von den Wächtern.«
»Wer sind die Wächter?«
»Sie sind die Herren von Unterwelt.«
»Und wie kommt der Kasten in unsere Heimat?«
»Das wissen wir nicht. Es kann Jahrhunderte her sein, dass sie ihn bei uns zurückließen, vielleicht, als sie die verhängnisvollen Kreuzungen zwischen uns, den Orks und den Zwergen schufen, vielleicht war es vor einem Mond. Niemand weiß es und deshalb fürchten sich alle. Du sagtest Vater, es habe dich gerufen ...«
»Ja ...«, sagte Feiniel begeistert. »Ich habe davon geträumt. Es war wie ein Magnet. Es zog mich an und ich hörte das Wispern von Stimmen, die mir Gutes verhießen. Ich versuchte, den Kasten zu öffnen, was aber nicht gelang. Vielmehr gab es in meinen Ohren ein Jaulen und Heulen, desto mehr ich es ausprobierte.«
Wich seine Schwester vor ihm zurück? Weiteten sich ihre Augen?
Gwenael sagte: »Dieses Artefakt gehört nicht zu uns. Es ist ein Gegenstand des Bösen. Es gehört nach Unterwelt, dorthin, wo es herkommt.«
»Dann soll Vater ein paar Soldaten beauftragen, die es zurückbringen.«
Gwenael lachte leise und strich ihm über die Haare. »Kleiner Bruder – so einfach geht das nicht. Niemand fand bisher den Weg nach
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